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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Die Stadtknechte hatten den Auftrag, jeden Verdächtigen, jede zweifelhafte Person<br />

sofort zu ergreifen. Auch konnte jedermann einen Verdächtigen den Behörden<br />

zuführen, es brauchte dazu keine Straftat, der Verdachtschöpfer brauchte sechs<br />

Ei<strong>des</strong>helfer, die bezeugten, dass der Verdächtige vermutlich ein landschädlicher Mann<br />

sei. Der Verdächtige war damit so gut wie verurteilt.<br />

Und je größer die Stadt, <strong>des</strong>to schneller reagierte der Rat, umso entschiedener griff die<br />

Policey auch zu; die große Stadt Nürnberg war dafür, man darf sagen, berüchtigt.<br />

Wenn Begardi, der Stadtarzt von Worms schreibt, „Wie vil aber mir geklagt haben, dass<br />

sie von jm seind betrogen worden, deren ist eyn grosse zal gewesen“, dann darf man<br />

annehmen, <strong>Faust</strong> hat diese Betrügereien – soweit sie justiziabel waren, nicht <strong>im</strong><br />

Geltungsbereich der Stadt Worms begangen.<br />

Städtische Aufsichtsbeamte hatten ohnehin ein scharfes Auge auf fahren<strong>des</strong> Volk.<br />

Kräuterfrauen oder Leute, die Arbeit suchten, waren eine Sache, wenn auch bereits<br />

verdächtig. Unbeliebt waren Bettler, sie belasteten die städtische Armenküche, fremde<br />

Bettler wurden <strong>des</strong>halb rasch zur Stadt hinaus gejagt, und einer wie <strong>Faust</strong>, der<br />

ungezogene Reden führt, tagelang ein Spektakel veranstaltet, der sollte schauen …<br />

anderseits, was der da bot, das ging tatsächlich mit dem Teufel zu.<br />

Der Aberglaube und die damit verbundene Unsicherheit und Furcht ließen gewiss nicht<br />

wenige Male die Amtleute zögern, und <strong>Faust</strong> hat deren Zögerlichkeit sicherlich zu<br />

nutzen gewusst.<br />

Städte von der Größe Erfurts gab es nicht sehr viele, die meisten Städte, etwa 2000 an<br />

der Zahl, waren nicht größer als Knittlingen. Und <strong>Faust</strong> hat vermutlich die meisten von<br />

ihnen besucht, also weite Teile <strong>des</strong> damaligen Deutschlands bereist, - weil er von<br />

Stadtreg<strong>im</strong>entern zur unerwünschten Person erklärt worden war, - weil er keinen<br />

zweiten Besuch wagte, da er es bei seinen Betrügereien zu arg getrieben hatte.<br />

Ohne Frage hat er bei einem Auftritt wie in Erfurt Geld eingesackt; ein solcher Auftritt<br />

war aber lediglich die Le<strong>im</strong>rute, an welcher die wirklich großen Fische kleben blieben.<br />

Ein reicher Bauer will einen Acker an sich bringen, ein anderer sucht Hilfe gegen einen<br />

Geist, ein Adeliger bildet sich ein, dass einst der Ahne Rangbold einen Schatz in der<br />

Burg vergraben ließ. Gier und Angst treibt sie, sie alle suchen nach <strong>Faust</strong>s Auftritt ein<br />

Gespräch mit ihm, sie bitten <strong>Faust</strong> um seinen Besuch.<br />

Begardi schreibt: „doch hat er sich <strong>im</strong>m gelt nehmen, oder empfahen – das ich auch<br />

recht red, nit gesaumpt.“<br />

<strong>Faust</strong> hat also Geld genommen, das heißt einen Betrag genannt, er hat jedoch auch<br />

„empfahen“, also Geld empfangen, das er nicht forderte, das man ihm aufdrängte.<br />

<strong>Faust</strong> muss mit dem, was er in einer Stadt demonstrierte, derart überzeugend gewesen<br />

sein, einige seiner Zuschauer kannten sich selbst nicht mehr. Sie konnten nicht mehr<br />

anders, sie wussten einfach, dieser Mann war ihre große Chance: „Jetzt oder Nie!“<br />

Über das Ergebnis dieses untrüglichen Instinkts und mannhaften Entschlusses<br />

berichtet Begardi: „aber die that, wie ich noch vern<strong>im</strong>m, vast kleyn vnd betrüglich<br />

erfunden.“<br />

Betrugsgeschichten aus der Zeit <strong>des</strong> <strong>Faust</strong> berichten von Schädigungen, Beträge von<br />

100 Gulden waren dabei nichts ungewöhnliches, auch der Betrug um bis zu 1000<br />

Gulden war kein Einzelfall.<br />

Die <strong>Faust</strong>forschung beklagt die Leerstellen seines Lebens. Diese Leerstellen sind<br />

gewiss auch die Folge <strong>des</strong>sen, dass <strong>Faust</strong> <strong>im</strong> Einzugsbereich einer Stadt es sich sehr<br />

gut überlegen musste, wie weit er ging, er sich eher zurückhaltend gab,<br />

beziehungsweise gar nicht öffentlich auftrat, weil er lediglich jemand besuchen wollte,<br />

oder ein publikumswirksamer Auftritt sich sogar verbot, da er mit einer bedeutenden<br />

Person in Verbindung stand. Was wiederum darauf schließen lässt, <strong>Faust</strong> hatte zur Zeit<br />

seines Auftritts in Erfurt keinen nennenswerten Kontakt zu einer Persönlichkeit in Erfurt.<br />

Wir wissen aus den Briefen <strong>des</strong> Trithemius sowie <strong>des</strong> Mutianus, was <strong>Faust</strong> sich innerhalb<br />

einiger Städte leistete – es macht Kopfschütteln. Was mag er dann erst in den<br />

Dörfern getrieben haben? Dort konnte er dann wohl so richtig er selbst sein.<br />

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