12.01.2013 Aufrufe

Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

er wolt vielleicht noch gern in der fraun sachen handeln, ich lass ihn aber dazue nit<br />

chömmen, so er vormahlen als vast erriert (geirrt) hat in seinem process“.<br />

Der Bischof äußerte also lediglich Zweifel an der Eignung <strong>des</strong> Inquisitors – mehr nicht.<br />

Übrigens, heutige Historiker vertreten die Auffassung, dass der Inquisitor Jakob<br />

Sprenger, anders als wie von Institoris angegeben, an der Abfassung <strong>des</strong><br />

„Hexenhammers“ nicht beteiligt gewesen sei. Doch wer hat dann diese infame<br />

Prozessordnung verfasst? Der „Hexenhammer“, <strong>im</strong> Jahr 1488 vorgelegt, wurde wohl<br />

kaum von einem Mann konzipiert, der drei Jahre zuvor bereits als „senil“ eingeschätzt<br />

wurde. Vermutlich ist der „Hexenhammer“ einem Arbeitskreis von Juristen der<br />

Inquisition entsprungen, sie hatten Erfahrung mit Folter-Verhören.<br />

2, 1489 bezweifelt Ulrich Molitor, daß Frauen fliegen können. Gemäß dem „Canon<br />

Episcopi“ würden nur jene Frauen glauben, dass sie ausfahren und fliegen, die sich<br />

dem Teufel ergeben hätten und <strong>des</strong>halb von ihm verblendet und getäuscht werden<br />

können.<br />

Molitor betrachtete also den Irrglauben als Beweis der Teufelsbuhlschaft – mehr nicht.<br />

3, 1508 unterscheidet die Bambergische Halsgerichtsordnung zwischen Schadzauber<br />

und Nutzzauber.<br />

Diese Unterscheidung ist richtig; um jedoch festzustellen, um welche Art von Zauberei<br />

es sich handelte, dafür wurde auf Grundlage <strong>des</strong> „Hexenhammers“ verhandelt, die<br />

Abfolge der Fragen und die dabei angewandte Folter brachte rasch zu Tage, dass der<br />

Nutzzauberer auch ein Schadzauberer und schließlich auch ein Hexer war.<br />

4, 1508 heißt es be<strong>im</strong> Hexenprediger Geiler von Kaysersberg: „sie wenen (wähnen)<br />

sie faren, wan der teuffel kann inen ein schein also in kopff machen und also<br />

fantasey… und daz kann er aller meist dennen thun, die da mit <strong>im</strong> ze schaffen hond,<br />

<strong>im</strong> verpflicht sein…“<br />

Kaysersberg argumentiert wie Ulrich Molitor auf der Ebene <strong>des</strong> „Canon Episcopi“.<br />

5, 1509 wendet sich Erasmus von Rotterdam gegen die unersättliche Lust <strong>des</strong> Volkes<br />

an Schauermärlein; sie eigneten sich nicht nur zum Zeitvertreib, sondern dienten auch<br />

dem Gelderwerb der Geistlichkeit und der Prediger. Er geißelt die Heiligenverehrung<br />

sowie die maßlose Marienverehrung, dazu den Devotionalienkult. Er schreibt weiter,<br />

dass die Kirche diesen Aberwitz mit Absicht fördere.<br />

Zur Hexenbulle oder gar zur Hexenverfolgung sagt Erasmus von Rotterdam jedoch<br />

nichts.<br />

6, 1515 wird in einem „Volksbuch“ der Glaube, dass man fliegen könne, in einer<br />

Eulenspiegel-Geschichte verspottet: Till hatte angekündigt, dass er am kommenden<br />

Feiertag vom Rathausdach fliegen werde. In froher Erwartung füllte das Volk den<br />

Marktplatz. Till nahm auf dem Dach Platz und sprach: „Seht ihr an mir eine Feder? Seh<br />

ich aus wie ein Huhn? Wie dumm seid ihr eigentlich, dass ihr glaubt, ein Mensch<br />

könnte fliegen?!“<br />

Till verspottet den Glauben, dass man fliegen könne, mehr erzählt die Geschichte nicht.<br />

7, 1519 entreißt Agrippa von Netteshe<strong>im</strong> in Metz dem dominikanischen Inquisitor<br />

Nikolaus Savini eine angeklagte Bauersfrau. Savini hatte argumentiert, die Mutter der<br />

Angeklagten sei bereits eine Hexe gewesen, und da Hexen ihre Kinder dem Teufel<br />

weihen, sei die Angeklagte zwangsläufig auch eine Hexe. Agrippa verwies auf die<br />

Gnade der Taufe, sie sei mächtiger als ein Bündnis mit dem Teufel. Agrippa erreichte<br />

<strong>des</strong> Weiteren die Bestrafung der Verleumder.<br />

Selbst der ehrenwerte Agrippa von Netteshe<strong>im</strong> argumentierte also innerhalb <strong>des</strong><br />

erlaubten Argumentationsraumes.<br />

Hinweis: Mit Beginn der großen Hexenverfolgungen durfte ein Anwalt die Angeklagten<br />

nicht mehr verteidigen, er hatte nur noch die Aufgabe, dass bei Verhör und Folter die<br />

Vorgaben <strong>des</strong> Hexenhammers beachtet wurden; anderes zu tun, wurde dem Anwalt als<br />

Teufelswerk angelastet.<br />

8, 1520 verspottet in Nürnberg Willibald Pirckhe<strong>im</strong>er in einem literarischen Dialog den<br />

Inquisitor, er nennt ihn einen Phrasendrescher, Holzklotz und Tölpel.<br />

Weiter geht Willibald Pirckhe<strong>im</strong>er allerdings nicht. Und was die beleidigenden Worte<br />

angeht, in einer Zeit, da sich aller Augenmerk auf Luther richtete, waren sie eine<br />

165

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!