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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Und <strong>Faust</strong>, der schließlich kein Dummkopf war, hatte verstanden, was die Glocke<br />

geschlagen hatte: Entweder er arbeitete künftig als Zuträger, vornehmer ausgedrückt,<br />

als inoffizieller Mitarbeiter oder – die Peitsche!<br />

<strong>Faust</strong>-Fans sind empört: „<strong>Faust</strong>, ein dreckiger Spitzel?! Nie und n<strong>im</strong>mer!“<br />

Erstens soll man das Wörtchen „nie“ so selten wie möglich gebrauchen, auch ist<br />

dergleichen schon anderen passiert.<br />

Es seien alle Fans daran erinnert, welche gewaltige Worttonnage die <strong>Faust</strong>forschung in<br />

ihren Büchern verklappte, allein um zu erklären, wie <strong>Faust</strong> es schaffte, <strong>im</strong>merhin vierzig<br />

Jahre hindurch das riskante Leben eines Klippenhüpf- und Stein-<strong>des</strong>-Anstoß-<br />

Spezialisten zu führen und dabei niemals zu Fall zu kommen.<br />

Dass <strong>Faust</strong> ein IM war, es ist nur eine Vermutung. Falls es sich so verhielte, kann man<br />

es auch als Kompl<strong>im</strong>ent auffassen. Gewöhnliche Menschen kamen an den Pflock, ein<br />

Mensch mit seinen Fähigkeiten konnte einen Deal machen.<br />

Virdung, der über seine so genannten „Prognostikationen“ sowohl zu Kaiser Max<strong>im</strong>ilian<br />

als auch zu <strong>des</strong>sen Nachfolger, Karl V., beste Beziehungen unterhielt, hätte mündlich<br />

oder auch schriftlich <strong>Faust</strong> lobend erwähnt, von der Tafel <strong>des</strong> Kaisers wäre <strong>Faust</strong>s<br />

„ergebene Treue“ den Fürsten, Erzbischöfen und Reichsstädten zur Kenntnis<br />

geworden und von deren schweren Tischen zu den Pulten der Richter und Amtleute<br />

hinunter getropft.<br />

Keiner hätte etwas Genaues gewusst, außer dass <strong>Faust</strong> irgendwie etwas Besonderes<br />

war, was er ohnehin, selbst ohne Protektion bereits war; <strong>Faust</strong> konnte machen, was er<br />

wollte, einzige Bedingung – freilich auch vergebliche Hoffnung: „Aber treibe es nicht gar<br />

so bunt!“<br />

Neben der vermutlichen Protektion, die <strong>Faust</strong> als Astrologe genoss, könnte auch eine<br />

Tätigkeit als IM die Erklärung dafür sein, dass er der Auspeitschung entging, dass ihn<br />

die dominikanischen Inquisitoren nicht behelligten und auch dafür, dass Nürnberg nicht<br />

zugriff, als er den Antrag auf Geleit stellte. Man war, wenn es sein sollte, nicht<br />

z<strong>im</strong>perlich; man hätte ihm den Geleitschutz verkaufen können, sprich, ihn unter stiller<br />

Bewachung in die Stadt geleiten, ihm sodann ein Delikt vorwerfen, das er innerhalb der<br />

Mauern der Stadt begangen habe, und ihn inhaftieren.<br />

Den Rest besorgte die Folter. Und natürlich die „Carolina“, die Ankläger konnten es<br />

sich aussuchen. Bei einem „Doktor <strong>Faust</strong>o dem großen Sodomitten“, passte in der<br />

„Carolina“ der Punkt 116: „Item so ein mensch mit einem viehe, man mit man, weib mit<br />

weib unkeusch treiben, die haben auch das leben verwurckt, Und man solle sy, der<br />

gemeynen gewonheit nach, mit dem feure vom leben zum tode richten.“<br />

Bei der Frage, wer oder was schützte <strong>Faust</strong>, drängt sich eine weitere Antwort auf.<br />

<strong>Faust</strong> war Satanist, <strong>Faust</strong> fühlte sich nicht Gott zugehörig, sondern dem Satan.<br />

Wem <strong>im</strong>mer sich <strong>Faust</strong> zugehörig fühlte, wir wissen es nicht.<br />

Hingegen wissen wir, dass es in dieser Zeit keine satanistischen Zirkel gab, also jene<br />

Kreise noch gar nicht existierten, die ihn von dieser Seite her hätten schützen können;<br />

der organisierte Satanismus sollte sich erst mehr als hundert Jahre nach <strong>Faust</strong><br />

etablieren.<br />

Freilich wird in diesem Zusammenhang gerne ein ahnungsvolles wie substanzarmes<br />

Gebräu, gereicht. Da ist einmal die ungemein phantasievolle Schilderung einer<br />

Stedinger Teufelsmesse aus dem Jahr 1232. Sodann wird der königliche Marschall de<br />

Reetz, ein Zeitgenosse Jean d` Arcs genannt; extremer Fall eines Kinderschänders<br />

und Mörders, wobei der Marschall allerdings, gemäß der Darstellung <strong>des</strong> Autors Emil<br />

B. König, bei seinen „Handlungen“ stets ein Marienbild in greifbarer Nähe hatte.<br />

Sodann wird auf die Gemälde von Hieronymus Bosch hingewiesen. Unbestritten waren<br />

einige <strong>des</strong>sen Werke gewiss nicht für einen Kirchenraum gedacht. Folglich – so wird<br />

gefolgert, müsste angesichts seiner Bildthematik ein Kreis „dunkler Auftraggeber“ <strong>im</strong><br />

Spiel gewesen sein. Die Bilderwelt <strong>des</strong> großen Meisters zeigt jedoch keine Verherrlichung<br />

<strong>des</strong> Satans, sie zeigt eine Welt, die unauflöslich in Lächerlichkeit, Sünde und<br />

höllische Qualen verstrickt ist.<br />

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