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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Dass der Fürstbischof gegen den Ablasshandel eingestellt war, es war nichts<br />

besonderes, auch der Kurfürst von Sachsen, Luthers Lan<strong>des</strong>herr, war ein Gegner der<br />

Ablassgeschäfte. Zwar partizipierten die Fürsten am Erlös <strong>des</strong> Ablasshandels mit bis<br />

zu 40%, doch da sie allesamt hoch verschuldet waren, hatten sie nicht das geringste<br />

Interesse daran, Geld nach Rom fließen zu sehen. Diese Einstellung war Luther<br />

selbstredend bewusst gewesen als er den Ablassgedanken angriff, diese Einstellung<br />

der Fürsten war seine politische Deckung. Und mit dieser Deckung stellte sich Luther<br />

<strong>im</strong> Jahr 1521 in Worms dem Kaiser. Freilich sah auch der Kaiser mit diesem<br />

„Mönchlein“ seine Interessen bedient, er lag mit dem Papst <strong>im</strong> Krieg, dieser Luther war<br />

ein exzellentes Druckmittel. Und gewiss nicht zuletzt bewegten sich die Luther<br />

zugeneigten Fürsten in gefährlicher Nähe von Aufruhr und Illoyalität. Dem Kaiser, der<br />

die Stärkung der kaiserlichen Zentralgewalt <strong>im</strong> Auge hatte, konnten ihre Aktivitäten nur<br />

recht sein; der Zeitpunkt, da er sie kräftig zurechtstutzen würde, war absehbar.<br />

Und so kommt es erstmalig zu dem außerordentlichen Vorgang, dass Luther, den der<br />

päpstliche Bannstrahl getroffen hat, den der Papst so dringlich als Ketzer verbrennen<br />

will, nicht als als Häretiker der Inquisition übergeben wird, sondern pro forma mit einer<br />

verzögert in Kraft tretenden Reichsacht bedankt wird und sich in Sicherheit bringen<br />

kann.<br />

Es ist nur konsequent, wenn der Fürstbischof von Bamberg anschließend dafür sorgt,<br />

dass <strong>des</strong>sen Ächtung <strong>im</strong> Wormser Edikt mit einer weiteren Verzögerung veröffentlicht<br />

wird; Luther muss der Fluchtweg nach Thüringen offen gehalten werden.<br />

Und machtpolitisches Kalkül bewegte auch den Fürstbischof <strong>im</strong> Vorfeld von Worms,<br />

den Druck lutherischer Schriften in seiner Residenzstadt zu dulden. Denn die<br />

Aufhebung der Klöster und Abschaffung der „unnützen Fresser“, gemeint waren die<br />

Mönche, sind einige der Forderungen, die seit Luthers „Thesenanschlag“ verstärkt<br />

diskutiert werden.<br />

Wem anderes sollte dieses Kirchengut denn zugeschlagen werden, als ihm, dem<br />

Fürstbischof. Dass Nürnberg sich allerdings bereits 1523 für lutherisch erklären würde<br />

oder gar eine Lutherische Kirche entstehen könnte, derlei war <strong>im</strong> Moment der Duldung<br />

erster lutherischer Schriften noch nicht abzusehen gewesen.<br />

Es mag gefallen, zu hören, dass er Geistliche rücksichtslos auf die Straße jagte, es<br />

drängt sich jedoch der Verdacht auf, dass er nur <strong>des</strong>halb so entschieden gegen die<br />

schwarzen Schafe vorging, um die jeweilige Pfründe neu zu definieren und seine<br />

persönlichen Gewährsleute einzusetzen. Sprich, er nutzte die innerkirchlichen Reformbemühungen,<br />

um die kirchliche Organisation auf seine persönlichen Ziele auszurichten.<br />

Und was die Bambergische Halsgerichtsordnung betrifft, sie konstituierte die Folter für<br />

das gesamte Strafrecht.<br />

Die wilden Vorgänge be<strong>im</strong> Bauernaufstand in Franken lassen annehmen, dass er<br />

entschlossen das neue römische Recht umsetzte und dass Policey und Amtleute der<br />

neuen Rechtspflege rigoros Geltung verschafften. Dass er eine maßvolle Steuerpolitik<br />

betrieb, ist eher unwahrscheinlich.<br />

Auch der Umgang mit Humanisten macht ihn nicht zu einem „vortrefflichsten<br />

Regenten“. Es wurde <strong>im</strong> Kapitel „Schattenboxen“ bereits festgestellt, Humanisten<br />

waren fürstentreu, so sie Gift spritzten, dann <strong>im</strong>mer in Richtung Rom.<br />

Der Fürstbischof Georg III. von Bamberg war zuvorderst ein machtbewusster Mensch.<br />

Und er war offenbar keiner, der wie bereits gesagt, viel auf Horoskope oder Weissagungen<br />

gab und sich schon gar nicht nicht mit einem dahergelaufenen Scharlatan<br />

zusammensetzte. Wahrscheinlich hatte das Nativität nur den Zweck, die äußere Form<br />

zu wahren; wie auch anders wäre es der Welt zu erklären gewesen, dass <strong>Faust</strong> als<br />

eine schillernde Persönlichkeit be<strong>im</strong> Fürstbischof von Bamberg weilte.<br />

Darf man sagen, der Fürstbischof nahm sich an einem Sonntag Zeit für den<br />

„Fachmann“ <strong>Faust</strong>?<br />

<strong>Faust</strong> der Vielgereiste, der mit so vielen wichtigen Persönlichkeiten bekannt war, er war<br />

auch ohne Blick in die Sterne ein Gespräch wert. Und ganz besonders in dieser Zeit.<br />

Das Volk auf der Straße tobte in Begeisterung für Luther, es lebte mit Luther und<br />

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