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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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aus dem Kleid <strong>des</strong> Novizen und sagt zu dem Glänzenden: „Meister, dies ist mir<br />

gegeben, und ich gebe es dir wieder!“<br />

Der Glänzende antwortet: „Du hast mir gut gedient, du wirst mir mehr und besser<br />

dienen; ich gebe in deine Verwahrung, was du mir gegeben hast!“ Mit diesen Worten ist<br />

der Glänzende verschwunden.<br />

Auch empfangen sie alljährlich um Ostern den Leib <strong>des</strong> Herrn aus der Hand <strong>des</strong><br />

Priesters, tragen ihn <strong>im</strong> Mund nach Hause und werfen ihn zur Schändung <strong>des</strong> Erlösers<br />

in den Unrat.<br />

Überdies lästern diese Unglückseligsten aller Elenden den Herrscher <strong>des</strong> H<strong>im</strong>mels mit<br />

ihren Lippen und behaupten in ihrem Wahnwitze, dass der Herr <strong>des</strong> H<strong>im</strong>mels<br />

gewalttätiger, ungerechter und arglistiger Weise den Luzifer in die Hölle gestoßen<br />

habe. An diesen glauben auch die Elenden und sagen, dass er der Schöpfer <strong>des</strong><br />

H<strong>im</strong>melskörpers sei und einst nach dem Sturz <strong>des</strong> Herrn zu seiner Glorie zurückkehren<br />

werde; durch ihn und mit ihm und nicht vor ihm erwarten sie auch ihre eigene Seligkeit.<br />

Sie bekennen nichts Gott gefälliges zu tun, und allein zu tun, was Gott missfällt …“<br />

*<br />

Die Katastrophenhysterie<br />

Besser ein gemeinsamer Weltuntergang, als ganz allein zu sein, lautet auch heute<br />

noch das „Rezept“ einer funktionierenden Hysterie.<br />

Voraussetzung ist ein diskursiver Brei aus bereits länger zugrunde liegender Angst und<br />

Unsicherheit quer durch alle Gesellschaftsschichten. Sodann werden Befürchtungen<br />

geäußert, die von sämtlichen gesellschaftlichen Gruppierungen in ähnlicher Form<br />

gehegt werden, folgerichtig docken Wissenschaft, Religion, Ästhetik und Moral an; die<br />

sie tragenden Personen sind von der Emotion erfasst. Damit ist die Welt allumfassend<br />

auf einen Nenner gebracht, alles passt zusammen, jeder findet seine Anschauung<br />

durch ähnliche Äußerungen anderer bestätigt. Das ist der Zeitpunkt, wo auch<br />

„unsinnige Ursachen und unsinnige Lösungen“ eine allgemeine Akzeptanz erfahren.<br />

Das Szenario wird zum Selbstläufer, der Bürger lebt in ihr seine Ohnmacht, seinen<br />

subl<strong>im</strong>ierten, verdrückten Zorn aus.<br />

Durch ausgewählte Meldungen und gezielte Informationen erhält er dosierte<br />

Angstschübe und wird steuerbar gehalten.<br />

Die Menschen beginnen die anfangs nur vermutete Katastrophe als Realität zu<br />

begreifen, sie definieren sich darüber, ein Denken außerhalb dieses Weltbil<strong>des</strong> wird<br />

zunehmend unmöglich; es hat alle Gesellschaftsschichten durchdrungen, der Mensch<br />

ist gefangen.<br />

Anders: Die Konstruktion der Katastrophe bildet die Projektionsfläche für die<br />

Vereinigung der zerbrochenen Welterzählungen.<br />

N<strong>im</strong>mt man die Katastrophe aus dem „harmonischen Weltbild“ fort, brechen die<br />

Elemente auseinander und werden wieder zu konkreten Aufgaben, die jede für sich<br />

eigene Lösungen braucht.<br />

Unverwechselbares Kennzeichen dieser Art von Katastrophenhysterien ist stets etwas<br />

Metaphysisches.<br />

Hilfsweise, ohne das Anliegen <strong>des</strong> Umweltschutzes in irgendeiner Weise in Frage zu<br />

stellen, be<strong>im</strong> Thema „Umwelt“ ist bereits Metaphysik <strong>im</strong> Spiel: „Die Natur rächt sich, sie<br />

schlägt zurück!“ Das Bewusstsein, dass in der Natur komplexe Zusammenhänge<br />

bestehen, wird aufgeweicht, die komplexen Zusammenhänge werden in der<br />

Vorstellung der Menschen zu einem lebenden Organismus, der allerdings nicht nur<br />

lebt, sondern auch einen eigenen Willen hat – er rächt sich. Dass er zwangsläufig auch<br />

eine Art von Seele haben muss, liegt auf der Hand.<br />

Auch die Kritik an der Kirche in den Jahrzehnten vor Luther trägt deutliche Merkmale<br />

einer Katastophenhysterie.<br />

Es hatte sich ein kirchenkritischer, allumfassender Konsens auf Reichsebene gebildet,<br />

dieser kritische Konsens verband alle Schichten; stiftete Identität und das Gefühl der<br />

Teilhabe an einem gemeinsamen Anliegen einer großen Schicksalsgemeinschaft.<br />

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