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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Dass <strong>Faust</strong> bereits früher einige Male in Nürnberg weilte, ist sehr wahrscheinlich,<br />

Nürnberg war eine Handelsmetropole, hier konnte <strong>Faust</strong> zum einen jene Substanzen<br />

erwerben, die er als Alchemist benötigte, zum anderen exotische Drogen, die er zur<br />

Herstellung von Arzneien brauchte.<br />

Der Eintrag in den „Verlässen <strong>des</strong> inneren Rates“ hat die <strong>Faust</strong>forschung sehr bewegt.<br />

Was wollte <strong>Faust</strong> in Nürnberg?<br />

Dass er unter den scharfen Augen der Nürnberger Patrizier als Wahrsager auftreten<br />

wollte, das darf wohl ausgeschlossen werden. Eventuell wollte er Materialien<br />

einkaufen; alles, was bereits über den Güterumschlag in Venedig und Antwerpen<br />

gesagt wurde, das gilt in etwa auch für das seinerzeitige Nürnberg. Eventuell wollte er<br />

<strong>im</strong> lutherischen Nürnberg wichtige Informationen „fischen“, nicht zu vergessen, <strong>Faust</strong><br />

war auch Astrologe. Und <strong>im</strong> Juli 1532 weilte hoher Besuch in Nürnberg, am 23. Juli<br />

1532 wurde der sogenannte „Nürnberger Anstand“ beschlossen, mit dem der Konflikt<br />

zwischen Katholiken und Lutheraner befristet ausgesetzt wird.<br />

Leider kennen wir nur das Jahr <strong>des</strong> Antrags auf Geleit. Eventuell wollte <strong>Faust</strong> <strong>im</strong> Kreis<br />

<strong>des</strong> Kaisers und bei den hohen Abgesandten seine Dienste als Astrologe anbieten.<br />

Warum stellte <strong>Faust</strong> überhaupt einen Antrag auf Geleit?<br />

Grundsätzlich gab es für jeden betuchten Reisenden einen guten Grund Geleitschutz<br />

zu erwerben, rund um Nürnberg trieben nicht nur Strauchritter ihr Unwesen; zeitweise<br />

lag die Stadt mit bis zu 142 Parteien in Fehde.<br />

Und <strong>Faust</strong> war 1532 über fünfzig Jahre alt, vielleicht wollte er das Risiko, ohne Begleitschutz<br />

nach Nürnberg zu reisen, nicht mehr eingehen.<br />

Ein Teil der <strong>Faust</strong>forschung unterstellt <strong>Faust</strong> jedoch, dass er den Antrag mit Hintersinn<br />

stellte, dass er gar nicht vorhatte, nach Nürnberg zu reisen.<br />

Freies Geleit bedeutete nicht nur einen Reiseschutz, sondern wäre auch gleichzeitig<br />

die Bestätigung dafür gewesen, dass das große Nürnberg ihn für schützenswert hielt,<br />

ihn als honorigen Menschen betrachtete. Diese Gewährung von Geleit sei so recht<br />

nach <strong>Faust</strong>s Geschmack gewesen, eine Art polizeiliches Führungszeugnis ohne<br />

Eintrag, mit dem er dann auf lutherischem Gebiet hätte weiter renommieren können.<br />

Eine interessante Deutung.<br />

Wenn <strong>Faust</strong> einen Antrag auf Geleit stellte, dann vielleicht allein <strong>des</strong>halb, weil er dem<br />

lutherischen Nürnberg nicht traute.<br />

Es sei hier an die Ablehnung der Lutheraner gegen alle Arten von Schwarzkünstlerei<br />

erinnert. In den Jahrzehnten zuvor war es schwer genug gewesen, sich als Weissager,<br />

Kristallseher, Kräuterkrämer oder Gaukler durchs Leben zu schlagen, es gab zu viele<br />

Konkurrenten. Im Jahr 1532 gab es nahezu keine Konkurrenten mehr, man war gewiss<br />

nicht mehr einer von vielen Dahergelaufenen, die es irgendwie mit dem Teufel hielten,<br />

nun fiel man auf und war obendrein verdächtig.<br />

<strong>Faust</strong> hatte sich nicht getäuscht, als „Nigromantico“, war er lang genug „durch alle<br />

landtschafft, Fürstenthuomb vnnd Königreich gezogen, seinen namen jederman selbst<br />

bekannt gemacht.“ <strong>Faust</strong> war für jedermann ein Begriff, und in der stolzen Stadt<br />

Nürnberg eine unerwünschte Person. Außerdem hatte man in Nürnberg mit Leuten<br />

seines Schlages genug Ärger; Kunigund Hirtin, die Hexe von Dormitz, machte dem<br />

Rat der Stadt in jener Zeit zu schaffen.<br />

Die Titulierung „Sodomit“ ist allerdings so harsch wie ungewöhnlich, dazu verächtlich.<br />

Sie lässt sich vermutlich allein aus dem Abscheu der Lutheraner gegenüber <strong>Faust</strong>s<br />

Sündhaftigkeit erklären. Mit Lerche<strong>im</strong>er gesagt: „dort durfte er sich nicht mehr blicken<br />

lassen“.<br />

Um die Bedeutung <strong>des</strong> Wortes „Sodomit“ selbst darf gestritten werden. Meinte der Rat<br />

damit Knabenliebe oder Sex mit Tieren oder gar allergrößte Sündhaftigkeit überhaupt,<br />

die „Huorerey mit dem Teufel“?<br />

Der Rat der Freien Reichsstadt Nürnberg erklärt sich nicht weiter, er hat das auch<br />

nicht nötig. Angesichts bekannt lutherischer Empfindlichkeiten darf man <strong>Faust</strong>s Antrag<br />

auf Geleit auch als Frechheit bezeichnen; die Antwort fiel dementsprechend aus.<br />

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