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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Nicht allein die Naturkatastrophen und ihre Folgen finden von nun an ihre Erklärung<br />

durch das Wüten <strong>des</strong> Teufels, auch die Ereignisse auf der politischen Weltbühne<br />

werden nun durchschaubar.<br />

1315 besiegen Schweizer Bauern ein Habsburgisches Ritterheer bei Morgarten. Dafür<br />

gibt es für die Menschen nur eine Erklärung: Die Schweizer haben sich mit dem Teufel<br />

verbündet; der Teufel hat ihnen verraten, wie sie als Fußsoldaten die Panzerreiter<br />

besiegen können.<br />

Selbstredend wissen die Menschen, dass es der französische König ist, der den Papst<br />

zwingt, Rom zu verlassen und in Avignon zu residieren, doch dass diese „Babylonische<br />

Gefangenschaft der Kirche“ – sie dauerte von 1309 bis 1377 – überhaupt geschieht,<br />

dahinter steckt der Teufel.<br />

Kaum ist der Papst nach Rom he<strong>im</strong>gekehrt, entsteht das Schisma; in Avignon residiert<br />

ein zweiter Papst. Zwei Päpste, zwei Stellvertreter Christi auf Erden? Der nächste<br />

Anschlag <strong>des</strong> Teufels gegen die Kirche. Die Menschen sind verwirrt, bei allem<br />

Missfallen an den kirchlichen Zuständen, die Kirche ist ihnen wichtig, noch <strong>im</strong>mer steht<br />

der Heiland hinter der Kirche, und der Heiland lebte einst nicht anders wie sie selbst.<br />

Das Schisma – es dauerte von 1378 bis 1417 – beendet zu sehen, wird zum zentralen<br />

Anliegen der Menschen; sie sehen ihre täglichen Sorgen <strong>im</strong> Großen gespiegelt. Wie<br />

soll es <strong>im</strong> Kleinen besser werden, wenn selbst dem Großen so übel mitgespielt wird.<br />

Die Bauernunruhen, die ab 1420 durch die Lande laufen, werden als Werk <strong>des</strong> Teufels<br />

erklärt. Der Teufel ist es, der den Sinn der Menschen gegen die Ordnung rebellisch<br />

macht. Und auch Luther, hundert Jahre später, wird als Werkzeug <strong>des</strong> Teufels erklärt.<br />

„Da ist gewiss der Teufel <strong>im</strong> Spiel!“ Eine allfällige Erklärung, handsames Wissen für<br />

jedermann, ob ungebildet oder hochgeboren. Überall war irgendwie der Teufel <strong>im</strong> Spiel.<br />

Im fernen Donnergrollen, <strong>im</strong> Knistern der Flammen, unter dem Esstisch; ein Kerl, an<br />

den man sich gewöhnt hatte, der gleichsam zur Familie gehörte. Warum auch nicht, wo<br />

er doch ebenso Lustiges zustande brachte; wenn er dem „Nebulo“ half, aus einem<br />

Stein ein Mäuslein zu zaubern oder Nudeln aus den Ohren eines Zuschauers zu<br />

ziehen.<br />

„Der Teufel in Person treibt sein Unwesen!“ Eine Erkenntnis, <strong>im</strong>mer wieder bestätigt<br />

durch die Ereignisse zwischen 1300 und 1400, wird zum festen Bestandteil allgemeinen<br />

Wissens; ein Baugrund, so solide wie der Baugrund der Bibel; zwei Ebenen,<br />

die um eine dritte Ebene erweitert werden: Um 1300 erreichen über arabische Gelehrte<br />

die Schriften antiker Autoren wieder Italien. Und aus diesen geistigen Impulsen heraus<br />

beginnt, wunderbar genug, <strong>im</strong> Schoß Jahrzehnte währender Schrecken, die<br />

Renaissance, die Wiedergeburt, bzw. die Rückbesinnung auf die Leistungen der<br />

Antike. Es entwickeln sich die Ansätze der modernen Wissenschaften.<br />

Ihre Vertreter gewinnen rasch an Selbstbewusstsein. Sie glauben sich frei vom Aberglauben<br />

<strong>des</strong> Volkes. Sie wähnen sich über das Volk einfacher Gläubigkeit erhaben.<br />

Schließlich begreifen sie die Welt über den Intellekt, und mit dem Griff zu antiken<br />

Schriften leben sie fortan in einer Geisteswelt, größer als die der Bibel. Wo das Volk<br />

sich der Kraft <strong>des</strong> Mon<strong>des</strong> bewusst ist, beobachten sie den Lauf der Gestirne, wo das<br />

Volk ein Kauderwelsch von Beschwörungsformeln praktiziert, wissen sie um die<br />

Bedeutung der einzelnen Geister und was bei Anrufung derselben zu beachten ist.<br />

Die Möglichkeit, nach „drüben“ zu greifen, mit dem „Drüben“ zu paktieren, sie wird nicht<br />

in Zweifel gezogen. Dazu besteht auch kein Anlass. Damals wie heute gab es das, was<br />

allgemein mit dem Begriff Para-Phänomene bezeichnet wird. Diese Phänomene traten<br />

damals auf Grund der schwierigen Lebensumstände vermutlich wesentlich häufiger auf<br />

und waren entschieden ausgeprägter. Sie waren die „Beweise“ für eine gehe<strong>im</strong>nisvolle<br />

Welt, die einem noch gehe<strong>im</strong>nisvolleren Regelwerk zu unterliegen schien.<br />

Dante Alighieri schrieb um 1310 die „Commedia“. Für uns heute ist es Hohe Literatur,<br />

die „Göttliche“, wie Boccacio damals feststellte. Doch nicht allein der sprachliche<br />

Ausdruck, der uns auch heute noch beeindruckt, ebenso und noch viel mehr, waren<br />

damals die Inhalte der „Commedia“ wichtig.<br />

Das „Drüben“, der „Weg nach Drüben“ ist eines der Themen der „Göttlichen Komödie“.<br />

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