12.01.2013 Aufrufe

Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

einen „Clown“. Auch setzten die skizzierten Persönlichkeitsmerkmale voraus, dass uns<br />

<strong>Faust</strong> in seinem Charakter greifbar wäre.<br />

Den einzigen Hinweis auf <strong>Faust</strong>s Wesensart liefert der Manlius-Text. „…den tag vor<br />

seinem letzten ende / in einem Dorff in Wirtenberger landt gantz trawrig gesessen. Der<br />

Wirt fragt jn / Wie es keme / das er doch sonsten nicht pflegte.“<br />

<strong>Faust</strong> war offenbar zuvorderst ein gutgelaunter und vergnügter Mensch gewesen.<br />

Mehr lässt sich aus den Quellentexten und Indizien nicht herauslesen. Von den wilden<br />

Sprüchen <strong>des</strong> Selbstverkäufers auf <strong>des</strong>sen Charakter zu schließen, es verbietet sich.<br />

Auch wird behauptet, <strong>Faust</strong> hätte einen Buckel gehabt, er sei ein verwachsener<br />

Mensch gewesen; das dem so gewesen sei, dafür gibt es keinen Hinweis. Auch hätte<br />

es niemand einer Notiz für wert befunden; schief verwachsene Knochenbrüche, Narben<br />

von bösartigem Aussehen und dergleichen mehr, waren damals nicht ungewöhnlich.<br />

Das Knittlinger Wappen zeigt den Maulbronner Abtstab sowie zwei gekreuzte Knüttel,<br />

lateinisch: „fusti“. Könnte es sein, fragten <strong>Faust</strong>forscher, dass der „Georg Sabellicus“ <strong>im</strong><br />

Trithemius-Brief auf einen Georg Zabel verweist (lat-, Sand), der seinen Namen um<br />

einen Knüttel, einen „faustus“ erweiterte. Eine Annahme, die ins Leere geht; das<br />

Knittlinger Wappen zeigt um 1450 keine gekreuzten Prügel, sondern etwas „Floreales“.<br />

Eventuell handelte es sich um zwei langstielige Wasserlilien – eine Bezugnahme auf<br />

den Knittlinger See, das Rote Meer, oder um zwei Stengel Mä<strong>des</strong>üß aus <strong>des</strong>sen<br />

Uferbereich. Um 1700 zeigten die Stadtsiegel dann gekreuzte Ruder bzw. Schilfkolben.<br />

Der See wurde <strong>im</strong> letzten Jahrhundert zugeschüttet und mit ihm vielleicht auch die<br />

Antwort auf die Frage, was das Wappen ursprünglich darstellte.<br />

Könnte es sein, fragten andere, dass „<strong>Faust</strong>us“ ein frei gewählter Beiname ist; „faustus“<br />

bedeutet auf Lateinisch „der Glückliche“.<br />

Oder hieß er wirklich nur „<strong>Faust</strong>“, ein Name der gemäß der unter den Gebildeten<br />

gepflegten Latinisierung ihrer Familiennamen zu „<strong>Faust</strong>us“ wurde?<br />

Man lasse es der Einfachheit halber bei „<strong>Faust</strong>“. Aus einem derb-deutschen „<strong>Faust</strong>“<br />

wurde ohne großen Aufwand ein „<strong>Faust</strong>us“, gutmöglich auch ein „glücklicher“.<br />

Dass Knittlingen <strong>Faust</strong>s He<strong>im</strong>atort ist, es braucht nicht angezweifelt werden, <strong>Faust</strong>s<br />

Abstammung liegt jedoch <strong>im</strong> Dunkel. Aus welchen Verhältnissen er hingegen kam, der<br />

Melanchthon-Schüler Augustin Lerche<strong>im</strong>er notierte <strong>im</strong> Jahr 1597 in seinem „Christlich<br />

bedencken vnd erinnerung von Zauberey“: „Hatte weder Hauß noch Hof … war nirgent<br />

dahe<strong>im</strong> …“ War <strong>Faust</strong> also tatsächlich der Bankert einer Knittlinger Magd?<br />

*<br />

Knittlingen verliert die ersten zwei Indizien<br />

Der Weisert-Kaufbrief<br />

Am 3.März 1934 legte Karl Weisert, Lehrer und engagierter He<strong>im</strong>atforscher, dem Knittlinger<br />

Bürgermeister F. Lehner einen soeben aufgefundenen Kaufbrief von 1542 sowie<br />

eine Bleistift-Abschrift <strong>des</strong>selben zur amtlichen Beglaubigung vor. „Wohnbehausung<br />

<strong>des</strong> Frühmessers“ heißt es darin, „vnd Hofraytin samt Keller vnd übrig zugehord, alles<br />

an vnd beyeinand rechter hand vf dem berg neben der Cappel, eynseit <strong>des</strong> Jörgen<br />

Gerlachen seelig behausung, allwo <strong>Faust</strong>en born, auch neben der Wagenhüttin vnd<br />

beym kleinen gestaffelten Wandelgäßlen … zu einem vffrechten, steten, vesten vnd<br />

ewigen Kaufs verkauft.“<br />

Das Original wurde zwar durch eine Brandbombe vernichtet, doch <strong>im</strong>merhin, die<br />

Abschrift ist beglaubigt, und klipp und klar steht zu lesen: “allwo <strong>Faust</strong>en born“.<br />

<strong>Faust</strong>, ein Knittlinger! Da ist er, der Beweis!<br />

In einer Urkunde jener Zeit müsste jedoch „<strong>Faust</strong>en“ richtigerweise „<strong>Faust</strong>us“ lauten.<br />

Hat sich 1542 der Ratsschreiber verschrieben oder <strong>im</strong> Jahr 1934 der Lehrer Karl<br />

Weisert? Nicht zu vergessen der Bürgermeister, ihn störten weder Weiserts<br />

persönliche Anmerkungen auf der Abschrift, noch die Schmierzetteloptik der Abschrift,<br />

eventuell hat er auch nicht aufmerksam genug abgeglichen. Wer <strong>im</strong>mer da gepatzt<br />

hat, der Schreibfehler „<strong>Faust</strong>en“ verwies die amtlich beglaubigte Abschrift zu den<br />

Indizien.<br />

110

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!