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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Im nachfolgenden Jahrhundert fertigte Rembrandt eine allegorische <strong>Faust</strong>-Radierung.<br />

Er malte aber auch ein <strong>Faust</strong>-Portrait; man n<strong>im</strong>mt an, dass Rembrandt nach einer<br />

Skizze malte. Jemand hatte <strong>Faust</strong>, vermutlich ohne <strong>des</strong>sen Wissen, skizziert; eventuell<br />

als er vornüber geneigt an einem Tisch oder auf einer Ofenbank saß. Dementsprechend<br />

gibt Rembrandts Gemälde nicht viel her, das Konterfei konzentriert sich auf<br />

das Haupthaar und die Stirnpartie; man hat den Eindruck, dass es sich dabei um einen<br />

eher kleinen, schmalschultrigen Mann von etwa 40 Jahren handelt.<br />

Fast unnötig hinzu zu fügen, dass die Skizze auch außerhalb Hollands gefertigt worden<br />

sein kann.<br />

Um die Liste der Möglichkeiten abzurunden, es ist nicht ausgeschlossen, dass <strong>Faust</strong>,<br />

als Arzt <strong>im</strong> Gefolge kaiserlicher Truppen, auch längere Zeit <strong>im</strong> Ausland war.<br />

Die Datumsangaben der Quellentexte, <strong>Faust</strong>s gesicherte Reisedaten, zeigen nahezu<br />

nur wärmere Monate.<br />

Im Winter war das Reisen teuer, man brauchte Nacht um Nacht ein Quartier, das Bett<br />

<strong>im</strong> Kornfeld lag unter einer Schneedecke. Die Märkte waren dagegen nur mäßig<br />

besucht, und die wenigen Bauern, die noch zur Stadt hinein fanden, sie hatten wohl<br />

wenig Lust auf ein Spektakel <strong>im</strong> Wirtshaus, es lagen beschwerliche He<strong>im</strong>wege vor<br />

ihnen. Im Winter zu reisen, bedeutete hohe Kosten, geringe Einnahmen, und<br />

vergnüglich war es auch nicht. Ein Kutschbock, eine Kutschbank ist <strong>im</strong> Winter ein<br />

kaltwindiger Platz, da hilft keine um den Leib geschlagene Pferdedecke, und bei<br />

Radbruch <strong>im</strong> Eiswasser herum zu patschen ist auch nicht spaßig.<br />

Überraschungen besonderer Art hielt das Reisen <strong>im</strong> winterlichen Hinterland bereit.<br />

In der „Z<strong>im</strong>merischen Chronik“ wird berichtet: „Den münchen zu Lüxha<strong>im</strong> <strong>im</strong> Wassichin<br />

hat er ain gespenst in das closter verbannet… Allain der Vrsach, das sie Ine einsmals<br />

nit haben wellen vbernacht behalten.“ (Lüxha<strong>im</strong> am Mosel-Ursprung; heute: Luxeuil)<br />

Die Verweigerung eines Nachtquartiers <strong>im</strong> Sommer bedeutete für den Fall, dass es<br />

regnete, eine Unbequemlichkeit. Im Spätlicht eines Wintertages in einem Weiler zu<br />

landen, in welchen Wochen zuvor arbeitslose Söldner ihren Spott getrieben hatten,<br />

bedeutete, dass es nicht einmal ein Bett <strong>im</strong> Heuschober gab.<br />

„Wieder so ein Fresser! Ein Lurer! Ein Ausspionierer von dem Gesindel!“ Dann ließen<br />

sie die Hunde raus.<br />

Schier unmöglich war das Fortkommen <strong>im</strong> Frühjahr. Nach Reiseberichten jener Zeit<br />

waren die Straßen ein aufgeweichter Brei, man sank bis zu den Waden ein, Fuhrwerke<br />

kippten <strong>im</strong> grundlosen Boden, die unausgesetzte Nässe ließ bei den Pferden die<br />

Huffäule grassieren. Dann die Situation in den Herbergen: kaum dass es Waschgelegenheiten<br />

gab, es stank nach nasser Kleidung, nach Straßenkot, die Räume waren<br />

oft ungeheizt.<br />

So gesehen passt die Geschichte vom Bocke Madel, <strong>Faust</strong> hat sich wohl die Winter<br />

hindurch meistens in Knittlingen aufgehalten; erzwungene Ruhepausen, die er wahrscheinlich<br />

zur Herstellung von Arzne<strong>im</strong>itteln nutzte.<br />

Doch ob er nun als Astrologe auf Reisen ging oder sich Materialen besorgen wollte, der<br />

Standort Knittlingen mit seiner Anbindung an die Postlinie war in jedem Fall hilfreich.<br />

Die Quellentexte und deren Aussagen, die großen Zeitspannen ohne Nachrichten über<br />

<strong>Faust</strong>, das alles lässt es nicht zu, eine Art von Bewegungsraster für <strong>Faust</strong> zu erstellen.<br />

Noch lässt sich rekonstruieren, wie <strong>Faust</strong> ein Leben als angesehener Astrologe mit<br />

dem Leben <strong>des</strong> Betrügers <strong>Faust</strong> verbunden hat, beziehungsweise es schaffte, dass die<br />

zwei Leben nicht miteinander kollidierten und ihn am Ende brotlos machten.<br />

Abgesehen von möglichen Haftstrafen und Auslandsaufenthalten, ein Mensch ändert<br />

nicht nur seine Neigungen und Bedürfnisse, es brechen Beziehungen weg, auch<br />

ziehen Nachrichten oder finanzielle Engpässe unerwartete Reisebewegungen nach<br />

sich.<br />

Nicht zuletzt rühmte sich <strong>Faust</strong>, dass „er in der Alchemie von allen, die je gewesen, der<br />

Vollkommenste sei.“ In Knittlingen selbst hat er sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht<br />

als Alchemist betätigt, es mangelte schlicht an Platz.<br />

Denn wie beengt es in den Städten zuging, zeigt sich am Beispiel der Krämerbrücke in<br />

Erfurt, 1486 wurden auf der Brücke 64 Fachwerkbauten gezählt. Und vom Haus <strong>des</strong><br />

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