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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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<strong>Faust</strong> war einer, bei dem man sich bereits zu <strong>des</strong>sen Lebzeit recht sicher gewesen<br />

war, dass er irgendein Geschäft mit dem Teufel am Laufen hatte. <strong>Faust</strong> hatte bei dieser<br />

Annahme fleißig mitgestrickt.<br />

„Multa dicebant de <strong>Faust</strong>o, welcher den Teufel seynen schwoger hieß…“ notiert<br />

Aurifaber, und die Chronisten der Z<strong>im</strong>merischen Chronik bestätigen es: „der bös gaist,<br />

den er in seinen lebzeiten nur sein schwager genannt“.<br />

Beide Aussagen sind zwar keine Beweise dafür, dass <strong>Faust</strong> sich jemals einer derart<br />

illusterdüsteren Bekanntschaft rühmte, doch sie dürften wohl in der Nähe <strong>des</strong>sen<br />

liegen, was man über <strong>Faust</strong> bereits vor seinem Tod redete. Was freilich von Landstrich<br />

zu Landstrich nicht das Nämliche bedeutete. Galt er soeben noch als „richtiger<br />

Teufelskerl“, war er durch Luther, etwa ab dem Jahr 1525, hundert Meilen weiter ein<br />

„Teufelshurer“.<br />

In den Jahrzehnten <strong>des</strong> jungen <strong>Faust</strong>s gab es einzelne Hexenverbrennungen, Auslöser<br />

waren meist Missernten und Seuchen. Seit der erfolglosen Hexenbulle <strong>des</strong> Jahres<br />

1484 waren Prediger unterwegs, sie wetterten gegen das Unwesen der Hexen; das<br />

Echo in der Bevölkerung war gering. In dieser Zeit wurde allgemein derart überdreht<br />

und grell gepredigt, die scharfen Reden gegen die vielen bösen Hexen bestätigten<br />

lediglich, was man ohnehin wusste. Die Reden stachelten niemand an, erzeugten keine<br />

neue Aufgeregtheit, die Menschen wussten, dass das Böse in vielfätigen Formen um<br />

sie herum präsent war, sie hatten gelernt es zu ertragen, sie lebten damit.<br />

Mit Luther hatte sich die Gangart erheblich verschärft. Runter mit den Heiligenbildern,<br />

weg mit den Götzen, hinaus aus den Kirchen mit allem, was nicht Gottes Wort ist.<br />

Schluss mit den Wahrsagern, den zauberischen Gauklern, den Kristallsehern, allein bei<br />

Gott kann der Mensch Gnade finden, auf Gott allein hat der Mensch sein Sinnen zu<br />

richten, denn die Welt ist voller Teufel. Diese seine Angst vor dem Teufel, in Verbindung<br />

mit der Frage der Vergebung der Sünden, war Luthers mächtigste Triebfeder.<br />

Gestützt auf die Bibel, begriff er sich als autorisiert, die Menschen aus dem Freilauf<br />

fröhlich katholischer Verdummung auf einen Lebensweg hohen Ernstes zu retten.<br />

War Luther nur ein Reformator oder etwa auch ein Revolutionär gewesen? Luther ist<br />

heute zerschrieben und verörtert, er liegt unter einem Bücherberg. Dennoch! Es gibt<br />

etwa 20 Briefe, geschrieben zwischen dem Thesenanschlag von 1517 und 1519,<br />

unterschrieben mit „Eleutherius“, der Freie. Und Luther selbst in dieser Zeit: „Als<br />

Christenmensch bin ich niemand untertan und aller Menschen Knecht.“ Das ist revolutionär!<br />

Doch das Sektieren und Revoluzzern unter den Evangelischen, während es auf<br />

der politischen Bühne für den Fortgang der Reformation fürstliche Unterstützung<br />

brauchte, dazu seine Furcht vor ewiger Verdammnis und seine Frage wie Gottes<br />

Gnade zu erlangen sei, ließen Luther vor den komplexen Fragen irdischer Verteilungskämpfe<br />

wohl resignieren. Anmerkung meines Historikers: „Geheiratet hat er trotzdem.“<br />

Nun, Luther war – dem Sachverhalt angemessen, leicht verwirrt. Am 12. Okt. 1524<br />

schreibt er an Hieronymus Baumgärtner: … wenn Du Deine Käthe von Bora halten<br />

willst, so beeile Dich mit der Tat, ehe sie einem anderen gegeben wird, der bei der<br />

Hand ist; sie hat die Liebe zu Dir noch nicht überwunden. Am 16. April 1525 schreibt er<br />

an Spalatin: Habe ich doch gleich drei Weiber auf einmal gehabt und so tapfer geliebt,<br />

dass ich zwei eingebüßt … die dritte (Käthe) hält nur noch ein schwaches Band …<br />

Bei <strong>Faust</strong>s Tod <strong>im</strong> Jahr 1540 hatte Luther das Leben und Denken in weiten Landstrichen<br />

bereits tief geprägt. Die Nachricht, dass <strong>Faust</strong> der Teufel geholt hatte, muss<br />

Luther gefallen haben. Luther selbst starb 1546.<br />

Neben dem Glauben braucht es auch <strong>im</strong>mer etwas Schriftliches; seit 1536 kursierte der<br />

Brief <strong>des</strong> Abts Trithemius als Flugschrift. Mochten auch die Väter über die frechen<br />

Sprüche <strong>des</strong> <strong>Faust</strong> noch gestaunt, sich daran ergötzt haben, doch was bei Trithemius<br />

zu lesen stand, die Theologie-Studenten in Wittenberg, die künftgen Pastoren, als<br />

junge Bannerträger <strong>des</strong> rechten evangelischen Glaubens konnten sie das nun gar nicht<br />

mehr witzig finden. Obendrein gab es seit 1539 den „Index Sanitatis“ <strong>des</strong> Begardi, dasx<br />

<strong>Faust</strong> gewidmete Kapitel ist überschrieben: „Von den bösen / vngeschaffnen /<br />

vntüglichen / trüfkhafftigen / vnnützen / vnd auch vngelerten ärtzten etc vnd auch / wo<br />

bej man sie erkennen mag“.<br />

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