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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Der Autor Manlius ist in Franken, in Ansbach, zur Welt gekommen, später wirkte er<br />

dort als Pastor. Es liegt auf der Hand, die Ortsbezeichnung „Kundling“ stammt von<br />

Melanchthon, ihm muss das wilde Gemenge der Schreibweisen für Knittlingen geläufig<br />

gewesen sein.<br />

Selbstredend ist nicht auszuschließen, dass Knittlingen zur Zeit Melanchthons<br />

gelegentlich auch als „Kundling“ gehandelt wurde, was uns nicht überliefert ist; die<br />

Reihe der Urkunden ist lückenhaft.<br />

Und weil nicht alle Urkunden und Nachweise unsere Zeit erreichten, und wegen <strong>des</strong><br />

bereits mehrfach erwähnten Gewusels der Schreibweisen, verbietet es sich, feststellen<br />

zu wollen, wo Melanchthon sich mit diesem „Kundling“ bewaffnet haben könnte.<br />

Nicht zuletzt, Manlius notierte nach Gehör, sprach Melanchthon gar von „Kuntling“?<br />

Doch eben dieser mögliche Hörfehler lenkt das Augenmerk auf das „Kuntlingen“ jener<br />

Urkunde aus dem Jahr 1291. Die Urkunde liegt heute <strong>im</strong> Hauptstaatsarchiv Stuttgart<br />

unter der Signatur A 502 U 936. Der beurkundete Sachverhalt ist nicht unbedingt<br />

ungewöhnlich und doch überrascht er: „Papst Nikolaus IV bestätigt … (am 23. März<br />

1291) dem Kloster die Inkorporation der Kirche in Knittlingen (ecclesia de Kuntlingen).“<br />

Jedem, der sich ein wenig mit Literatur über den historischen <strong>Faust</strong> und das geschichtliche<br />

Umfeld beschäftigt, wird irgendwann zur Kenntnis gebracht, dass das Kloster<br />

Maulbronn sich entschieden gegen die Reformierung wehrte.<br />

Ein Eigentumsanspruch, der durch eine derartige höchstamtliche Bekräftigung<br />

gesichert ist, hat selbstredend ein anderes Gewicht am Verhandlungstisch als wäre er<br />

allein durch eine Besitzurkunde gesichert.<br />

War es neben anderem etwa auch diese päpstliche Bestätigung, die es dem Kloster<br />

ermöglichte, sich derart hartnäckig zu wehren? Wurde <strong>des</strong>halb gar Melanchthon in die<br />

Verhandlungen miteinbezogen? Könnte Melanchthon dieses Dokument also einst in<br />

Händen gehalten und daraus jenes merkwürdige Kuntling bzw. Kundling gezogen<br />

haben?<br />

Heinz Scheible, Herausgeber von „Melanchthons Briefwechsel“, erteilte mir telefonisch<br />

die Auskunft, dass in den Briefen Melanchthons sich kein Hinweis darauf findet,<br />

Melanchthon hätte sich mit der Reformierung Maulbronns befasst.<br />

Peter Rückert vom Staatsarchiv Stuttgart hat sich auf meine Bitte hin die Urkunde<br />

gezogen, es findet sich <strong>im</strong> Erledigungsvermerk kein Hinweis auf Melanchthon.<br />

Die angedachte Spur endet <strong>im</strong> Nichts. Ein Beweis ist nicht mehr zu holen, der Essay<br />

„Kuntling <strong>im</strong> Staatsarchiv“ ist mangels Masse zu schließen. Was freilich nicht angeht,<br />

wahre <strong>Faust</strong>forschung begann schon <strong>im</strong>mer und beginnt noch <strong>im</strong>mer dort, wo es<br />

scheinbar nicht weiter geht.<br />

Leserinnen und Leser können sich dennoch dem nächsten Essay zuwenden, die<br />

nachfolgenden Informationen sind allein gedacht, das Interesse von Kirchen-<br />

Historikern, Urkunden-Spezialisten sowie Vertretern der Melanchthon-Forschung auf<br />

die Frage zu lenken, ob Melanchthon sich einst mit jener Bekräftigungsurkunde<br />

befasst hat.<br />

Das Kloster Maulbronn<br />

Die voraus erwähnte Urkunde ist nicht die einzige, die eine enge Verbindung zwischen<br />

Rom und Maulbronn belegt. War es die schwindende Macht der Kaiser oder suchte<br />

das Kloster etwa das Wohlwollen Roms zu erlangen, da es nach dem Status einer<br />

Fürstabtei strebte, um sich aus der Abhängigkeit weltlicher Schutzherren zu lösen?<br />

Rund hundert Jahre später, nachdem Kaiser Barbarossa das Kloster unter seinen<br />

Schutz gestellt hatte, lässt sich das Kloster seine Besitzungen wiederholt durch Päpste<br />

bestätigen.<br />

Aus „Dorf – Flecken – Stadt / Knittlingen“ von Günther Mahal:<br />

27.6.1245, Papst Innocenz IV. n<strong>im</strong>mt das Kloster in seinen Schutz, er bestätigt <strong>des</strong>sen<br />

Besitzungen und Privilegien.<br />

27.6.1259, Papst Alexander IV. bekräftigt diesen päpstlichen Schutz.<br />

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