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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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verfehlt. Gutmöglich gab der Prior von Anfang an <strong>Faust</strong> zu verstehen: “Mit mir nicht,<br />

mein Freund, von deinen Sprüchen und Betrügereien weiß ich genug!“ Derart<br />

voreingenommen verweigerte er <strong>Faust</strong> Ehre und Geld, er bekam Lametta, Lügen und<br />

Verstiegenheiten serviert.<br />

Sind <strong>Faust</strong>s anmaßende Reden etwa nur der sengende Gluthauch, der einer<br />

verweigerten Geschäftsverbindung als Strafe auf dem Fuße folgt?<br />

Bedeutet es, dass <strong>Faust</strong> in Erfurt, Rebdorf, Ingolstadt zunächst mit den Gebildeten das<br />

Gespräch suchte, seine Dienste als Astrologe anbot, und erst auf die Zurückweisung<br />

hin, <strong>im</strong> Wirtshaus oder auf dem Marktplatz, als Wahrsager den Eklat folgen ließ?<br />

<strong>Faust</strong>, also ein Mensch, der nicht allein Geld verdienen wollte, sondern den zuvorderst<br />

ein Hunger nach Anerkennung umtrieb, der eine Ablehnung seiner Person wie ein<br />

zorniger Gott beantwortete?<br />

Zorn, allerdings mit Augenmaß, wir haben keine verlässliche Nachricht darüber, dass<br />

<strong>Faust</strong> jemals inhaftiert war.<br />

Wird hier in Umrissen ein Teil <strong>des</strong> damaligen Klassenkampfes erkennbar?<br />

<strong>Faust</strong>, der einfache Mann aus dem Volk, der sich die Kenntnisse der Astronomie und<br />

Astrologie – bei<strong>des</strong> ordentliche Studienfächer einer damaligen Universität, <strong>im</strong> Selbststudium<br />

erarbeitet und es zum angesehenen Astrologen gebracht hatte, dem die<br />

Bildungselite neuer Prägung in ihrem Dünkel also den Respekt verweigerte?<br />

Diese Lesart möchte wohl einigen <strong>Faust</strong>-Verehrern behagen.<br />

Andersrum wird ein Schuh draus! Es ist <strong>Faust</strong>, der auf die Vertreter der neuen Elite<br />

zugeht und sie provoziert, sie gleichsam he<strong>im</strong>sucht. Er stellt sich als „Komtur“ vor, er<br />

benutzt die Visitenkarte der Humanisten, jene drei latinisierten Namen. Und wie es<br />

scheint fährt er diese Angriffe gegen die Humanisten ganz gezielt.<br />

Denn be<strong>im</strong> Fürstbischof firmiert er unter „Doctor <strong>Faust</strong>us ph(ilosoph)o“ und Philipp von<br />

Hutten kennt ihn als „Philosophus <strong>Faust</strong>us“.<br />

Warum <strong>Faust</strong> die neue Elite attackierte, muss offen bleiben. Interessant ist die Frage,<br />

was machte <strong>Faust</strong> so sicher, dass er es mit ihnen aufnehmen könne, was machte ihn<br />

derart anmaßend? Es wurde in „<strong>Faust</strong> tritt auf“ angesprochen, offenbar hat es nie<br />

jemand geschafft, ihm die frechen Reden auszutreiben. Lösen sich die Fragen, die<br />

sich hier stellen, mit der seltsamen Kunst, die <strong>Faust</strong> beherrschte?<br />

Man sollte meinen, <strong>Faust</strong>, der wahrscheinlich aus chancenlos armen Verhältnissen<br />

kam, der es offenbar zu einem angesehenen Astologen geschafft hatte, er hätte mit<br />

dem Titel „Philosoph“ überaus zufrieden sein können. Dass er auch einen Doktorhut<br />

und zu diesem noch ein Hutband humanistischer Pfauenfedern beanspruchte, es<br />

deutet auf ein Übermaß an Ehrgeiz: auf Ehrsucht.<br />

Die menschliche Urerfahrung weiß, Verstiegenheiten werden vom Leben mit Absturz<br />

und harter Landung geahndet. „Ikarus“ <strong>Faust</strong> hingegen, obgleich er sich dutzendweis<br />

namhafte Persönlichkeiten gezielt zu Feinden macht, stürzt nicht ab.<br />

Ein Umstand, der uns eine weitere Verbeugung vor seiner „Kunst“ abfordert.<br />

Es drängt sich jedoch die Vermutung auf, dass die Kunst, die <strong>Faust</strong> beherrschte, ihm<br />

zwar die Türen zu wichtigen Leuten öffnete, doch diese Kontakte pflegen, sie<br />

bewahren, das vermochte er wohl kaum. Anfangs gab er sich wahrscheinlich recht<br />

manierlich, bis ihm in seiner Ehrsucht doch der Gaul durchging und er seinen<br />

Bekannten vor den Kopf stieß.<br />

Wenngleich <strong>Faust</strong> die Oberschicht auch polarisierte, Freundschaften zerbrachen<br />

seinetwegen offenbar nicht.<br />

Ungeachtet der notierten Knabenschändung <strong>im</strong> vorhergehenden Satz, schreibt<br />

Trithemius: „…<strong>des</strong>sen Ankunft du mit so großem Verlangen erwartest.“ Und „tuus<br />

<strong>Faust</strong>us“ formuliert Camerarius, um sich anschließend über <strong>Faust</strong>s Aberglauben zu<br />

beschweren.<br />

Was auf nicht weniger deutet, als dass die Humanisten zwar zu <strong>Faust</strong>, dem<br />

ungebildeten Prahlhans und Provokateur, Abstand wahrten, <strong>Faust</strong> jedoch andererseits<br />

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