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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Evangelium gegenseitig umzubringen; neben „multorum diabolorum“ kommen auch<br />

„porci“ und „asini“ und „ander geschmeiß gar vil“ darin reichlich vor.<br />

Der kommende Autor, der sich der Figur „Melanchthon“ annehmen möchte, sollte<br />

zudem Kenntnisse <strong>des</strong> Altgriechischen mitbringen. Denn gelegentlich verfasste<br />

Melanchthon seine Briefe auf altgriechisch und zwar <strong>im</strong>mer dann, wenn er meinte, dass<br />

der Inhalt sich wirklich nur dem Empfänger eröffnen sollte; wie zum Beispiel die<br />

Schilderung der Vorgänge bei Luthers Heirat. Am 16. Juni 1525 schreibt Melanchthon<br />

darüber an Camerarius: Zu einem Zeitpunkt, da doch die Unruhen (Bauernaufstand)<br />

<strong>des</strong>sen volle Aufmerksamkeit und Autorität erfordert hätten. Er räumt ein, dass die<br />

ehemalige Nonne Luther umgarnte, bestreitet aber das Gerücht der vorherigen<br />

Entjungferung. Luther sei gedemütigt, was nicht so schlecht sei, er erwarte von der Ehe<br />

eine beruhigende Wirkung auf Luther. Die Ehe ist naturnotwendig und gottgewollt.<br />

„MBW“ kann übrigens online gelesen werden, nach Aufruf von „Melanchthon<br />

Forschungsstelle“ findet sich „MBW“ über den Klick auf „Regesten“.<br />

„MBW“ umfasst eine Zeitspanne von mehr als 40 Jahren, deren zweite Hälfte in die Zeit<br />

nach <strong>Faust</strong> fällt. Der Briefwechsel liefert also einen Teil <strong>des</strong> Bühnenbilds zu <strong>Faust</strong>s<br />

Lebzeiten, nachfolgend erzählt er gleichsam wie es weiterging.<br />

Die Wiedergabe eines Briefes stellt sich in „MBW“ dar wie folgt:<br />

6461 (Wittenberg), 1.Juni 1552<br />

M. an Georg Maior (in Eisleben)<br />

>6435 (1) Eine Seuche breitet sich in (Wittenberg) aus, die M. aufgrund einer Konstellation<br />

befürchtete. Die Verlegung der Universität wird erwogen (>6462.1). (2) Ein<br />

wütender Angriff (Andreas Osianders) auf M. (>6399.4). M. will antworten. Er stellt sich<br />

dem Urteil der Gemeinden. (3) Gebet um Frieden. M. sieht Anzeichen dafür (>6449.2).<br />

>6465<br />

CR 7, 1009 Nr.5128<br />

Es handelt sich also um das Dokument Nr. 6461, <strong>des</strong>sen Wiedergabe mit mehreren<br />

Hinweisen auf andere Dokumente versehen wurde. Die Fußnote CR besagt, dass der<br />

Brief zum „Corpus Reformatorum“ gehört.<br />

„MBW“ vermittelt anschaulich, wie mühsam die Anfänge <strong>des</strong> Protestantismus waren.<br />

Nicht allein, dass die protestantischen Fürsten und Städte sich über Jahrzehnte hinweg<br />

in einen zunächst schwelenden, später offenen Konflikt mit dem Kaiser begaben, es<br />

blühte das Sektieren und schier unüberwindbar waren die organisatorischen Probleme.<br />

Pastoren, die aus dem Amt laufen, ihnen ist das Entgelt zu minder; Pastoren, die<br />

schlicht über Nacht verschwinden; ungebildete Pastoren; Pastoren, die von Luther nur<br />

soviel verstanden haben, dass sie <strong>im</strong>merfort gegen den Papst und die Bischöfe<br />

wettern; Gemeinden, die ihren Pastor davonjagen, weil er verheiratet ist; Gemeinden,<br />

die unter Bildern feiern; Gemeinden, welche die Bilder in der Kirche abhängen – und<br />

versteigern.<br />

Aus „MBW“ erfährt man, die Reformierung wurde keineswegs erstmalig in Nürnberg<br />

umgesetzt, sondern bereits 1521 in Liv.- Est.- und Kurland. In Brief Nr. 429 berichtet<br />

Johannes Oekolampad über das Wüten der Fürsten und Bischöfe nach dem Bauernkrieg,<br />

über die Zerstörung Weinsbergs, über den Tod und das Exil vieler seiner<br />

Freunde und, dass die Evangelischen nach dem Aufstand weiterhin umgebracht<br />

würden – he<strong>im</strong>lich. Aus „MBW“ geht hervor, dass bis zum Jahr 1530, also weit nach<br />

dem großen Bauernkrieg, sich wiederholt in einigen Landstrichen bewaffnete Bauern<br />

zusammenfanden, dazu wurden Brandstiftungen verübt.<br />

Man erfährt, dass Papst Hadrian be<strong>im</strong> Nürnberger Reichstag 1522 / 23 durch<br />

Francesco Chieregati die Beseitigung der schl<strong>im</strong>msten kirchlichen Missstände, der<br />

sogenannten Wormser Gravamina an sich versprochen hatte, das Anliegen der<br />

Protestierenden zumin<strong>des</strong>t am Vorabend <strong>des</strong> Bauernaufstands noch in Teilen für<br />

berechtigt hielt.<br />

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