12.01.2013 Aufrufe

Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Brief trägt das Datum 13.8.1536. <strong>Faust</strong>, für die Zeit von 1534 bis 1536 in unmittelbarer<br />

Nähe dieses Kreises anzusiedeln, ist gewiss nicht falsch.<br />

*<br />

S<strong>im</strong>on Magus, „Urfaust“ und „Urketzer“<br />

Zu spassigen, seinerzeit freilich durchaus ernst gemeinten Überlegungen einiger <strong>Faust</strong>forscher,<br />

führte der „junior“ in der von Abt Trithemius notierten Würdenkette: „Georgius<br />

Sabellicus <strong>Faust</strong>us junior“. Heine meinte, dass <strong>Faust</strong> wohl einen älteren Bruder gehabt<br />

habe, ein anderer folgerte daraus, dass bereits <strong>Faust</strong>s Vater sich zauberisch betätigt<br />

habe, während ein August Holder den „junior“ dahingehend interpretierte, <strong>Faust</strong> wollte<br />

zum Ausdruck bringen, dass er einen Prozess der Reifung hinter sich habe, dass er<br />

sich gebessert hätte.<br />

Auf der Suche nach dem gehe<strong>im</strong>nisvollen „<strong>Faust</strong>us senior“ wurden quer durch die<br />

Geschichte verschiedene Personen gehandelt: Johann Fust (1400-1466), Kompagnon<br />

und späterer Prozessgegner Johann Gutenbergs; <strong>Faust</strong>us Socinus, ein polnischer Gelehrter;<br />

die Familie der <strong>Faust</strong>e von Stromberg; Lucius Victor <strong>Faust</strong>us, Herausgeber<br />

einer in Straßburg verlegten Terentius-Edition von 1522; Publius <strong>Faust</strong>us Andrelinus,<br />

ein Freund <strong>des</strong> Erasmus von Rotterdam; nicht zuletzt hatte es in der Spätantike einen<br />

Manichäer namens <strong>Faust</strong> gegeben, gegen den sich der heilige Augustinus mit groben<br />

Worten gewehrt hatte.<br />

Schließlich mehrten sich St<strong>im</strong>men, die darauf hinwiesen <strong>Faust</strong> hätte sich möglicher<br />

Weise von jenem S<strong>im</strong>on Magus zur Zeit <strong>des</strong> Petrus inspirieren lassen. Das unheilige<br />

Wirken <strong>des</strong> Erzzauberers und das heilige Wirken <strong>des</strong> Petrus waren Gegenstand einer<br />

der spätantiken Abenteuergeschichten in „Recognitiones“, „Recognitiones“ war 1503<br />

neu gedruckt worden. Dass <strong>Faust</strong> mit „Recognitiones“ vertraut war, darauf weist der<br />

„Helmitheus“, der Name eines griechischen Halbgotts, mit dem er seine Namenskette<br />

in Erfurt erweiterte. Zuvorderst sollte ihm aber S<strong>im</strong>on Magus durch die europaweit<br />

verbreitete Legendensammlung „Legenda aurea“ bekannt gewesen sein. In einer der<br />

Legenden wird das wilde Treiben jenes S<strong>im</strong>on Magus detailliert als warnen<strong>des</strong><br />

Exempel ausgebreitet. Bis in das späte Mittelalter hinein griffen Prediger <strong>im</strong>mer wieder<br />

gern diese Geschichte auf; S<strong>im</strong>on Magus war <strong>im</strong> Volk ein Begriff. Verfasser der<br />

„Legenda aurea“, war der Dominikaner Jakobus de Voragine, er lebte von 1230 bis<br />

1298, war Professor der Theologie und wirkte zuletzt als Erzbischof von Genua. Die<br />

„Legenda aurea“, eine Sammlung von Heiligenlegenden, war das religiöse Volksbuch<br />

<strong>des</strong> Mittelalters schlechthin. Getragen von Fabulierkunst und Sensationshascherei<br />

suchte es das Vertrauen in die helfenden Heiligen zu festigen; die Fragen der<br />

geschichtlichen Wirklichkeit sowie Orts- und Zeitangaben spielten dabei keine<br />

vorrangige Rolle.<br />

Leserinnen und Leser, die soeben der Gedanke an die „Historia“ durchblitzte, liegen<br />

nicht falsch, die „Legenda aurea“ und die „Historia“ gehören zum fortlaufenden Strang<br />

einer Art Belehrungsliteratur.<br />

S<strong>im</strong>on Magus hatte sich zeitweise „<strong>Faust</strong>us“ genannt, folglich hätte sich <strong>Faust</strong> in<br />

„mythischer Wiederkehr“ nicht nur als „<strong>Faust</strong>us junior“ sondern auch als „zweiter der<br />

Magie“ bezeichnet.<br />

Der reale S<strong>im</strong>on wird zu einer Gemeinde von Gnostikern gehört haben, die alte Riten<br />

mit christlichen Elementen angereichert hatten; sie waren die ersten Abweichler.<br />

Der S<strong>im</strong>on Magus der „Recognitiones“ stammte dagegen aus Samaria, hatte in<br />

Ägypten Magie gelernt, konnte durch Mauern und durch Feuer gehen, sich unsichtbar<br />

machen, auch das Goldmachen, das Beleben von Statuen und das Befragen von Toten<br />

beherrschte er. Seine Anhänger verehrten ihn als Gott, sie errichteten ihm zu Ehren<br />

Standbilder.<br />

In Rom unterrichtete er <strong>Faust</strong>us und <strong>Faust</strong>inus, die Söhne <strong>des</strong> Kaisers Tiberius<br />

Claudius. Schließlich ließ S<strong>im</strong>on Magus sich taufen und suchte von Petrus die Gabe<br />

<strong>des</strong> Heiligen Geistes um Geld zu erwerben.<br />

Mit S<strong>im</strong>onie wird bis heute der Kauf oder Verkauf geistlicher Ämter bezeichnet.<br />

78

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!