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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Walther von der Vogelweide; mit der Wiedergabe seiner romfeindlichen Verse ließen<br />

sich einige Seiten füllen. Walther von der Vogelweide sang nicht vor den Armen,<br />

obgleich es derer viel zu viele gab; über Esslingen wird berichtet, dass um 1100 etwa<br />

1000 Begüterte in der Stadt lebten, jedoch 8000 Bedürftige sich rund um die Kirchen<br />

behaust hatten. Er sang vor dem Adel, der noch ein wenig „Silber“ hatte, und der hörte<br />

es gern, dass „die Pfaffen essen Hühner, trinken Wein. Und lassen deutsche Laien<br />

mager sein“. Wenn zu dieser Botschaft auch noch die Harfe geschlagen wird, vergisst<br />

man leicht, dass man sich selbst in die Ohnmacht gebracht hat, dann weiß man woher<br />

alles Übel rührt. Er sang auch vor den Fürsten, er pries deren Gastfreundschaft, von<br />

deren Übergriffen und Rechtsbrüchen sang er unmittelbar allerdings nicht.<br />

Er besang diesen Ärger, der dreihundert Jahre später ebenfalls eine Entsprechung<br />

haben wird, gleichsam durch die Hintertür.<br />

Die Rechtsgrundlage dieser Umwälzungen um 1200 war das „Recht <strong>des</strong> Stärkeren“.<br />

Dazu Walther von der Vogelweide: „Wie unter den Menschen, herrsche auch unter den<br />

Tieren ein ständiger Kampf; aber in einem bewiesen sie Verstand: sie würden sich für<br />

nichtig halten, wär da nicht der Gerichte Walten. Sie wählen Könige und kiesen Recht,<br />

sie setzen Herren und setzen Knecht.“<br />

Zum gleichen Thema heißt es in einem Fragment: „Wir alle wissen: mehr als alles<br />

andere, ist das Recht Maß, Gewicht und Zahl der Dinge. Ohne Recht kann niemand<br />

friedlich leben.“<br />

Und ebenso diskutierte die hauchdünne Schicht von Gebildeten – keineswegs wie<br />

dreihundert Jahre später die breite Bevölkerung, auch über die Ursachen der<br />

Ungleichheit:<br />

„Es ist doch nicht <strong>des</strong>halb, weil Adam und Eva sich wider Gott versündigten oder weil<br />

Kain seinen Bruder Abel erschlug und auch nicht - wie oft gesagt wird – weil Noah<br />

seinen Sohn Ham verfluchte und sprach: „Verflucht sei Kanaan und sein ganzes<br />

Geschlecht! Sie sollen Diener und unfreie Knechte meiner beiden anderen Söhne<br />

sein!“ Und es ist auch nicht gemacht, damit die Frauen sich in den hohen Werken der<br />

Barmherzigkeit üben und auch nicht, damit das hoffärtige Scharlach der Herren besser<br />

in die Augen sticht.<br />

Es ist <strong>des</strong>halb so und wie mir gesagt wurde, dass jener tapfere Cicero es bereits<br />

niederschrieb, weil die Natur uns nicht mehr zugewiesen als dem Vieh auf der Weide<br />

und damit uns alle Dinge gemeinsam gegeben hat. Doch dann nahmen einige<br />

Menschen für sich alleine, wovon viele hätten leben können.“<br />

Und <strong>im</strong> Sachsenspiegel wurde nicht nur unverblümt notiert, dass Machtausübung stets<br />

das Nebeneinander von Recht und Unrecht beinhalte, sondern auch: „Es ist uns von<br />

den Vätern überliefert und das ist rechte Wahrheit, dass Leibeigenschaft ihren Anfang<br />

von Zwang und von Gefangenschaft und von unrechter Herrschaft genommen, die man<br />

von alter Zeit her in unrechte Gewohnheit übergeführt hat und nun für Recht hält.“<br />

Und noch einmal Walther von der Vogelweide:<br />

„Doch wie kann das alte Recht wieder gefunden werden, wenn Recht nur jene aller<br />

Orten heut erhalten, die <strong>im</strong> Gerichtskampf ob schierer Leibeskräfte siegen oder eines<br />

Richters Beutel zu fassen und zu füllen kriegen.“<br />

Es sei angemerkt, hier ist von einem Gerichtskampf die Rede; das überkommene<br />

germanische Recht war selbst in dieser Zeit noch <strong>im</strong>mer derart hilflos, gewisse<br />

Streitigkeiten konnten nur durch „Gottesurteil“ beigelegt werden. Was die Leibeigenschaft<br />

betrifft, so wird vermutet, dass sie ihren Anfang in einer Gabe für nichtgeleisteten<br />

Kriegsdienst nahm.<br />

Nachdem der Inquisitor, Konrad von Marburg, den Kreuzzug gegen Sterding organisiert<br />

hat – den Feldzug selbst wartet er nicht ab – reist er nach Trier, weiter in die Rheinebene,<br />

dann nach Schwaben, Baiern, Franken, Thüringen. Er lässt eine Unzahl<br />

rauchender Scheiterhaufen zurück. Das zügige Vorgehen <strong>des</strong> Inquisitors erlaubt den<br />

Schluss, dass umfassende Vorarbeit geleistet worden war, dass er <strong>im</strong> Besitz einer Liste<br />

der „schl<strong>im</strong>msten Bösewichter“ war. Ein Aufschrei <strong>des</strong> Entsetzens durchweht die<br />

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