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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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oten sie die besten Verkehrsanbindungen, hier fuhren Reisewagen, mit zwei Pfer<strong>des</strong>tärken<br />

war die Entfernung von Marktflecken zu Städtlein ein Katzensprung.<br />

Die Reisenden saßen auf zwei langen Bänken, Rücken an Rücken, das Gesicht zum<br />

Straßenrand gekehrt, das Gepäck lag zwischen den Bänken gestapelt – dort war es<br />

sicher. Ein Sonnensegel schützte vor Regen und Sonne. So richtig vergnüglich war das<br />

freilich nicht, man wurde durchgerüttelt, frei pfiff der Wind, bei starkem Regen tropfte<br />

das Wasser durch die Plane. Doch verglichen mit der Art, wie das fahrende Volk reiste,<br />

war es ein komfortables Reisen, das fahrende Volk ging zu Fuß.<br />

Abseits dieser Hauptstrassen waren auf den Nebenstrecken Fuhrwerke unterwegs, das<br />

Weiterkommen war selbst hier noch relativ einfach.<br />

<strong>Faust</strong> konnte sich den interessantesten Fuhrmann gleichsam aussuchen; er war kein<br />

abgerissener Wanderarbeiter, auch kein armer Pilger, bei dem man fürchten musste,<br />

der Wanderstab könnte sich plötzlich in eine he<strong>im</strong>tückische Lanze verwandeln.<br />

Auch wirkte er gewiss nicht uninteressant. Mit ihm versprach die Zockelfahrt kurzweilig<br />

zu werden. Und während <strong>Faust</strong> dem Schwager (Fuhrmann) so manche Schnurre zum<br />

Besten gab, revanchierte der sich wiederum, indem er seinem Begleiter den neuesten<br />

Tratsch erzählte, ihn aufklärte, was es mit den Dörfern rechts und links <strong>des</strong> Weges auf<br />

sich habe, wer in der Gegend das Sagen und wie das hier mit der Policey so sei.<br />

Kurzum, <strong>Faust</strong> informierte sich, er erhielt Kenntnis von lebens- und überlebenswichtigen<br />

Details.<br />

Und spätestens <strong>im</strong> Hinterland war <strong>Faust</strong> auch mit einem schnellen Pferd unterwegs.<br />

Nicht zu vergessen der „schwarze Hund, der wahrscheinlich der Teufel war“, wahrscheinlich<br />

<strong>des</strong>halb, weil er bissig war und seine Schnauze und Lauscher dort hatte, wo<br />

<strong>Faust</strong> sie nicht hatte. Auch wenn es in dieser Zeit noch nicht die organisierte<br />

Räuberbande, wie jene <strong>des</strong> Schinderhannes um 1800 gab, <strong>Faust</strong>, allein unterwegs, er<br />

muss ungezählte haarsträubende Situationen erlebt haben. Er muss mit dem Schwert<br />

nicht weniger flink als mit der Zunge gewesen sein. Abgesehen von Fehde führenden<br />

Bauern – selbst sie nahmen gelegentlich dieses Herrenrecht für sich in Anspruch –<br />

oder lauernden Strauchrittern, auch ein Kleinhäusler hatte keine Skrupel, einen<br />

einsamen Reiter zu ermorden und die bis auf die nackte Haut gefledderte Leiche zu<br />

verscharren.<br />

Die seltsamen Künste, die <strong>Faust</strong> beherrschte, gutmöglich haben sie ihm oft aus der<br />

Patsche geholfen.<br />

Dass die meisten der verbürgten Orte sich entlang der großen Handelsstraßen finden,<br />

ist plausibel. Dort wurde <strong>Faust</strong> von Behörden wahrgenommen, hier lebten und reisten<br />

freilich auch jene Vertreter der gehobenen Gesellschaft, mit welchen er in Verbindung<br />

stand, deren Briefe und Aufzeichnungen uns erhalten blieben.<br />

So richtig viel Material über <strong>Faust</strong> liegt allerdings nicht vor. Dass er sich in einigen<br />

Städten zumin<strong>des</strong>t auf einige Zeit oder gar nicht mehr sehen lassen durfte, bzw.<br />

unerwünscht war, ist jedoch gut belegt.<br />

Trithemius berichtet 1507 von <strong>Faust</strong>s Flucht aus Kreuznach sowie von einer überstürzten<br />

Abreise in der Nähe von Gelnhausen. 1528 wird <strong>Faust</strong> aus Ingolstadt<br />

verwiesen, 1532 gewährt ihm die Stadt Nürnberg kein Geleit.<br />

Nichts anderes bestätigt Begardi, als er 1539 schreibt: er hat „vil mit den ferßen<br />

gesegnet.“ <strong>Faust</strong> hatte offenbar wirklich wenig Gepäck, dafür reichlich an Instinkt<br />

So lieb <strong>Faust</strong> die Städte gewesen sein mögen, innerhalb ihrer Mauern war Vorsicht<br />

geboten.<br />

Abgesehen von dreisten Reden, konnte sich <strong>Faust</strong> in den Städten allerlei magischer<br />

und hellseherischer Kräfte rühmen, auch behaupten, dass er in den Handlinien die<br />

Zukunft lesen könnte, plumpe Betrügereien durfte er nicht begehen.<br />

Wenn auch in den Gassen der Städte die Schweine grunzten und die Misthaufen<br />

dampften, viele Städte hatten ein derart heißes Pflaster, es hat sich in die Historie der<br />

Rechtspflege eingebrannt. Es waren insbesondere die Städte, die entschlossen, aber<br />

auch rücksichtslos gegen so genannte landschädliche Leute vorgingen. Nicht nur<br />

innerhalb ihrer Mauern, viele Städte hatten die Rechte an umliegenden Dörfern<br />

erworben und kontrollierten über Warttürme und Landwehren ein weites Umland.<br />

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