12.01.2013 Aufrufe

Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

seiner Macht anzubieten. Andererseits muss sich Franz von Sickingen bewusst<br />

gewesen sein, dass er Landfriedensbruch übte; er selbst war <strong>im</strong> Auftrag <strong>des</strong><br />

Schwäbischen Bun<strong>des</strong> <strong>im</strong> Jahr 1519 gegen den Landfriedensbrecher Herzog Ulrich<br />

vorgegangen. Ebenso muss er gewusst haben, dass die Fürsten bereits <strong>im</strong> Jahr 1504<br />

beschlossen hatten, Einungen von Rittern sowie Bauernbünde als Rebellion zu<br />

behandeln. Gewiss nicht zuletzt sollte ihm als Protestant der ersten Stunde bekannt<br />

gewesen sein, dass er mit seiner wilden Fehde dem hochverehrten Luther reinweg nur<br />

schadete. Über Luthers Anliegen schwebte in jener Zeit ein dreischneidiges Schwert:<br />

Ketzerei, Rebellion sowie Ungehorsam gegenüber dem Kaiser; Vorwürfe, die sowohl<br />

Luther und Melanchthon als auch die Luther zugeneigten Fürsten fortlaufend heftig<br />

bestritten.<br />

Entsprechend entsetzt sind Luther und Melanchthon über die Sickingische Fehde: Sie<br />

lieferte den Beweis, Protestanten sind Rechtsbrecher. Der Gründe, die gegen einen<br />

derartigen Handstreich sprachen, waren also genug. Franz von Sickingen war zudem<br />

kein Hasardeur, er war als Heerführer derart angesehen, dass Kaiser Max<strong>im</strong>ilian die<br />

seinerzeit verhängte Reichsacht vorzeitig aufhob, damit Franz von Sickingen<br />

he<strong>im</strong>kehrte und sich nicht mehr vom französischen König anwerben ließ. Auch hatte<br />

Franz von Sickingen die Sache keineswegs aus dem Ärmel heraus entschieden,<br />

bereits <strong>im</strong> Juni 1521 hatte Ulrich von Hutten an Melanchthon von einem geplanten<br />

Unternehmen zum Heil Deutschlands geschrieben.<br />

Dass Franz von Sickingen allein darauf gebaut hatte, dass ihm die Ritterschaft zur<br />

Seite springt, ist nicht glaubhaft, der Kriegsmann – aber auch Mann von Welt, sollte<br />

sich <strong>des</strong> in vielerei Hinsicht kläglichen Zustands <strong>des</strong> Rittertums bewusst gewesen sein.<br />

Auch müsste er genug Klarsicht besessen haben, zu wissen, dass sein mehrfach<br />

gesetzbrecherisches Unternehmen, so es nicht zum Vabanquespiel geraten und <strong>im</strong><br />

Fiasko enden sollte, eine entschiedene Protektion brauchte. Von daher ist keineswegs<br />

auszuschließen, dass Franz von Sickingen tatsächlich eine Art von kaiserlicher<br />

Zust<strong>im</strong>mung besaß. Kaiser Karl V. strebte nach der Universalmonarchie, er brauchte<br />

Vorgänge, um das Kräfteverhältnis zwischen Kaiser und Fürsten in seinem Sinne<br />

umzugestalten. Eventuell kam es ihm allein darauf an, das Unternehmen ins Laufen zu<br />

bringen, um zu sehen, ob nicht etwa ein protestantischer Fürst oder die<br />

protestantischen Fürsten allesamt sich zum Aufspringen verleiten ließen. Denn die<br />

Unsicherheit über die Zukunft der lutherischen Lehre war derart, bereits <strong>im</strong> Februar<br />

1523 hatte Melanchthon <strong>im</strong> Auftrag seines Fürsten ein erstes Gutachten über das<br />

„Widerstandsrecht christlicher Fürsten gegen den Kaiser“ angefertigt. Doch die<br />

protestantischen Fürsten der ersten Stunde bewiesen Nervenstärke, sie ließen sich<br />

nicht zum Aufspringen verleiten und begaben sich nicht in die Hand <strong>des</strong> Kaisers. Dass<br />

<strong>im</strong> Vorfeld der Sickingischen Fehde gute Kontakte zum Kaiser bestanden, darauf lässt<br />

einmal ein Brief Ulrichs von Hutten vom 20. Jan. 1520 an Melanchthon schließen. Er<br />

schreibt, dass er zunächst Erzherzog Ferdinand, den Bruder <strong>des</strong> Kaisers, für Luther<br />

gewinnen will. Und es gibt ein Kreditgeschäft, das damals für Aufsehen sorgte: 1520<br />

leiht Franz von Sickingen dem Kaiser eine hohe Summe und fordert keine<br />

Sicherheiten.<br />

Dass der Kaiser ihn als Lockvogel benutzte – und dafür spricht nicht wenig, darüber<br />

wird Franz von Sickingen – als er es merkte, zwar weidlich geflucht haben, als<br />

Söldnerführer hat er es gewiss akzeptiert.<br />

Anmerkung meines Historikers: „Söldner bleibt Söldner.“<br />

Erstaunlich rasch, besser gesagt, verdächtig schnell, nahen starke Kräfte dem Trierer<br />

zu helfen; bereits nach sechs Tagen muss die Belagerung abgebrochen werden. Dabei<br />

ist Franz von Sickingen nicht allein vor Trier – das Städtchen St. Wendel hatte er sich<br />

be<strong>im</strong> Anmarsch bereits einverleibt, er und die mit ihm verschworenen Ritter haben<br />

6000 Söldner angeworben. Doch gleichsam wie aus dem Nichts sieht er sich einer<br />

Streitmacht von 20 000 Mann gegenüber. Franz von Sickingen zieht sich auf seine<br />

Festung Nanstein bei Landstuhl zurück. Im Beschuss durch den „Schwäbischen Bund“<br />

wird er schwer verletzt. Von den Siegern umgeben, stirbt er in der zerstörten Burg; es<br />

ist der 7. Mai 1523 – man darf sagen – der To<strong>des</strong>tag <strong>des</strong> Rittertums.<br />

92

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!