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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Flügeltüren allerdings geschlossen, denn, so Frau Hamberger in ihrem Schreiben vom<br />

24. Mai 2011: „Eine Innenansicht vom „Alchemistenschrank“ … auch völlig unsinnig ist,<br />

wichtig ist die Symbolform <strong>des</strong> Schrankes von außen!“<br />

Immerhin, aus einem „Zauberschrank“ ist nun ein „Alchemistenschrank“ geworden, ein<br />

Achtungserfolg; in der <strong>Faust</strong>-Forschung musste schon <strong>im</strong>mer jeder Zent<strong>im</strong>eter zäh<br />

erkämpft werden. Ansonsten bleibt man am Thema: <strong>Faust</strong> – und <strong>Faust</strong>, Wahrheit – und<br />

Wahrheit, Türen auf – Türen zu. Wer hinter all dem Kleingeisterei vermutet und<br />

wissenschaftlichen Umgang einfordert, übersieht, dass nur so alle Welt, wenn auch von<br />

den Geistern der Arepo-Formel misstrauisch beargwöhnt, sich am Anblick dieses<br />

wunderschönen, einzigartigen Tabernakels erfreuen kann.<br />

Katholisch oder Lutherisch<br />

War <strong>Faust</strong> dem Katholizismus zugeneigt, Lutheranern hingegen feindlich gesonnen?<br />

Die Frage, <strong>im</strong> Zusammenhang mit einem Teufelsbündner gestellt, klingt grundsätzlich<br />

nicht uninteressant, wenngleich sie nur rhetorischer Art zu sein scheint.<br />

Allgemein gilt die Auffassung, <strong>Faust</strong> blieb letztlich <strong>im</strong>mer dem Katholizismus verhaftet.<br />

Nicht allein, weil sein Leben auf katholischem Gebiet endete, es wird auf seine<br />

fruchtbare Bekanntschaft mit dem Fürstbischof Georg III. von Bamberg verwiesen, auf<br />

seine Freundschaft mit dem treuen Katholiken und kirchlichem Diplomaten Stibar,<br />

sodann auf die Textstelle in Martin Luthers Tischgespräche: „wolt er mich vorterbet<br />

haben.“ Eine klare Aussage, <strong>Faust</strong> wünschte Luther alles denkbare, nur nichts gutes.<br />

Sodann die Quellentexte. Zeigen sie nicht <strong>Faust</strong> der Tradition, also letztlich der Kirche<br />

verhaftet? Frische oder gar revolutionäre Ideen jener Epoche sind bei ihm jedenfalls<br />

nicht auszumachen.<br />

Wo andere sich vom Geist der Zeit fort reißen lassen, <strong>Faust</strong> ist offenbar für den<br />

Zeitgeist nicht zu haben. Dem Figurenschnitzer Tilman Riemenschneider werden zur<br />

Strafe für seine Teilnahme am Bauernkrieg die Finger gebrochen, Paracelsus muss<br />

wegen seiner Unterstützung der Bauern vor dem Salzburger Erzbischof fliehen. Dass<br />

jedoch <strong>Faust</strong> sich für die religiösen und sozialen Fragen seiner Zeit interessierte, nicht<br />

einmal in den Indizien findet sich darauf ein Hinweis. Auch die ganz und gar<br />

ungefährlichen, elfenbeinernen Gedanken über den „neuen gebildeten Menschen“, wie<br />

sie von den Humanisten gepflegt werden, kümmern ihn scheinbar nur in sofern, als<br />

dass er sie zu seinem Popanz macht.<br />

Ein treuer Sohn der Kirche ist <strong>Faust</strong> allerdings auch nicht.<br />

Was <strong>Faust</strong>, wie <strong>im</strong> Trithemius-Brief beschrieben, von sich gibt, das ist gewiss nicht<br />

innerhalb der Grenzen, wie sie einem Christen gezogen sind. Und <strong>Faust</strong> weiß<br />

selbstredend, was er sich mit seinen Sprüchen erdreistet.<br />

„Als er von meiner Anwesenheit hörte, floh er“ berichtet der Abt.<br />

Betrachtet man den Trithemius-Brief auf <strong>Faust</strong>s Glaubensinhalte, so findet sich ein<br />

einziger Hinweis auf das Neue Testament: „dass die Wunder unseres Erlösers Christi<br />

nicht anstaunenswert seien.“<br />

Ein großer Abschnitt seiner Prahlereien sind der Antike und dem Alten Testament zu<br />

zurechnen; in jener Zeit allerdings durchaus aktuell, bilden sie <strong>im</strong> Zuge seiner Selbstvermarktung<br />

die gleichsam seriösen Markenartikel seines Sort<strong>im</strong>ents.<br />

Der gewaltigste Teil seiner Selbstreklame, gleich zu Beginn <strong>des</strong> Trithemius-Briefes, ist<br />

jedoch ein dunkles Gebräu magischer Künste; römisch-, etruskisch-, ägyptisch-,<br />

babylonischen Ursprungs.<br />

„Magister Georg Sabellicus, <strong>Faust</strong> der Jüngere, Quellbrunn der Nekromanten, Zweiter<br />

der Magie, Aeromant, Pyromant, Zweiter in der Hydromantie.“<br />

Noch dreißig Jahre später beklagt Camerarius <strong>Faust</strong>s „nichtigsten Aberglauben“.<br />

Die Behauptung, zwei Versuche, <strong>Faust</strong> festzunehmen, hätten sich auf protestantischem<br />

Boden ereignet, die verächtliche Geleitverweigerung <strong>des</strong> protestantischen<br />

Nürnberg, gelten ebenfalls als Hinweise, dass Lutheraner <strong>Faust</strong> feindlich gesonnen<br />

waren, <strong>Faust</strong> folglich dem Katholizismus zugetan gewesen sein müsse.<br />

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