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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Ahn, Gott hat ihn lieb, den Helmstedter, <strong>im</strong> heiligen Garten Gethsemane am Grab <strong>des</strong><br />

allerheiligsten Cryssisostomos unter dem Tulipbaum gewacht. Und am Grab <strong>des</strong><br />

allerheiligsten Cryssisostomos wurde ihm offenbart, dass die Früchte <strong>des</strong> Baumes, die<br />

sich vom Blut <strong>des</strong> Heiligen nähren…“ …wer will es seinen Zuschauern verdenken,<br />

wenn sie derart aufbereitet, am Ende Geld auf den Tisch legten, damit wenigstens eine<br />

Frucht vom heiligen Tulipbaum beschafft werde, um sie alle reich zu machen. Sie alle<br />

hatten gesehen, wie… Freilich, sie hatten gesehen, was <strong>Faust</strong> in seinem Winterquartier<br />

auch gesehen hatte. Er jedoch wusste, dass er nicht wusste, wie den glitzernden<br />

Kristallen der goldene Sch<strong>im</strong>mer abzuluchsen war. Seine Kunden glaubten dagegen,<br />

wer „A“ kann, der kann auch „B“.“<br />

Ohne Zweifel, eine schöne Performance, die sich der betreffende <strong>Faust</strong>forscher<br />

ausdachte. Doch – wie auch anders – er bedient sich der Schilderung eines alchemistischen,<br />

eines sichtbaren Vorgangs. Mag sein, dass sich solches und ähnliches<br />

zugetragen hat, doch mit Spielereien dieser Art war <strong>Faust</strong> keineswegs allein am Markt.<br />

Der gelehrte Rufus Mutianus hat <strong>Faust</strong> bei <strong>des</strong>sen Auftritt in Erfurt beobachtet, es ist<br />

gewiss nicht falsch anzunehmen, dass andere Gebildete ebenfalls, bei welchen<br />

Gelegenheiten auch <strong>im</strong>mer, versucht haben, sich persönlich ein Bild von <strong>Faust</strong> zu<br />

machen. Die meisten der Gebildeten waren beschlagen sowohl in der schwarzen<br />

Magie als auch in der Alchemie; hervorzuheben jene Gebildeten, die von Krakau her<br />

obendrein mit Hypnose und Optik vertraut waren. Ebenso werden welterfahrene<br />

Kaufleute und Ratsherren ihn bei seinen Auftritten studiert haben. Und gewiss nicht<br />

zuletzt befanden sich <strong>im</strong> Publikum Kristallseher, Nebulos und Spaßmacher, die<br />

Vertreter jener Zunft, deren Künste derart gewagt, verrückt und wundersam waren,<br />

dass sie selbst als „Teufelskerle“ angesehen wurden. Ob gebildet, welterfahren oder<br />

selbst trickreich, sie alle konnten <strong>Faust</strong>s Kunst sich weder erklären, noch waren sie in<br />

der Lage, seine Kunst als Täuschung zu entlarven.<br />

Ob die Frage nach der seltsamen Kunst <strong>des</strong> Dr. <strong>Faust</strong>us eine andere Antwort fände,<br />

so man über einige Quellentexte mehr verfügte, es ist fraglich. Selbst in der<br />

Z<strong>im</strong>merischen Chronik, 25 Jahre nach <strong>Faust</strong>s Tod verfasst, haben die Verfasser keine<br />

Erklärung anzubieten. Man sollte meinen, sie hätten inzwischen reichlich Zeit gehabt,<br />

Abstand zu gewinnen, <strong>Faust</strong> und seinen Tricks auf die Schliche zu kommen; sie bieten<br />

ein Gespenst, das er den „münchen zu Lüxha<strong>im</strong>“ einst angehängt haben soll. Die<br />

übrigen diesbezüglichen Textstellen der Chronik sind ein hilfloses Schulterzucken:<br />

„… ein wunderbarlicher nigromanta gewest, … der auch sovil seltzamer hendel gehapt<br />

hat hin und wider, das sein in vil jaren nit leuchtlichen wurt vergessen werden. Der bös<br />

gaist, den er in seinen lebzeiten nur sein schwager genannt … vilen wunderbarlichen<br />

sachen, die er bei seinem leben geiebt, darvon auch ain besonderer tractat wer zu<br />

machen.“<br />

Hättet Ihr doch das „tractat“ gemacht, diese Abhandlung über die „vielen wunderbarlichen<br />

sachen“ geschrieben, möchte man den Autoren zurufen. Zu deren<br />

Entschuldigung ist festzustellen, sie mühten sich, sie nahmen wiederholt Anlauf, um<br />

endlich die „wunderbarlichen Sachen“ aufzuschreiben – das Resultat ist ein schwarzes<br />

Loch. Das ist umso erstaunlicher, als der Hauptautor der Z<strong>im</strong>merischen Chronik, Graf<br />

Froben Christoph, sich intensiv mit magischen Schriften und Praktiken beschäftigt<br />

hatte, die ihn schließlich, wie er selbst in der Chronik berichtet, nach Angiers in die<br />

„kuntschaft“ eines Hieron<strong>im</strong>o Laurino geführt hatten: „do fand er bei demselbigen erst<br />

die rechten autores, die sonst an wenig orten zu sehen sein, als nemlich die libros<br />

Hermetis von den vier und zwanzig figuren nach den stunden, <strong>des</strong> Ptolomei von den<br />

sigln und ringen, <strong>des</strong> Arnoldi de Novavilla von den zwelf sigeln, <strong>des</strong> Bayelis, Balenis,<br />

Behencetri, Thebitis, Bencorati, auch Petri de Albano von den figuren und sigeln und<br />

ringen, von mancherlai arten und tugenden. Zu dem allem stande <strong>im</strong> zue (hatte er<br />

Zugriff) der recht clavicula (Schlüssel), den man nempt Salomonis, auch die rechten<br />

scripta <strong>des</strong> Cornelii Agrippe, von der ha<strong>im</strong>lichen und verborgnen philosophei.<br />

Diese büecher warden ainsteils so tags, so nachts abgeschrieben.“<br />

Dazu aus „<strong>Faust</strong> – Spuren eines gehe<strong>im</strong>nisvollen Lebens“ von Günther Mahal: „Hier<br />

hat man einen Katalog magischer Schriften beisammen, wie er in dieser Voll-<br />

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