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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Apothekers Gerardus in Köln ist bekannt, dass es mit vier weiteren Häusern eine<br />

Straßenfront von gerade mal 13 Metern bildete.<br />

Eine Alchemistenküche beinhaltete gewaltige Ofenanlagen, neben einem Meister und<br />

seinem Jünger waren drei Helfer zugange. Dazu gab es ein Oratorium, der Ort der<br />

inneren Sammlung, <strong>des</strong> Gebets, der seelischen Reinigung. Die notwendigen Gewölbe<br />

von min<strong>des</strong>tens 100 Quadratmetern waren nur in Klöstern und größeren Burgen<br />

vorhanden.<br />

Es ist denkbar, dass <strong>Faust</strong>s Interesse an der Alchemie zeitweilig derart groß war, weil<br />

er eben glaubte, einer großen Sache auf der Spur zu sein, dass er sich über einen<br />

Zeitraum von ein oder zwei Jahre auf einer Burg, in einem Kloster oder einem Landgut<br />

gleichsam vergraben hatte und nur noch der großen kommenden Entdeckung <strong>des</strong> …<br />

nun ja, wir wissen es nicht, lebte; eine weitere Erklärung für den Mangel an<br />

Nachrichten über ihn.<br />

Laut dem Trithemius-Brief kam <strong>Faust</strong> in den Fasten 1507 nach Kreuznach. Auch den<br />

Winter 1519 verbrachte <strong>Faust</strong> vermutlich nicht in Knittlingen, denn am 12. Februar<br />

1520 weilte <strong>Faust</strong> in Bamberg, jener Tag, an dem er vom Fürstbischof zehn Gulden<br />

geschenkt bekam.<br />

War <strong>Faust</strong> in jenen Wintern einmal bei Franz von Sickingen sodann <strong>im</strong> Raum Bamberg<br />

als Goldmacher untergeschlüpft? Doch abgesehen von jenem Gymnasialprofessor<br />

Albert Schott, der 300 Jahre nach <strong>Faust</strong>s Tod erstmalig von einem Goldmacher <strong>Faust</strong><br />

fabulierte, gibt es keinen Hinweis, dass <strong>Faust</strong> sich jemals als Goldmacher betätigte.<br />

Dass dennoch in Sachen „<strong>Faust</strong>“ ständig vom „Goldmachen“ geredet wird, man darf es<br />

als Euphemismus bezeichnen; „Goldmachen“, Umschreibung für alles, was man über<br />

<strong>Faust</strong> nicht weiß.<br />

Es lässt sich, wie bereits gesagt, für <strong>Faust</strong> kein Bewegungsraster erstellen. Auch die<br />

Entwicklung, das Ausleben seiner Neigungen sind uns nicht bekannt. Es ist durchaus<br />

denkbar, dass er zeitweise durch die politischen Ereignisse als astrologischer Berater<br />

derart gefordert war, dass er selbst <strong>im</strong> Winter von Burg zu Burg unterwegs war,<br />

zwischen Fürstenhöfen und Prominenten pendelte.<br />

<strong>Faust</strong>, ein Überall. Jedoch nicht über alle Jahrzehnte seines Lebens hinweg. Denn<br />

1520 wird in Kursachsen in den Straftatbestand der Hexerei u.a.m. auch das<br />

Wahrsagen miteinbezogen. Es kommt eine Verschärfung der Gesetze in Gang, die sich<br />

zunächst insbesondere gegen die „Freiberufler“ <strong>im</strong> fahrenden Volk richtet.<br />

Ein erlassenes Gesetz stört einen <strong>Faust</strong> wenig, ein Gesetz will auch umgesetzt sein.<br />

Doch spätestens nachdem mit der Niederschlagung <strong>des</strong> Bauernaufstands auch die<br />

Unruhe aus den Landschaften gekämmt ist, die lutherische Kirche sich einzurichten<br />

beginnt – wie mehrfach dargestellt hält sie weniger als wenig von Leuten wie <strong>Faust</strong>,<br />

war der Weg frei, um diesen Gesetzen Geltung zu verschaffen. Diese für <strong>Faust</strong><br />

ungünstige Entwicklung griff zuvorderst in den reformierten mitteldeutschen<br />

Fürstentümern um sich. Spätestens ab 1526 musste <strong>Faust</strong> wohl doppelt gut aufpassen,<br />

wohin er seine Schritte lenkte. Denn zu den Städten und Städtchen, die er bei Urfehde<br />

nicht mehr betreten durfte, und zu den Orten, wo er sich besser nicht mehr blicken ließ,<br />

gesellten sich vermehrt Landstriche, wo die Vertreter seiner Zunft nun unerwünscht<br />

waren.<br />

Theoretisch bietet es sich nun an, die Stufen der sich verschärfenden Gesetzgebung<br />

von Gebiet zu Gebiet zu erfassen, um auf diese Weise nachzuvollziehen, welche Landstriche<br />

<strong>Faust</strong> ab welchem Zeitpunkt wohl nicht mehr bereiste.<br />

Ob diese Verfahrensweise zu verlässlichen Aussagen führt, ist zweifelhaft.<br />

Wie bereits erwähnt, Anordnen und Umsetzen ist zweierlei. Und nicht allein das<br />

generelle Umsetzen, man denke an Kunigund Hirtin. Sie war keine namenlose<br />

„Heckenliesl“, sie war eine Autorität. Selbst mehr als zehn Jahre nach der<br />

Reformierung Nürnbergs, so einfach kamen die Nürnberger Stadtväter ihr nicht bei.<br />

Es kommt hinzu, „warsager“ ist nicht gleich Wahrsager. Die Künste <strong>des</strong> <strong>Faust</strong>s, soweit<br />

den Quellentexten zu entnehmen, sind zuvorderst die der Astrologie und <strong>des</strong><br />

Wahrsagens bzw. <strong>des</strong> Handlesens.<br />

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