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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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sie hereinbrach, eine Zeit <strong>des</strong> Wohlstands, freilich auch <strong>des</strong> Reichtums und der<br />

Einflussnahme erfahren hatten. Ebenso, dass nicht wenige der Juden in hohe Ämter<br />

aufgestiegen waren und in ihrer Eigenschaft als welterfahrene Kaufleute auch als<br />

Unterhändler und Diplomaten unterwegs gewesen waren.<br />

Ebenso dürfte nachvollzeihbar sein, dass der Adel sich mit den politisch und<br />

geschäftlich bedeutenden Juden gut zu stellen suchte, ebenso wie diese wiederum<br />

nach Verbindungen mit dem hochangesehenen Adel strebten – ein Geschäft, Heiraten<br />

inklusive, auf Gegenseitigkeit.<br />

Nun wird man nicht allein wegen der fehlenden Nachweise diesem Bündel von<br />

„Naheliegendem“ widersprechen, sondern auch wegen der unterschiedlichen Religion<br />

und der Ausgrenzung der Juden. Was die Urkundenlage in dieser Zeit betrifft, so sind<br />

die Nachrichten aus diesen Jahrhunderten derart dünn, ein Historiker klagte: „Wir<br />

kennen jeden Stein <strong>des</strong> Römischen Reiches, doch von dieser Zeit wissen wir kaum<br />

etwas“. Was die Religion angeht, so ist die Sichtweise eines Politikers oders eines<br />

Reichen bekanntermaßen eine bedeutend andere als die eines Armen. Und was die<br />

Ausgrenzung betrifft, so beginnt sie erst mit dem Laterankonzil von 1179: „Es ist den<br />

Gläubigen untersagt, <strong>im</strong> Kreise der Ungläubigen zu wohnen.“ Das dann ummauerte<br />

und verschlossene Ghetto wurde <strong>im</strong> Jahr 1555 durch Papst Paul IV, mit der Bulle „Cum<br />

n<strong>im</strong>is absurdum“ befohlen; Papst Paul IV. war zuvor als Großinquisitor Pietro Caraffa<br />

tätig gewesen. Die Bulle „Cum n<strong>im</strong>is absurdum“ ist Teil eines Bündels entschiedener<br />

Maßnahmen, mit welchen Rom auf den beschlossenen Religionsfrieden von 1555<br />

reagierte; der Protestantismus war fortan Fakt, Roms Gangart wurde hart.<br />

Von 1096 bis 1179, den Jahren zwischen dem ersten Kreuzzug und dem 3. Laterankonzil,<br />

verloren die Juden ihre Privilegien, damit freilich auch Ämter und die Möglichkeiten<br />

politischer Einflussnahme. In der Zeit zwischen dem 3. Laterankonzil von 1179<br />

und dem 4. Laterankonzil von 1215 ergeht dann eine Reihe von Anweisungen, die<br />

jüdisches Leben <strong>im</strong>mer weiter einschränken. Nicht allein das Tragen <strong>des</strong><br />

Judenzeichens wird Pflicht, mit dem Verbot Christen zu beschäftigen, werden sie zur<br />

Aufgabe ihrer Manufakturen und landwirtschaftschaftlichen Betriebe gezwungen. Dazu<br />

drängt man sie aus dem Fernhandel; so verweigerte Venedig die Verfrachtung ihrer<br />

Waren. Mit dem gleichzeitigen Verbot Geld gegen Zinsen auszuleihen, geht Christen<br />

das Kreditgeschäft verloren, ein „sündhafter“ Erwerbszweig, in welchen nun die Juden<br />

– gezwungenermaßen – tätig werden; ihnen ist das Zinsnehmen vom Alten Testament<br />

her erlaubt.<br />

Mit dem zweiten Kreuzzug <strong>im</strong> Jahr 1146 war es erneut zu Übergriffen und<br />

Ermordungen gekommen und bis zum Ende jenes Jahrhunderts rissen die Wellen der<br />

Gewalttätigkeiten nicht ab.<br />

Es liegt nahe, dass auch in dieser Phase, einem Szenario von Schutzlosigkeit und<br />

harter gesetzlicher Beschränkungen, sich die Juden um Verbindungen zum örtlichen<br />

Adel bemühten.<br />

Was der hochangesehene Adel in einer Situation ärgster Bedrängnis leisten konnte,<br />

wird an einem Vorgang deutlich, wie er sich damals nahezu tagtäglich ereignete.<br />

Am 8. Mai 1147 überfielen Banden die jüdischen Gemeinden von Ramerupt; in der<br />

Region Champagne-Ardenne gelegen. Dabei drangen sie auch in das Haus <strong>des</strong> Rabbi<br />

Jakob Tam ein, zerfetzten die Heiligen Schriften, und nur das Dazwischentreten eines<br />

Ritters verhinderte, dass der Rabbi erschlagen wurde.<br />

Juden gab es nach 1215 nur noch in den Städten, doch auch der Adel zog inzwischen<br />

das Leben in der Stadt – freilich in einem repräsentativem Bau, dem Leben auf seiner<br />

Burg vor; etwa 3000 Städte waren um 1200 auf Befehl der Lan<strong>des</strong>herren gegründet<br />

worden.<br />

Der Adel wohnte also vor Ort und nichts muss einem betuchtem jüdischen „Wucherer“,<br />

in seinem Bemühen um den Schutz und den Erhalt seiner Familie – eventuell auch der<br />

gesamten jüdische Gemeinde dienlicher erschienen sein, als eine seiner Töchter mit<br />

einem Adeligen zu verheiraten. Der Adelige selbst profitierte von der Mitgift, dazu war<br />

er auch weiterhin kreditwürdig, seine Frau sorgte dafür, dass das geliehene Kapital an<br />

ihre Verwandtschaft zurück bezahlt wurde.<br />

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