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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Nehmen wir es doch einfach an! Außerdem ist „<strong>Faust</strong>“ keine Schutzmarke, sondern<br />

ein Synonym, nicht nur für Städtereisen, auch für geleerte Beutel. Von daher sollte<br />

sich heute jede Stadt einfach ein <strong>Faust</strong>haus leisten.<br />

*<br />

Medicus <strong>Faust</strong>, in der Blütezeit der Pflanzenheilkunde<br />

Welch eine Ehre! Abertausende von Ärzten jener Jahrzehnte, ganz gleich ob<br />

selbsternannte Wanderärzte oder studierte Ärzte, sie allesamt sind <strong>im</strong> Orkus der<br />

Geschichte verschwunden; ihre Namen, ihre Schicksale, nichts von ihnen ist uns<br />

überliefert.<br />

<strong>Faust</strong> hingegen, sein Name prunkt <strong>im</strong> „Index Sanitatis“. Ihm zur Seite, kein geringerer,<br />

als der hoch geschätzte Philippus Theophrastus Bombastus von Hohenhe<strong>im</strong>; kurz,<br />

Paracelsus. Auch er Arzt, Alchemist, Astrologe und Philosoph.<br />

Dritter <strong>im</strong> Bunde ist ein gewisser Thessali, ebenfalls Wanderarzt, doch merkwürdiger<br />

weise <strong>des</strong> antiken Griechenland, dazu auch eher umstritten, um nicht zu sagen,<br />

berüchtigt.<br />

Philipp Begardi, Stadtarzt von Worms und Verfasser <strong>des</strong> „Index Sanitatis“, hatte mit<br />

<strong>Faust</strong> und Paracelsus noch ein Hühnchen zu rupfen; in seinem Buch widmete er ihnen<br />

das Kapitel über „ungelehrte und trughaftige Ärzte“.<br />

1539 war es um <strong>Faust</strong> und Paracelsus bereits still geworden und nichts schien<br />

Begardi wohl ungefährlicher, als nun genüsslich zur Feder zu greifen und die beiden<br />

einzuschwärzen. Dass Paracelsus bereits um 1560 eine Kultfigur sein würde,<br />

Apotheker ihre Fenster mit Paracelsusbildern schmückten, Begardi hat sich selbst ins<br />

Zwielicht gestellt. Was <strong>Faust</strong> angeht, Begardi hat uns einen wissenschaftlich<br />

anerkannten Quellentext geliefert.<br />

<strong>Faust</strong> war also Arzt gewesen. Einen weiteren Hinweis auf <strong>Faust</strong>s Tätigkeit als Arzt<br />

liefert das Indiz „Bocke Madel“, eine Kräuterheilkundige, die in Knittlingen über<br />

mehrere Jahre hinweg für <strong>Faust</strong> gearbeitet haben soll.<br />

Die Welt der mittelalterlichen Heilkunde schematisch zu ordnen, sie auf diese Weise<br />

sich zu erschließen, <strong>Faust</strong> darin zu orten, ist schwierig. Nach unserem heutigen<br />

Verständnis gab es bereits die seriösen Ärzte, nicht seriös in dem Sinne, weil sie<br />

studiert hatten, sondern weil die Erfolge ihrer Tätigkeiten messbar waren;<br />

Bruchschneider, Steinschneider, Krebsschneider, Hodenschneider und Starstecher.<br />

Als Starstecher waren insbesondere Frauen tätig.<br />

Aufbauend auf die Kenntnisse der Antike wurde unter Anwendung best<strong>im</strong>mter<br />

Pflanzen schmerzfrei operiert; das <strong>im</strong> 12. Jhdt. in Salerno konzipierte „Antidotarium<br />

Nicolai“ nennt bereits 140 Schmerzpräparate. Die so genannten Hexenflugsalben,<br />

beziehungsweise einzelne Bestandteile derselben, bildeten das Gros der so<br />

angewandten Narkotika.<br />

Ihre Bestandteile, Anwendung und Wirkungsweise waren Gehe<strong>im</strong>wissen.<br />

Nicht ohne Schmunzeln liest man sich durch die Schriften aus den Jahrhunderten vor<br />

und nach <strong>Faust</strong>, worin sich die Gebildeten über den Hexenflug als abscheulichstes<br />

Volksmärchen und Wahngebilde erregen, wogegen andere meinen, dass mit Hilfe <strong>des</strong><br />

Teufels wohl alles möglich sei. Das Wissen über diese Mixturen wurde also innerhalb<br />

der Ärzte und „weisen Frauen“, wie Jacob Gr<strong>im</strong>m sie später nannte, tatsächlich<br />

sorgsam gehütet.<br />

Aus den Protokollen der Hexenverhöre lässt sich dann auch ersehen, dass zwar offenbar<br />

viel über den Hexenflug geredet und phantasiert wurde, doch nur ein<br />

verschwindend geringer Teil der Angeklagten über die pflanzlichen Bestandteile der<br />

verschiedenen Flugsalben Bescheid wusste. Unter den Qualen der Folter „gestanden“<br />

die Angeklagten folglich, „eine Salbe vom Teufel, einem schönen Mann in grünem<br />

Gewand, unter der Linde vor dem Stadttor“ erhalten zu haben. Während reißerische<br />

Flugschriften alle Welt über die grauenhaften Verbrechen geständiger Hexen laufend<br />

informierten und in Aufregung hielten, und die Flugsalben als eine Mixtur aus dem Fett<br />

von Säuglingen, Schlangen, Kröten sowie Ruß und Spinnendreck beschrieben.<br />

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