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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Der Umbau wird nachhaltig vorangetrieben. 1398 melden Abgesandte der Stadt<br />

München vom herzoglichen Hof in Ingolstadt, Herzog Ludwig habe jetzt Juristen bei<br />

sich, die aus Schwarz Weiß zu machen verstünden.<br />

„Werrlichen ssal ich noch eyne cleyne zeit leben, sso wil ich machen, das du mich<br />

herre heissest!“ sagte um 1450 der thüringische Landgraf zum Grafen von Orlamünde-<br />

We<strong>im</strong>ar, nachdem dieser ihn nach alter Sitte mit „Du“ angeredet hatte.<br />

Neben der Missachtung alter Privilegien, erster Beschneidungen ländlicher Selbstverwaltung<br />

und Eingriffen in die Rechte der Stadtreg<strong>im</strong>enter werden auch die Steuern<br />

erhöht.<br />

Man halte dabei die Zeit um 1420 <strong>im</strong> Auge; es laufen erste Bauernunruhen durch die<br />

Landschaften, Städte beginnen die jüdischen Gemeinden aus ihren Mauern zu<br />

weisen, erstmalig sind regionale Hexenverfolgungen belegt.<br />

Mit dem „Wiener Konkordat“ von 1448 setzt sich das Erstarken der Lan<strong>des</strong>fürsten fort.<br />

Dieses Konkordat erlaubte das Einzelkonkordat; anstatt mit dem Kaiser, stellvertretend<br />

für das Reich, traf damit Rom als erste auswärtige Macht in kirchlichen Angelegenheiten<br />

fortan eigene Vereinbarungen mit den einzelnen Lan<strong>des</strong>fürsten.<br />

Damit trug Rom nicht allein den veränderten Machtverhältnissen Rechnung, die Kirche<br />

selbst war in Schwierigkeiten, auch musste sie den Zustrom von Kapital sicherstellen.<br />

Zuvorderst in Frankreich, aber auch in England und in zunehmenden Maße in<br />

Spanien, die Vertreter <strong>des</strong> Königs reden nicht nur verstärkt nur bei der Besetzung<br />

hoher kirchlicher Stellen mit, die Kirche selbst wird zunehmend besteuert, Devisenkontrollen<br />

sorgen dafür, dass nur wenig Geld nach Rom fließt und die kirchlichen<br />

Einnahmen <strong>im</strong> Lande verbleiben.<br />

Folglich richtet der Vatikan sein Auge verstärkt auf Italien und Deutschland.<br />

Ämterkauf, Pfründe, Sinekuren, Ablasshandel, so hässlich diese Geldgeschäfte auch<br />

sind, Rom braucht das Geld. Freilich auch, um <strong>im</strong> weiteren Verlauf jener Jahrzehnte<br />

nicht allein seine eigenen Territorialinteressen in Italien gegen die angestammten<br />

Ansprüchen der deutschen Kaiser zu verfolgen, sondern auch um als wachsende<br />

Territorialmacht gegen Christen in Italien Krieg zu führen, was die Erbitterung der<br />

Gläubigen in Deutschland in den Jahrzehnten vor Luther zusätzlich steigern wird.<br />

Daneben ist dem Vatikan auch an einem guten Einvernehmen mit den deutschen<br />

Kurfürsten gelegen. Irgendwann standen wieder Kaiserwahlen an, und wie deutlich der<br />

Vatikan über die Kurfürsten dabei Einfluss zu nehmen suchte, zeigen später die<br />

geradezu beispielhaften Vorgänge um die Nachfolge Kaiser Max<strong>im</strong>ilians.<br />

Hinzu kommt die Reformbedürftigkeit der Kirche. Die Kirche ist eine Adelskirche, ihre<br />

Repräsentanten kommen aus der privilegierten Oberschicht, sie leisten wenig,<br />

bedienen sich jedoch ungeniert an Steuern, Abgaben, Pfründen, Sinekuren und Titeln.<br />

Die kirchliche Unterschicht – vereinfacht gesagt – sind unterbezahlte Scholaren, die<br />

nicht einmal eine Messe richtig zu lesen verstehen.<br />

Das mittlere Management aber fehlt weitgehend, Priesterseminare in heutigem Sinn<br />

werden erst um 1550 entstehen.<br />

Zuvorderst durch ihren ungenierten Lebensstil, die Würdenträger der Kirche, der<br />

Papst, sie stehen <strong>des</strong>halb nicht nur seit langem in der Kritik, sie sind zum Spott der<br />

Straße geworden. Gleichzeitig ist der Glaube den Menschen wichtig, sie leiden an den<br />

Zuständen der Kirche.<br />

Viele unter den geistlichen Würdenträgern nehmen durchaus wahr, dass<br />

Entscheiden<strong>des</strong> geschehen müsste, doch wie, wenn es be<strong>im</strong> ersten Schritt bereits an<br />

das eigene Vermögen, an die eigenen Vorrechte geht. Auch geht es um tausende<br />

gültiger Urkunden und rechtskräftiger Titel, mit welchen Würden und Ämter<br />

abgesichert sind. Reform an Haupt und Gliedern ist dringend angesagt – man beginnt<br />

zaghaft.<br />

Freie Städte und Fürsten – geistliche wie weltliche, sind be<strong>im</strong> Aufbau der von Juristen<br />

geführten Verwaltungen einigermaßen fortgeschritten, deren Personal, Organisation<br />

und Kenntnisse werden nun für die Umsetzung der ersten Reformen gebraucht.<br />

Die Früchte, die den Lan<strong>des</strong>herren be<strong>im</strong> „Wiener Konkordat“ zufallen, sind erheblich.<br />

Mit den Einzelkonkordaten werden die Territorialfürsten zu Teilhabern an den<br />

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