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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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„Was ist der Unterschied zwischen Rosenkreuzern und Fre<strong>im</strong>aurern?“<br />

„Das ist eine komplizierte Sache! Die beiden hängen zusammen, sind ineinander<br />

verzahnt und sind doch nicht das gleiche! Die Fre<strong>im</strong>aurer sind wesentlich älter,<br />

Rosenkreuzer gibt es ab dem Jahr 1600. Die Rosenkreuzer waren in Württemberg,<br />

also dort, wo der Schrank gefunden wurde, sehr aktiv. Ob es darüber Unterlagen gibt,<br />

möchte ich bezweifeln, die Logen waren angehalten, keine Unterlagen zu führen. Bei<br />

den Rosenkreuzern war es übrigens auch üblich, falls eine Loge aufgelöst wurde, den<br />

Tabernakel zu bestatten.“<br />

Ich suchte <strong>im</strong> Februar 2010 Kontakt mit Rosenkreuzern aufzunehmen, sie gaben sich<br />

<strong>des</strong>interessiert.<br />

Ich fragte be<strong>im</strong> Orden der Fre<strong>im</strong>aurer in Berlin an. Es besuchte mich ein freundlicher<br />

älterer Herr. Mit Argusaugen studierte er die Schrankabbildungen und die Planskizze.<br />

„Fre<strong>im</strong>aurer, ganz klar!“<br />

Ich schilderte die Bedeutung <strong>des</strong> Schranks innerhalb der <strong>Faust</strong>forschung, ich stellte<br />

Fragen.<br />

„Schauen Sie“ sagte er, „Sie stellen fest, Knittlingen ist relativ klein. Sie folgern, dort<br />

kann es keine Loge gegeben haben. Das ist ein Trugschluss. Der Hauptsitz der<br />

Fre<strong>im</strong>aurer, die Loge Null, ist in Kilwinning, in Ayershires, in Schottland. Wissen Sie wie<br />

winzig Kilwinning ist? Sehen Sie! Sie suchen nach Zeichen, nach Charakteristischem,<br />

weil Sie den Schrank definitiv zuordnen wollen. So einfach ist das nicht! Die Symbole<br />

sind uralt. Sie reichen zurück zu den Tempelrittern, zurück zum Bau <strong>des</strong> Tempels von<br />

Jerusalem und noch weiter zurück. Die Zeichen haben nicht nur Umdeutungen<br />

erfahren, sie wurden auch von vielen anderen Leuten wie Agrippa oder Reuchlin<br />

verwendet. Teilweise sind die Zeichen heute noch in Gebrauch, zum Teil werden sie<br />

aus sent<strong>im</strong>entalen Gründen, <strong>im</strong> Bewusstsein der Geschichte, weiter <strong>im</strong> Gepäck mit<br />

getragen. Sie selbst sind kein Fre<strong>im</strong>aurer. So Sie denn einer wären und würden die<br />

Fotos sehen, dann erginge es Ihnen, wie es mir gerade gegangen ist. Alles, aber rein<br />

alles, was ich hier auf den Fotos sehe, das spricht zu mir, das ist die Welt der<br />

Fre<strong>im</strong>auerer. Was Sie einen Davidstern nennen, das sind für uns zwei ineinander<br />

geschobene Dreiecke, die Zeichen für Aktion und Reaktion; ganz wichtig für uns. Wenn<br />

sie mir erzählen, der Schrank ist aus Nussbaumholz gefertigt, dann weiß ich, was das<br />

bedeutet. Der Nussbaum ist für uns das Lebenssymbol … Der Schrank in seiner Form,<br />

die Proportionen, die Aufteilung der Fächer, insbesondere das doppelt geteilte Fach in<br />

der abwärts gerichteten Spitze, wo wir sagen, sie zeigt nach Westen, das alles spricht<br />

zu mir …“<br />

Damit ist der Schrank zugeordnet!<br />

Dass der Schrank bis heute <strong>im</strong> Jahr 2010 von den Fre<strong>im</strong>aurern nicht wahrgenommen<br />

wurde, ist dabei nicht weniger staunenswert, als dass die <strong>Faust</strong>forschung offenbar nie<br />

die Fre<strong>im</strong>aurer darauf angesprochen hat.<br />

Dass der Schrank derart lange falsch zugeordnet wurde, hat auch sein Gutes.<br />

Reinhard Heydrich, der Mann hinter Heinrich H<strong>im</strong>mler, unterhielt in seinem<br />

Hauptquartier in der Berliner Prinz-Albrecht-Straße ein privates „Fre<strong>im</strong>aurer-Museum“.<br />

Gewiss hätte er das staatsfeindliche Möbel sofort erbeutet und seinem Museum<br />

einverleibt; der vormalige „Zauberschrank <strong>des</strong> Dr. <strong>Faust</strong>us“ hätte „Berlin 1945“ nicht<br />

überlebt.<br />

Nun mag einigen Leserinnen und Lesern die Zuordnung nicht fundiert erscheinen; die<br />

Form <strong>des</strong> Schranks, seine Symbole, das alles wurzele nicht nur tief in der Geschichte,<br />

es wurde schließlich – und wird noch <strong>im</strong>mer – von vielen Geistesrichtungen und<br />

Zeitströmungen verwendet.<br />

Es ist wohl an der Zeit, dass er ans Ufer gerudert und einer Altersbest<strong>im</strong>mung unterworfen<br />

wird. Das mag dem Besitzer <strong>des</strong> Schranks nicht behagen. Vermutlich wird es<br />

auch einigen <strong>Faust</strong>-Fans nicht gefallen. Widerstand wird auch von jenen <strong>Faust</strong>forschern<br />

kommen, die den „Giftschrank“ als Indiz für „<strong>Faust</strong> in Knittlingen“ <strong>im</strong> Portfolio<br />

führen. Andererseits braucht es der interessierten Öffentlichkeit nicht zu gefallen, wenn<br />

sie angesichts heutiger technischer Möglichkeiten noch <strong>im</strong>mer mit druckfrischen<br />

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