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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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gekommen, und also excerpierte ich dieselben mit <strong>des</strong>to größern Fleiß und attention<br />

… (Thomasius berichtet sodann von den Einwänden seiner Kollegen) Er fährt fort:<br />

§ 1 (So ich) …in vielen Schrifften, die von der Magie handeln, nachschlage; so muss<br />

ich mich nicht wenig verwundern, dass ich hin und wieder fast nichts als ein unnützes<br />

Geschwätz und Fabeln, nirgends aber was gründliches… (finde.)<br />

§ 2 Der berühmtesten Scribenten so wohl der Catholischen als Protestierenden<br />

Schrifften sind mit allerhand Fabeln von Zauberern und Hexen angefüllet.<br />

Zwar was die päpstlichen Scribenten, sonderlich den Torreblancam, Bodinum, Del Rio<br />

und andere anlanget, darf man sich freylich nicht wundern, dass diese die gelehrte<br />

und kluge Welt mit den abgeschmacktesten und verächtlichsten Mährlein, doch, wie<br />

es scheinet, vielmahl unvorsetzlicher Weise, betrogen …<br />

Zu wünschen wäre es nur, dass von den Scribenten Protestantischer Seiten nicht<br />

eben dieses könte gesaget werden.“ Nachzulesen und zu verifizieren in „Hexen und<br />

Hexenprozesse in Deutschland“ von Wolfgang Behringer, 5. Auflage 2001, S. 446.<br />

§ 4 … Dieweil aber der Kurfürst zu Sachsen einer von den vornehmsten Lutherischen<br />

Fürsten war … diese gemeine Phantasterey in andere Lutherische, ja auch Reformirte<br />

Länder fortgepflantzet worden ... weil Lutherus selbst noch mit vielen Vorurtheilen von<br />

der Macht <strong>des</strong> Satans … eingenommen … gleichwie aus seinen Schrifften …<br />

Tischreden erhellet. Oder weil Philippus Melanchthon nach <strong>des</strong> Lutheri Tod, die<br />

Scholastische (von Dogmen geprägte) Theologie und Philosophie auff den<br />

Protestierenden Academien wieder feste gesetzet … weil etliche Evangelische Lehrer<br />

damahls mit den herrlichen Nutzen (???), wodurch, wie droben gedacht, sich dieser<br />

Irrthum bei den Päbstlichen Theologis sehr beliebt gemacht, und der ihnen gleichfalls<br />

daraus zuwachsen konnte, schon zum voraus geschmecket, und sich solchen<br />

Gefallen lassen; Oder auch, weil die Lutherischen Rechts-Gelehrten ihre Bücher von<br />

den Peinlichen Processen gewohnt waren, als den Päbstlichen Scribenten<br />

gemeiniglich (allgemein) ohne Nachsinnen auszuschmieren und vollzumachen …“<br />

(Die „Carolina“ mit integriertem „Hexenhammer“, auf die sich Fürsten und Kaiser <strong>im</strong><br />

Jahr 1532 geeinigt hatten, besaß ungeachtet der verschiedenen Konfessionen<br />

Gültigkeit <strong>im</strong> gesamten Deutschen Reich.)<br />

§ 47 … so ist genung, dass durch die Cartesianische Philosophie … die nichtige<br />

Einbildung von dem Laster der Zauberei … auff vielen Universtäten … ausgemertzet<br />

worden, man hat auch so leicht nicht zu besorgen, dass sie (die Universitäten) in der<br />

Protestirenden Fürsten Landen zu ihrem vorigen Ansehen wiederum gelangen<br />

werden.“<br />

Ein in vielfacher Hinsicht aufschlussreiches Zeugnis, nicht das einzige in dieser Zeit,<br />

und freilich nicht für die Zeitungen, für die Untertanen gedacht, sondern angefertigt<br />

und untertänigst einer protestantischen Fürstensuite zugestellt.<br />

Im vorliegenden Fall sei insbesondere festgehalten, dass Thomasius 1695 berichtet,<br />

dass „die nichtige Einbildung von dem Laster der Zauberei … auff vielen Universtäten<br />

… ausgemertzet.“ Der Prozess verfügter „Reinigung“ ist also nahezu abgeschlossen,<br />

ein Vorgang, der gewiss nicht plötzlich passierte, sondern wohl um 1650 angedacht<br />

worden war. Interessant ist dabei, dass die „Ausmertzung“ an den Universitäten<br />

offenbar bis dato von hohen Juristen nicht wahrgenommen worden war.<br />

Juristen müssen in der Tat wertkonservative Menschen sein.<br />

Nun hat die Katholische Kirche in der öffentlichen Meinung bekanntlich ein Dauerabonnement<br />

für Mummenschanz und halborientalisches Gepränge, der lutherische<br />

Ableger ist davon – gemäß Vorurteil – frei. Protestanten tragen, Voltaire in Berlin und<br />

entsprechender preußischer Geschichtsschreibung sei Dank, das Attribut „aufgeklärt“.<br />

Derart präsentiert sich in etwa die heutige Sichtweise.<br />

Damals jedoch, nach 1650, in einer Zeit fortschreitendender Aufklärung, müssen in<br />

den evangelischen Chefetagen die Gesichter wohl nicht nur lang und länger geworden<br />

sein, Betroffenheit und eine ungute Ahnung mögen sich ausgebreitet haben. Nun gut,<br />

der Kurfürst von Sachsen, Luther und Melanchthon waren schließlich katholisch<br />

geprägt wesen, doch warum hatten nachfolgende Generationen den Hexenspuk so<br />

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