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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Allgemeinmediziner gewesen sein, zuständig für Hautkrankheiten, Magen- und<br />

Darmbeschwerden, Erkältung und Fieber. Gutmöglich hat er auch als Wundarzt<br />

gearbeitet; anders als heute dürfte es sich wohl dabei meistens um Schnitt- und Stichwunden<br />

gehandelt haben; jedermann war bewaffnet, dazu wurde über die Maßen<br />

getrunken – Raufhändel gehörten zum Alltag.<br />

Die ärztliche Kunst hat wahrscheinlich auch <strong>Faust</strong> nicht reich gemacht, gemäß seiner<br />

Zeit hat er sie wohl als zusätzliche Verdienstmöglichkeit betrieben. <strong>Faust</strong>, also nur ein<br />

Kräuterarzt? Aus heutiger Sicht gilt seine Zeit als die Blüte der Pflanzenheilkunde.<br />

*<br />

Nachhall einer Provokation – die Entwicklung der <strong>Faust</strong>-Literatur<br />

Wahrnehmung und Betrachtung <strong>des</strong> historischen Johann Georg <strong>Faust</strong> <strong>im</strong> Wandel der<br />

Zeiten, sein Weg in der Literatur – ein Überblick.<br />

„…die Stuben voller Blut gesprützet, das Hirn klebte an der Wand, weil ihn der Teufel<br />

von einer Wand zur anderen geschlagen hatte. Es lagen auch seine Augen und etliche<br />

Zähne allda, ein gräulich und erschrecklich Spektakel. Da huben die Studenten an, ihn<br />

zu beklagen und zu beweinen, und suchten ihn allenthalben. Letztlich funden sie<br />

seinen Leib heraußen bei dem Miste liegen, welcher gräulich anzusehen war, dann<br />

ihme der Kopf und alle Glieder schlockerten…“<br />

So die Schilderung von <strong>Faust</strong>s gewaltsamen Tod, in der „Historia von D. Johann<br />

<strong>Faust</strong>en dem weitbeschreytem Zauberer und Schwartzkünstler“, gedruckt bei Johann<br />

Spiess zu Frankfurt am Main <strong>im</strong> Jahre 1587.<br />

Die „Historia“, das erste der „Volksbücher vom Doctor <strong>Faust</strong>“, wird zum Bestseller –<br />

mehr als zwanzig Mal wird nachgedruckt, und wie zuvor „Der Ulenspiegel“ und „Das<br />

Narrenschiff“, wird auch dieses Werk begeistert <strong>im</strong> Ausland aufgenommen. In London<br />

schreibt Christopher Marlowe das Theaterstück „The Tragicall History of the Life and<br />

Death of Doctor <strong>Faust</strong>us“; ein Werk, das zweihundert Jahre später den Rahmen für den<br />

Goetheschen <strong>Faust</strong> liefern wird.<br />

Zwischen <strong>Faust</strong>s Tod und der „Historia“ liegt ein halbes Jahrhundert. Zeit genug, wie<br />

man annehmen möchte, dass sich sein selbst gestrickter Mythos verflüchtigt hätte.<br />

Doch die gruselig wundersamen Geschichten seines ungewöhnlichen Lebens waren<br />

nicht nur weiter gereicht und fortlaufend mit schaurigen Zutaten angereichert worden,<br />

seit etwa 1560 waren erste bescheidene, schriftliche Erzählungen <strong>im</strong> Umlauf.<br />

Mehr als zu seinen Lebzeiten war <strong>Faust</strong> Teil <strong>des</strong> allgemeinen Bewusstseins geworden.<br />

Schauermärlein allein hätten das nicht bewirkt, unsterblich machte ihn erst sein<br />

spektakulärer Tod. Denn dass der Teufel ihn tatsächlich an die Wand geschlagen und<br />

sich die Seele geholt hatte, das erhob alle phantastischen Geschichten, die ihn bereits<br />

zu Lebzeiten umgaben, zu „Tatsachen“. Sein „elendiglicher Tod“ war „Beweis“, dass es<br />

tatsächlich einem Menschen gelungen war, die Grenzen menschlicher Existenz zu<br />

sprengen und sich den H<strong>im</strong>mel auf Erden zu bereiten. Doch um welchen Preis?<br />

Willentlich wie wissentlich hatte er sein ewiges Seelenheil gegen eine kurze Spanne<br />

irdischer Genüsse verkauft. Ein Vorgang, der für die Menschen der Frühen Neuzeit<br />

schlicht unfasslich war, wenngleich er auch etwas Faszinieren<strong>des</strong> an sich hatte, sie<br />

jedoch tief bewegt und verwirrt haben muss. Dem Schrecken mischte sich<br />

Bewunderung bei. <strong>Faust</strong> hatte ein Leben nach seinen Vorstellungen gelebt, sich wenig<br />

um die Grenzlinien mittelalterlicher Hierarchie und Bildung geschert, hatte Umgang mit<br />

Bischöfen wie mit dem Volk gepflegt, kleinen Leuten – so wurde zumin<strong>des</strong>t später<br />

erzählt – oft geholfen, den Herren dagegen eine lange Nase gezeigt.<br />

Die seinerzeit posthum gepflegte Wahrnehmung seiner Person <strong>im</strong> Volk ist mit<br />

Schabernak-Geschichten dokumentiert: in einer Zeit zunehmender Entrechtung nahezu<br />

aller Volkschichten, beginnt sich das Bild <strong>des</strong> Teufelsbündners zu einem „Robin Hood“<br />

zu veredeln.<br />

Es wird Mode, bei allen sich bietenden Festen, sich als Teufel, Engel oder Zauberer zu<br />

verkleiden. Offenkundig ist der Schrecken dem Spaß und der Bejahung gewichen. Die<br />

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