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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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In der Tat, bevor man über Sachverhalte diskutiert, sollte man Wortbedeutungen<br />

klären, was jedoch einige der Kontrahenten als Zwang und Einengung zurückweisen.<br />

Im August 1557 spricht sein Gegner Flacius in Worms vor evangelischen Kolloquenten<br />

die aufschlussreichen Worte: „Dass Gott durch die Geringen wirkt, dafür gibt es viele<br />

Beispiele seit Luthers Tod.“<br />

„Melanchthons herausragende Position mache ihn zum Ziel sowohl von Angriffen, als<br />

auch von hohen Erwartungen“ heißt es in Dok. 8213.<br />

Melanchthon, der weidwunde Mann, an dem man sich nun gefahrlos reiben kann, um<br />

selbst zu glänzen.<br />

Die „vielen Hunde sind <strong>des</strong> Hasen Tod“, wobei diese Widersacher weder seine<br />

Verdienste um die Reformation haben, noch ihm geistig das Wasser reichen können.<br />

Was nichts daran ändert, dass ihrer viel zu viel sind. Soll er sich herabwürdigen? Soll<br />

er tatsächlich die widerstreitenden Auffassungen über Taufe, Beichte oder Absolution,<br />

die bereits vor zwanzig Jahren behandelt wurden, noch mal diskutieren, sprich:<br />

wiederkäuen? Wem soll er zuerst antworten? Macht es überhaupt Sinn sich öffentlich<br />

über den „Freien Willen“ oder die „Höllenfahrt Christi“ zu streiten?<br />

Freilich antwortet er durch Publikationen, die – wie auch anders – nur dem Geschäft<br />

der Gegner mit weiteren Streitschriften förderlich sind.<br />

Bei alledem, Flacius hat ihn fest: Melanchthon hat Schuld am Inter<strong>im</strong>, er trägt die<br />

Verantwortung für das nachfolgende Elend vertriebener Pastoren und deren Familien,<br />

Melanchthons bewegliche Auffassung über die Tolerierung von Adiaphora begünstige<br />

Rom und schade dem Protestantismus.<br />

Der Vorwurf der Nähe zu Rom ist wohl der gefährlichste Punkt unter den<br />

Anschuldigungen, er macht die protestantischen Fürsten hellhörig. Dass es nicht allein<br />

um theologische „Wahrheiten“, sondern um Abgrenzung gegenüber Rom geht, macht<br />

ein Brief Bullingers deutlich. Er weist Melanchthon darauf hin, dass die Wittenberger<br />

mit ihrer Auffassung vom Abendmahl sich doch in bedenklicher Nähe zu Rom<br />

befänden.<br />

Melanchthon verteidigt sich gegen den Vorwurf ein Adiaphorist, sprich: ein Papstfreund<br />

zu sein, wiederholt weist er darauf hin, dass in Wittenberg und Kursachsen nichts<br />

verändert wurde, dass das Inter<strong>im</strong> keine Umsetzung fand. Was allerdings nicht sein<br />

Verdienst, sondern das Verdienst seines Fürsten ist, auch ändert es nichts an der<br />

Existenz jener kompromittierenden Briefe.<br />

Die sich nun entwickelnde Geschichte <strong>des</strong> „Alle gegen einen“, ist ein Verwirrspiel.<br />

Wiederholt wird Melanchthon in den letzten Jahren seines Lebens in seinen Briefen<br />

schreiben: „Schweigend ertrage ich das Unrecht.“<br />

Dazu beteuert er viele Male seine Friedensliebe und Verhandlungsbereitschaft. Er<br />

bietet an, sich dem Urteil der Theologen von Sachsen, Hamburg, Lübeck, Lüneburg<br />

und Braunschweig zu unterwerfen.<br />

Er versichert oft, dass er rein gar nichts getan habe und auch aktuell nichts tue, um<br />

jemand zu reizen. Darüber hinaus könne er nur auf die bereits zu Luthers Zeiten<br />

geschriebenen „Loci, die „Apologie“ und die CA (Confessio Augustana) verweisen.<br />

Als Bestätigung seiner Haltung finden sich in „MBW“ Aussagen, die ihm gut anstehen:<br />

„Nichts zieht eine Religion mehr hinab, als der Streit der Theologen.“<br />

„Viele Menschen sind weder durch Predigten noch durch Unglück wie den Bürgerkrieg<br />

in Deutschland und die Türken in Ungarn zu bessern, schreibt er 1553 in der Vorrede<br />

zu „Elegia de vitanda ebrietate“ von Hieronymus Osius.<br />

„Buße und Gebet trösten einen Menschen mehr als die Diskussionen selbstsicherer<br />

Menschen.“ notiert er in einem Brief.<br />

„Was soll all der Streit um Inhalte und Adiaphora, so es doch auf das Gebet, das<br />

persönliche Gespräch mit Gott ankommt.“ schreibt er sinngemäß an anderer Stelle.<br />

Und Dok. Nr. 8517, ein Gutachten Melanchthons für den Markgrafen Johann von<br />

Brandenburg-Küstrin vom 2. Februar 1558 über das Wormser Religionsgespräch mit<br />

den Vertretern Roms, schließt mit den resignierenden Worten: „Angesichts <strong>des</strong><br />

gegenseitigen Hasses ist es gut, dass dabei keine weiteren Schriftstücke entstanden.<br />

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