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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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An sich wollte der Kaiser nach seinem Sieg über den Schmalkaldischen Bund den<br />

Beschluss <strong>des</strong> Konzils von Trient durchsetzen, was Melanchthon allerdings abwenden<br />

konnte, er stellte fest, dass der Konzilsbeschluss fehlerhaft war. Nachdem der Kaiser<br />

jedoch nicht darauf verzichten wollte, Deutschland wieder eine einheitliche Religion zu<br />

geben, gab er die Ausarbeitung <strong>des</strong> Augsburger Inter<strong>im</strong>s in Auftrag.<br />

Dieses Inter<strong>im</strong> war in seinem Ritus und Glaubensbekenntnis ein gleichsam<br />

verwässerter Katholizismus, eine Vorspiegelung von Reformen, mit dem Ziel den<br />

Protestantismus zu verwässern, um die Protestanten wieder nach Rom zu rudern.<br />

Am 15. Mai 1548 befahl der Kaiser den besiegten protestantischen Fürsten die<br />

Umsetzung <strong>des</strong> Inter<strong>im</strong>; für Württemberg befahl er gar die Zwangs-Rekatholisierung.<br />

Am 3. Okt. 1548 schreibt Melanchthon jenen bereits zitierten Brief an Kilian Goldstein<br />

in Halle: Auf der Pegauer Konferenz verwarf er den Rechtfertigungsartikel <strong>des</strong><br />

Augsburger Inter<strong>im</strong>s. (2) Halle solle das Inter<strong>im</strong> ablehnen. Am Rhein beging ein<br />

Priester wegen der Annahme Selbstmord. Die Herzöge Barn<strong>im</strong> und Philipp von<br />

Pommern samt ihren Untertanen und Markgraf Johann von Brandenburg-Küstrin<br />

lehnten es ab. Dasselbe erwarte er von den niedersächsischen Städten.<br />

Die Position Melanchthons ist Anfang Oktober 1548 klar: er ist gegen das angeordnete<br />

Inter<strong>im</strong>.<br />

Doch am 21. Okt. 1548 schreibt sein Kollege und Professor Matthias Flacius in<br />

Wittenberg an Melanchthon in Wittenberg: Augustin Schurff warnte vor seinem Tod <strong>im</strong><br />

vergangenem Mai vor denen, die Melanchthon wie früher zum Irrtum verführen. Doch<br />

damals konnte ihn Luther wieder aufrichten. Der Kurfürst Moritz von Sachsen soll auf<br />

Veranlassung <strong>des</strong> Kurfürsten Joach<strong>im</strong> II. von Brandenburg und <strong>des</strong> König Ferdinands<br />

Religionsveränderungen planen. Jedenfalls will man Melanchthon missbrauchen.<br />

Bereits Gerüchte über Zugeständnisse, vor denen Flacius warnt. Jede Änderung wird<br />

Ärgernisse hervorrufen.<br />

Und tatsächlich, einen Monat später, am 20. Nov. 1548 lässt der Kurfürst wissen, dass<br />

er wünscht, man solle, soweit es mit gutem Gewissen möglich ist, dem Inter<strong>im</strong><br />

nachgeben, um größeren Schaden für Kirche und Land zu verhüten.<br />

Am Tag darauf notiert Melanchthon <strong>im</strong> Brief an Paul Eber: Heute übergeben die<br />

(Wittenberger) Theologen eine Verteidigung gegen die Beschuldigung der Räte, ihre<br />

Hartnäckigkeit schade dem Vaterland.<br />

Und noch mal einen Tag später schreiben Melanchthon und seine Kollegen in Dok.<br />

5357 vom 22. Nov. 1548 an die kurfürstlichen Räte: Nur noch Chrisma (Salböl) und<br />

Messkanon sind strittig. … bis zur äußersten Gewissensgrenze nachgegeben, um<br />

Gehorsam gegen den Kaiser zu zeigen, und werden ihr Verhalten vor dem Volk nur<br />

schwer rechtfertigen können.<br />

Melanchthon, unter dem Eindruck der Niederlage der protestantischen Fürsten, zudem<br />

durch seinen Bruder informiert, wie die kaiserliche Soldateska in Württemberg haust,<br />

dazu in Angst um das Fortbestehen <strong>des</strong> Protestantismus, freilich auch vom Hof unter<br />

Druck gesetzt, hatte also weitreichende Zugeständnisse gemacht. Einmal über den<br />

Pr<strong>im</strong>at <strong>des</strong> Papstes, sodann hinsichtlich der Wiedereinführung von Riten, die für<br />

Melanchthon lediglich unbedeutende Adiaphora sind.<br />

Adiaphora sind Zutaten wie Bilder, Prozessionen, Heiligenverehrung, Messgewänder<br />

und dergleichen mehr.<br />

Später wird er ratsuchenden Pastoren raten, so es nicht anders ginge, solle ein Pastor<br />

eben den geforderten Chorrock wieder anziehen, denn es gehe um Inhalte, nicht um<br />

Äußerlichkeiten. Um die Auflagen <strong>des</strong> Inter<strong>im</strong>s zu unterlaufen, werden andere viel<br />

weiter gehen, sie werden empfehlen, die gefordeten Gebete zu murmeln – also<br />

Blasphemie zu üben. Überhaupt ergibt die Umsetzung <strong>des</strong> Inter<strong>im</strong>s ein wild gemischtes<br />

Bild. Neben Fürstentümern, in welchen es nicht umgesetzt wird, finden sich Gebiete –<br />

vornehmlich am Rhein, in welchen es voll umgesetzt wird, was zur Vertreibung und<br />

Flucht vieler Pastoren führt – die Melanchthon meist nach Ungarn weiter schickte, <strong>des</strong><br />

weiteren finden sich Städte und Landschaften, in welchen es in Teilen nach jeweiligem<br />

Gutdünken, von Stadt zu Stadt völlig verschieden, realisiert wird.<br />

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