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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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noch nicht festgestellt war, <strong>Faust</strong> also noch vor Inhaftierung und Anklage entwichen<br />

war.<br />

Trithemius gibt damit kund, <strong>Faust</strong> hat sich durch Flucht selbst das Urteil gesprochen.<br />

In der damaligen Rechtspflege wurde Flucht, selbst wenn der Verdächtigte sich <strong>im</strong><br />

Nachhinein eines anderen besonnen und sich gestellt hatte, <strong>im</strong>mer als Schuldeingeständnis<br />

betrachtet. Es wurde ihm unterstellt, er hätte Komplizen gewarnt,<br />

Beweise vernichtet, Diebesgut weg geschafft, Entlastungszeugen gedungen.<br />

Sodann fällt Trithemius sein Urteil, welche Art der Bestrafung er für richtig hält und was<br />

der Zweck der Strafe sei. „Ein Landstreicher, leerer Schwätzer und betrügerischer<br />

Strolch, würdig ausgepeitscht zu werden, damit er nicht ferner mehr öffentlich<br />

verabscheuungswürdige und der heiligen Kirche feindliche Dinge zu lehren wage.“<br />

Das Strafmaß ist korrekt, in jener Zeit wurden Angehörige der unteren Volkschichten<br />

für derart freche Reden mit Auspeitschung bestraft.<br />

Ansonsten muss Trithemius aber Galle in die Feder gelaufen sein, denn der „heiligen<br />

Kirche feindliche Dinge zu lehren“, selbstredend ohne Erlaubnis, das ist die<br />

ursprüngliche Definition für Ketzerei. Trithemius tut <strong>Faust</strong> eine gewaltige „Ehre“ an, wo<br />

es sich doch lediglich um einen „leeren Schwätzer“ handelt.<br />

Man könnte geneigt sein anzunehmen, Trithemius wollte aus dem rollenden<br />

Reisewagen heraus, gleichsam nebenbei, auch mal einen kleinen <strong>Faust</strong> erlegen.<br />

Diese Annahme greift zu kurz.<br />

Trithemius sammelt bereits seit geraumer Zeit Informationen über <strong>Faust</strong>.<br />

Er hat <strong>Faust</strong>s Berufsbezeichnungen, <strong>des</strong>sen phantastische Titel, gesammelt; es sind<br />

ihrer nicht wenige und Trithemius sagt nicht, woher er sie alle kennt.<br />

Er ist über die Ereignisse in Kreuznach informiert, auch über das gute Verhältnis<br />

zwischen <strong>Faust</strong> und Franz von Sickingen, ob er selbst in Kreuznach weilte, wird nicht<br />

deutlich.<br />

Doch auch selbst wo er nicht ist, hat er Augen und Ohren: „Als ich mich später in<br />

Speier befand, kam er nach Würzburg.“<br />

Allein die Kirche besaß ein Flächen decken<strong>des</strong> Netz, Informationen aufzusaugen, sie<br />

zusammenzuführen und auszuwerten. Nicht allein über die Kirchen und Klöster, der<br />

Autor Emil. B. König nennt als Zuträger in jener Zeit, die Wandermönche <strong>des</strong><br />

Franziskanerordens, diese zählten zum fahrenden Volk.<br />

Am interessantesten ist dann jener Satz: “Wir erinnern uns auch, dass er uns durch<br />

einen Bürger die schriftliche Aufzeichnung seiner Torheit, welche er dir gab,<br />

überschickte.“<br />

Man kann Trithemius nicht vorwerfen, dass er sich nicht zu artikulieren wüsste, <strong>im</strong><br />

Gegenteil. Trithemius formuliert geradlinig und entschlossen, gera<strong>des</strong>o wie in seinem<br />

Brief aus Brabant.<br />

Doch dieser Satz ist derart verschwurbelt, man muss ihn dre<strong>im</strong>al lesen und weiß<br />

gleichsam noch <strong>im</strong>mer nicht, um was es geht. Der Satz ist ein bewusst platzierter<br />

Fremdkörper. Trithemius, der erfahrene Schreiber und Autor, hebt damit die Bedeutung<br />

<strong>des</strong> Satzes hervor.<br />

Will er seinem Brieffreund zu verstehen geben, er solle sich ein gewisses Schriftstück<br />

ganz besonders vergegenwärtigen? Offenkundig geht es um ein Schriftstück aus<br />

<strong>Faust</strong>s Feder. Das ist nicht die einzige Frage, die sich hier stellt.<br />

Warum wechselt Trithemius vom durchgehenden freundschaftlichen „Du“ <strong>des</strong> Briefes in<br />

diesem Satz zum „Wir“?<br />

Sodann schreibt Trithemius von „Uns“! Wer ist „Uns“? Arbeiten sie etwa zusammen?<br />

Wie nahe stehen sich Trithemius und Virdung? Sind sie Freunde? Welche Interessen<br />

verbinden sie? Die Kirche ist kein Freund der Astrologie; dass viele Geistliche sich<br />

dennoch mit Astrologie befassten, ist einer der Widersprüche jener Zeit.<br />

Was heißt zudem: „uns…überschickte.“ War „die schriftliche Aufzeichnung seiner<br />

Torheit“ denn sowohl an Virdung wie auch an Trithemius gerichtet? Doch warum<br />

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