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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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„Klappern gehört zum Handwerk, und das Klappern hat er verstanden!“, um dann fortzufahren:<br />

„Mit Knittlingen wäre möglicher Weise einiges ans Licht gekommen – <strong>Faust</strong><br />

hätte nicht mehr geklappert.“ Doch <strong>Faust</strong> war offenbar zuvorderst ein praktischer<br />

Mensch. Mit Knittlingen war kein Staat zu machen, es musste ein „Haidlberg“ sein.<br />

*<br />

„Tuus <strong>Faust</strong>us“ / <strong>Faust</strong> polarisiert die Oberschicht<br />

Es muss innerhalb der Oberschicht eine Reihe von Personen gegeben haben, die<br />

zumin<strong>des</strong>t zeitweise mit <strong>Faust</strong> auf gutem Fuß standen.<br />

„Tuus <strong>Faust</strong>us“ heißt es <strong>im</strong> Brief <strong>des</strong> hochgelehrten Camerarius an den Domherrn<br />

Stibarius, also „dein <strong>Faust</strong>“; das „tuus“ war unter Humanisten für eine Beziehung<br />

„herzlicher Verbundenheit“ gebräuchlich.<br />

„Der Philosophus <strong>Faust</strong>us (es) schier troffen hat.“ schreibt der Konquistador Philipp<br />

von Hutten aus Venezuela, ein Satz, der auf gutes Einvernehmen mit <strong>Faust</strong> deutet.<br />

Nicht zu übersehen ist allerdings, dass <strong>Faust</strong> die Gebildeten auch <strong>im</strong>mer wieder durch<br />

seine Reden empört; fast möchte man meinen, dass ihn geradezu Wut auf die<br />

Gebildeten umtreibt.<br />

Liebe zum Volk – um es klar zu sagen, scheint ihn allerdings auch nicht zu befeuern,<br />

mit Wahrsagerei, oder um welche Art von „Kunst“ es sich auch gehandelt haben mag,<br />

zieht er den Leuten das Geld aus der Tasche.<br />

Über <strong>Faust</strong>s Verhältnis zum Volk lässt sich den Quellentexten wenig entnehmen, was<br />

die Vertreter der Oberschicht angeht, so gab es offenbar die einen und die andern,<br />

jene, die mit <strong>Faust</strong> konnten und jene, die ihn nicht abkonnten.<br />

<strong>Faust</strong> polarisierte. Warum die einen ihn schätzten, andere ihn hingegen ablehnten,<br />

nun, der Quellentexte sind nicht viele.<br />

Dennoch! Bildungbewusstsein, Stolz sowie eifrig gepflegter Dünkel der neuen<br />

Bildungs-Elite, den heute so genannten Frühen Humanisten, liessen sich wohl kaum<br />

mit <strong>Faust</strong> und seinen „mit großer Frechheit ausgeführten Nichtsnutzigkeiten“<br />

vereinbaren.<br />

Der Fürstbischof von Bamberg, zuvorderst ein Machtpolitiker, mochte sich hingegen<br />

sagen: „Nun, so ist er eben auch! Andererseits …“<br />

Dieses „Andererseits“ gab es für die Frühen Humanisten nicht, sie folgten einem<br />

Codex, der besagte, wer wahrhaft gebildet ist, hat mit dem Volk nichts mehr gemein,<br />

und <strong>Faust</strong>, das ist ein Mann der Landstraßen, der ist „Volk“. Und Volk wollten die<br />

Humanisten, von denen die meisten selbst aus dem Volk kamen, nicht mehr sein;<br />

Sorgen, die den adlig geborenen Fürstbischof nicht plagten.<br />

Auch Prior Leib ist ein Machtmensch, jedoch ein kleiner. Er ist noch nicht mal Abt, und<br />

ein Fürstbischof steht weit über ihm. Zwar war er auch Verwalter und Geldverleiher,<br />

doch Ansehen und Ehre erwuchsen ihm durch sein Engagement <strong>im</strong> Konfessionsstreit,<br />

zuvorderst aber aus seiner humanistischen Bildung.<br />

Und dieses neue Bildungsbewusstsein könnte in der Tat die Scheidelinie gewesen<br />

sein.<br />

Soweit aus den Quellentexten zu ersehen, ist kein Humanist auszumachen, der mit<br />

<strong>Faust</strong> Umgang gepflegt hätte. So sie in den Texten auftreten, halten sie erkennbare<br />

Distanz wie der zuvor erwähnte Joach<strong>im</strong> Camerarius, oder sie äußern sich ablehnend,<br />

verbürgt sind: Johannes Trithemius, Conradus Mutianus, Kilian Leib und – da Manlius<br />

die <strong>Faust</strong>-Exempla korrekt wiedergab, auch Philipp Melanchthon.<br />

Unter jenen wiederum, die ihm – wie es scheint, positiv gegenüber standen, ist<br />

wiederum kein Humanist auszumachen: Johannes Virdung, Franz von Sickingen,<br />

Fürstbischof Georg III., Philipp von Hutten, Daniel Stibarius. Letztgenannter pflegte<br />

zwar herzliche Freundschaft mit Erasmus von Rotterdam, dieser bescheinigte ihm<br />

auch eine durch und durch humanistische Denkungsart, doch Stibarius war Jurist.<br />

Der Fürstbischof von Bamberg hat das Gespräch mit <strong>Faust</strong> offenbar zu schätzen<br />

gewusst. Was auch <strong>im</strong>mer sich zwischen Prior Leib und <strong>Faust</strong> abgespielt haben mag,<br />

es hat sich das Gegenteil von Bamberg ergeben, der Prior und <strong>Faust</strong> haben einander<br />

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