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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Städtlein zu einem Nürnberg aufgeplustert haben, denn dass diese versuchte<br />

Festnahme sich in Nürnberg ereignet haben soll, ist nicht denkbar.<br />

Als Freie Reichstadt, Handelsmetropole und als Aufbewahrungsort der Reichsinsignien,<br />

war Nürnberg die berühmteste Stadt Deutschlands; bekannt war auch ihr<br />

strenges Ordnungsreg<strong>im</strong>ent. Nürnberg, von drei Mauerringen umgeben, war eine<br />

Festung.<br />

Auch mit dieser Geschichte wird <strong>Faust</strong>s teuflisches Wesen herausgestellt. Dass <strong>Faust</strong><br />

aus Nürnberg entweichen konnte, das vermochte er nur mit Hilfe höllischer Mächte.<br />

Hätten Melanchthons Zuhörer ein wenig nachgedacht, sie hätten bemerkt, an der<br />

Geschichte st<strong>im</strong>mt etwas nicht.<br />

Nürnberg umfasste ein Gebiet von 40 km Durchmesser mit über 60 Ortschaften. Mehr<br />

als die Hälfte der Ortschaften waren ehemaliges Reichsgut, die Nürnberger Patrizier<br />

hatten es den Kaisern nach und nach abgekauft. Die Rechte auf Abgaben, Nutzung<br />

oder Geleit waren allerdings bunt gemischt. Teils lagen sie bei der Stadt, teils bei<br />

verschiedenen Kirchsprengeln, teils bei einzelnen Familien oder auch bei den Hohenzollern.<br />

Im Lorenzer Wald lagen beispielsweise Geleit und Wildbann be<strong>im</strong> Burggrafen,<br />

die Gerichtsbarkeit und die Nutzung hingegen bei der Stadt.<br />

Selbst wenn <strong>Faust</strong> aus Nürnberg hinaus geschlüpft wäre, die berittenen Ordnungskräfte<br />

hätten es sich nicht nehmen lassen, die Hatz <strong>im</strong> Umland aufzunehmen. Wenn<br />

auch die Zuständigkeiten ein rechter Flickenteppich waren, wer hätte die wilde Jagd<br />

zunächst stoppen sollen, wo doch die Devise gilt: „Erst fangen, dann fragen!“<br />

Der kürzeste Quellentext über den historischen <strong>Faust</strong> ist die Ablehnung <strong>des</strong> Rates der<br />

Stadt Nürnberg, <strong>Faust</strong>s Antrag auf Geleitschutz zu entsprechen. Der Beschluss wurde<br />

<strong>im</strong> Jahr 1532 gefasst, festgehalten wurde er in den „Verlässen <strong>des</strong> inneren Rates“:<br />

„Doctor <strong>Faust</strong>o, dem grossen Sodomitten und Nigromantico zu furr, glait ablainen.<br />

Burg(ermeister) Ju(ni)or“<br />

Nach Erkenntnissen <strong>des</strong> amerikanischen <strong>Faust</strong>forschers Baron handelte es bei dem<br />

Bürgermeister Junior um Hieronymus Holzschuher, der diesen Beschluss selbstredend<br />

nicht allein fasste. Neben den Patriziern saßen angesehene Bürger <strong>im</strong> Rat; auch<br />

Willibald Pirckhe<strong>im</strong>er und Albrecht Dürer hatten dem Rat einige Jahre angehört.<br />

Es sei an dieser Stelle auf die Formulierung „Doctor <strong>Faust</strong>o, dem grossen Sodomitten<br />

und Nigromantico“ aufmerksam gemacht; einige <strong>Faust</strong>forscher – jene, die sich<br />

vehement gegen die Bezeichnung „Sodomitten“ wehren, sind der Meinung, dass der<br />

Rat der Stadt Nürnberg über <strong>Faust</strong> nur vage informiert war, sich folglich auf einen<br />

ungewöhnlich kurzen Entrag in den „Verlässen“ beschränken musste.<br />

Das Gegenteil ist der Fall. <strong>Faust</strong> war derart bekannt, es brauchte keine Erklärungen<br />

und schon gar keine weitschweifigen Erklärungen mehr. Die Verwendung <strong>des</strong> Attributs<br />

„dem grossen“ bestätigt es. Denn nicht anders als heute, ein Fußballer, ein Varietekünstler,<br />

sie werden als „groß“ tituliert, weil ihr Können beachtlich ist und sie von daher<br />

jedermann bekannt sind.<br />

<strong>Faust</strong> hatte den Antrag auf Geleitschutz offenbar von Fürth aus gestellt, Fürth lag<br />

außerhalb <strong>des</strong> Geltungsbereichs der Stadt Nürnberg. Geleit bedeutete bewaffneten<br />

Schutz auf der Reise nach Nürnberg, aber auch Gerichtsfriede; die Zusage, dass er<br />

ungehindert und ohne die Gefahr einer Festnahme wieder abreisen konnte.<br />

Einige <strong>Faust</strong>forscher kombinieren den Versuch einer Festnahme in Nürnberg, wie ihn<br />

Manlius notierte, mit dieser Ablehnung <strong>des</strong> Geleits. Sie vermuten, dass <strong>Faust</strong> die<br />

Geleitverweigerung ignorierte, sich auf eigenes Risiko nach Nürnberg begab, worauf<br />

die Nürnberger seiner habhaft zu werden suchten. Eine Überlegung, die nicht recht<br />

überzeugt. Die harsche Titulierung „Sodomitt und Nigromantico“ war mehr als eine<br />

Ausladung, sie war ein Warnschuss.<br />

Hatte <strong>Faust</strong> bei einem früheren Besuch in Nürnberg sich etwas zu schulden kommen<br />

lassen? Wohl kaum, darüber hätte der Nürnberger Rat einen Eintrag in seinen Büchern<br />

gefunden, was <strong>Faust</strong> selbstredend ebenso bekannt gewesen wäre, wie dass sein<br />

Antrag folglich abschlägig beschieden würde. Man darf aus seinem Antrag schließen,<br />

in Nürnberg war er bis dahin nicht aktenkundig geworden.<br />

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