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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Dagegen gilt die Hexerei als Dämonendienst und als rein kirchliches Vergehen. Wenn<br />

man eine Hexe finde, soll sie in die Kirche geführt und einem Geistlichen empfohlen<br />

werden, der sie zum Fasten und Erlernung <strong>des</strong> Glaubens anhalte.<br />

Werde sie zum andern Mal über demselben Vergehen ergriffen, so solle sie wieder<br />

fasten, darauf aber mit den glühend gemachten Kirchenschlüsseln folgendermaßen<br />

gebrandmarkt werden: … Be<strong>im</strong> dem dritten Betretungsfall solle sie einem weltlichen<br />

Gericht übergeben werden.<br />

Wer Wahrsagerei betreibt, solle vom Bischof mit Geißelhieben auf den rechten Weg<br />

zurückgebracht werden.“<br />

Der Ausdruck „Be<strong>im</strong> dritten Betretungsfall solle sie einem weltlichen Gericht übergeben<br />

werden.“ ist eine Umschreibung für den in der Praxis geübten Vollzug der To<strong>des</strong>strafe<br />

für Hexerei; die Kirche selbst verfügte über keine Blutgerichtsbarkeit, sie brauchte den<br />

weltlichen Arm.<br />

In diesem Gesetzestext ist die To<strong>des</strong>strafe für Hexerei erstmalig belegt; interessant<br />

auch die Unterscheidung zwischen Zauberei und Hexerei, zwischen bürgerlichem und<br />

kirchlichem Verbrechen.<br />

Am 18. Juni 1090 ereignet sich die letzte überlieferte wilde Hexenverbrennung.<br />

Die Bewohner von Vötting verbrennen drei Frauen an der Isar. Priester und Verwandte<br />

bergen die Asche der Ermordeten und begraben sie <strong>im</strong> Vorhof <strong>des</strong> Klosters<br />

Weihenstephan, in der Hoffnung, dass sie in Wahrheit der christlichen Gemeinschaft<br />

würdig seien.<br />

Abgesehen von diesem Bericht aus dem Bayrischen, präsentiert sich die Zeit zwischen<br />

1100 und 1400 dann merkwürdig ereignislos, wilde oder auch „ordentliche“<br />

Hexenverbrennungen scheinen in den Überlieferungen nicht mehr auf.<br />

Autoren, die das Thema „Hexenprozesse“ bearbeiten, nehmen dieses Vakuum nicht<br />

zur Kenntnis oder verweisen auf die Kreuzzüge, die etwas Licht und neue Nachrichten<br />

in die Köpfe der Menschen gebracht hätten.<br />

Oder sollte es gar so gewesen sein, dass mit den Kreuzzügen, der Entsorgung der<br />

Ritter und ihres rauflustigen Anhangs in das Heilige Land, man sich die schl<strong>im</strong>msten<br />

Mordbuben vom Hals geschafft hatte? Die aktuelle Forschung ist sich recht sicher,<br />

dass Kirche und Herrscher gute Gründe hatten, die Ritter auf Jerusalem los zu lassen.<br />

„… unerbittlich geht aller Indienhandel ausschließlich durch türkische und arabische<br />

Hände. Damit … wird nicht nur die Ware verteuert … dem christlichen Handel der<br />

Gewinn abgemelkt … es droht der Überschuss an Edelmetall … abzufließen, da die<br />

europäischen Waren bei weitem nicht den Wert der indischen Kostbarkeiten (Gewürze)<br />

erreichte … Die Kreuzzüge waren keineswegs ein bloß mystisch religiöser Versuch, die<br />

Stätte <strong>des</strong> Heiligen Grabes den Ungläubigen zu entreissen; diese erste euopäischchristliche<br />

Koalition stellte die erste logische und zielbewusste Anstrengung dar, jene<br />

Sperrkette zum Roten Meer zu durchstoßen … (aus „Magellan“, Stefan Zweig, Kap.<br />

Navigare necesse est)<br />

Und: Die Ritter untergruben in ihrer Arroganz die Autorität der Kirche.<br />

Die Ritterschaft respektierte an sich niemand, außer den Kaiser. Stolz und selbstherrlich<br />

trotzte sie der Geistlichkeit, focht ihre blutigen Ehrenhändel und besudelte<br />

absichtsvoll den Tag <strong>des</strong> Herrn: Sonntags wurden die Turniere geritten. Damals noch<br />

mit Blankwaffen, zweifelsfrei auch mit verrücktem To<strong>des</strong>mut und nicht selten mit<br />

tödlichem Ausgang.<br />

Es spricht nichts dagegen, dass die Kreuzzüge Erleichterung brachten; den Rittern und<br />

ihren Gefolgsleuten hatte sich auch eine große Menge Volk angeschlossen; Landlose,<br />

Nichtsesshafte, Abenteurer, entlaufene Knechte. Ein Heerwurm, der sich durch die<br />

christlichen Balkanländer in Richtung Palästina fraß und dabei eine Spur der<br />

Verwüstung auf vierzig Kilometern Breite zurückließ.<br />

Andererseits, ein derart stark verwurzeltes Heidentum, kann nicht plötzlich verschwinden.<br />

Und wie bereits dargestellt, die Volksmagie ist weiterhin quicklebendig, nur<br />

dass eben keine Hexen mehr verbrannt werden. Wo sind Zorn, Verachtung, Schadenfreude<br />

und die Lust am Schauder geblieben? Hatten die Hexen gar ihr „Handwerk der<br />

Schadzauberei“ aufgegeben, weil sie die neuen harten Gesetze fürchteten?<br />

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