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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Teufels“ noch <strong>im</strong>mer Platon, Jesus Christus, Ezra und Aristoteles um sich, nicht<br />

auszuschließen, dass seit Abt Trithemius die erlesene Revuetruppe noch um einige<br />

Größen der Geistesgeschichte erweitert wurde.<br />

Nichts anderes gilt wahrscheinlich für seine knallfetzig-frechen Sprüche: “Dass er in der<br />

Alchemie von allen, die je gewesen, der Vollkommenste …“<br />

Mutianus wettert: „Gegen ihn sollten sich die Theologen erheben“.<br />

<strong>Faust</strong> muss am Programm seiner Show kräftig gearbeitet haben, Auspeitschung allein<br />

genügt nicht mehr, inzwischen braucht es eine Erhebung der Theologen.<br />

„Ein bloßer Prahler und Narr … Ich hörte ihn <strong>im</strong> Wirtshaus schwatzen … was kümmert<br />

mich fremde Torheit?“ Wir erfahren nicht, was <strong>Faust</strong> in Erfurt schwatzte, doch er muss<br />

wieder böse die Klippen der Anmaßungen geschrammt haben.<br />

Dafür, dass Mutianus sich angeblich um „fremde Torheit“ gar nicht kümmert, und <strong>Faust</strong><br />

„ein bloßer Prahler und Narr ist, <strong>des</strong>sen Kunst, wie die aller Wahrsager, eitel und<br />

<strong>des</strong>sen Physiognomie leichter als eine Wasserspinne ist“, dafür tut Mutianus diesem<br />

Wahrsager jedoch deutlich Ehre an; nicht dass er <strong>Faust</strong> auf die hohe Stufe <strong>des</strong> Streits<br />

um Reuchlin und die Verbrennung jüdischer Schriften stellt, doch <strong>im</strong>merhin soweit,<br />

dass er das, was <strong>Faust</strong> in der Öffentlichkeit von sich gibt, für min<strong>des</strong>tens genauso<br />

schl<strong>im</strong>m hält, wie das, was die dominikanischen Inquisitoren in den jüdischen Büchern<br />

vermuten.<br />

„Ich habe seine Anmaßung nicht gestraft“ schreibt Mutianus. Nun gut, was sollte er<br />

auch anderes tun, nachdem es selbst ihm, dem Gebildeten, die Sprache verschlagen<br />

hat.<br />

Was <strong>Faust</strong> zum Besten gibt, wissen wir recht gut aus dem Brief <strong>des</strong> Trithemius. Doch<br />

das kann nicht der alleinige Grund sein, warum Mutianus die Segel streicht und sich<br />

abwendet.<br />

<strong>Faust</strong> muss diesen gesammelten Unfug mit einer Selbstverständlichkeit verbreiten, mit<br />

einer St<strong>im</strong>me unerschütterlicher Überzeugung sprechen, als eine Autorität auftreten,<br />

gleich einem Fels in der Brandung. Sein Selbstbewusstsein muss enorm sein, in<br />

seinem Panzer ist kein Riss. Er entwaffnet selbst Autoritäten und lässt sie resignieren.<br />

Es liegt auf der Hand, mit großen Sprüchen allein kann man die Menschen nicht<br />

faszinieren, es braucht einen Gegenwert, ein Äquivalent an Tat, die <strong>Faust</strong>s freche<br />

Behauptungen aus dem Sumpf marktschreierischer Behauptungen heraus und hinein<br />

in die Welt <strong>des</strong> denkbar Möglichen hob.<br />

Es können also keine Taschenspielertricks, keine Gaukeleien gewesen sein.<br />

Möglicherweise führte <strong>Faust</strong> chemische Effekte vor, Kristalle, die sich verfärben,<br />

pulverisierte Substanzen, die sich scheinbar selbsttätig verflüssigen.<br />

Doch nicht allein, so man sich seine Sprüche betrachtet, dann reflektieren sie weniger<br />

etwas Physisches als viel mehr eine geistige Substanz.<br />

Da sind einmal die Angaben <strong>des</strong> Trithemius, dass er das Wissen und Gedächtnis aller<br />

Weisheit erreicht habe, dass er die Philosophie wie ein Esra wieder herstellen wolle,<br />

dass die Wunder unseres Erlösers Christi nicht anstaunenswert seien.<br />

In Rebdorf behauptet <strong>Faust</strong>, ein Prophet zu sein, und Begardi berichtet, <strong>Faust</strong> habe<br />

sich als „Philosophus Philosophorum“ bezeichnet.<br />

Anders gesagt, ein Kaninchen hervor zu zaubern und wieder verschwinden zu lassen,<br />

lässt nicht zu, sich die Behauptung anzumaßen, die Wunder <strong>des</strong> Erlösers seien nicht<br />

anstaunenswert; es handelt sich dabei um zwei völlig verschiedene Ebenen.<br />

Abgesehen davon, es gab damals derart viele, der Not gehorchende, wagemutige<br />

Turner, Fechter, Jongleure, von keinem von ihnen sind Sprüche bekannt, wie <strong>Faust</strong> sie<br />

in die Welt stellte. Zwangsläufig, weil es dabei, wie gesagt, um völlig verschiedene<br />

Inhalte geht; ein kühner Sprung mit zwei gleichzeitig gegen die Kehle gerichteten<br />

Schwertern hat nichts mit der Wiederherstellung <strong>des</strong> „Wissens und Gedächtnisses aller<br />

Weisheit“ gemein.<br />

<strong>Faust</strong> arbeitete auch als Astrologe, ebenfalls eine geistige Tätigkeit, für die allerdings in<br />

einem Wirtshaus oder auf einem Marktplatz gewiss nicht der rechte Ort ist.<br />

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