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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Skepsis dominieren zu lassen. Der Quellen, an denen <strong>Faust</strong> sein Wissen über die<br />

wahren Verhältnisse in Südamerika geschöpft haben könnte, waren reichlich.<br />

Nikolaus Federmann war 1532 von seiner ersten Reise aus der neuen Welt<br />

zurückgekehrt und hatte in Augsburg den Welsern, seinen Auftraggebern, Bericht<br />

erstattet. Man darf annehmen, dass Federmann über seine Venezuela-Erfahrungen<br />

nicht in der Öffentlichkeit redete, sie waren Betriebsgehe<strong>im</strong>nis <strong>des</strong> Bankhauses Welser.<br />

Im Auftrag der Welser schrieb er einen Bericht, diese „Indianische Historia“ wurde aber<br />

erst 1557 in Druck gegeben. Nun jedoch anzunehmen, dass Federmann – der als<br />

„Konquistador“ durch die Gesellschaft gereicht wurde, selbst nicht bei einem Wein<br />

durch ein säuerliches Lächeln einem guten Freund zu verstehen gegeben hätte,<br />

welchen Schwierigkeiten man sich in Venezuela gegenüber sah, geht freilich zu weit.<br />

Das Wissen, was einen in Südamerika in etwa erwartete, mochte also durchaus in<br />

jenen Kreisen kursieren, in denen auch <strong>Faust</strong> verkehrte. Ganz abgesehen von den<br />

Mannschaften zurückkehrender Schiffe und dem, was he<strong>im</strong>kehrende Söldner<br />

erzählten. Und nicht zuletzt war Philipp von Hutten eventuell selbst es gewesen, der in<br />

Vorbereitung der Reise sich bereits intensiv mit Federmann unterhalten hatte, und<br />

nachfolgend auch <strong>Faust</strong> hellhörig gemacht hatte.<br />

Was verschlägt es, die Gier nach Gold raubt den Menschen den Verstand.<br />

Die <strong>Faust</strong>-Forschung hat keine Antwort darauf gefunden, von welchem Zeitraum Phillip<br />

von Hutten schreibt, als er „ein fast böses Jahr“ aufs Papier setzte. Mit Blick auf seine<br />

übrigen Briefe aus Venezuela ist man zur Ansicht gekommen, dass er wohl einen übergeordneten<br />

Zeitbegriff meinte, also „eine fast böse Zeit“.<br />

Nicht weniger fatal war die Frage <strong>des</strong> Camerarius nach dem Sieg <strong>des</strong> Kaisers. Nach<br />

allem, was <strong>Faust</strong> gewöhnlich aus dem „Sternenh<strong>im</strong>mel seiner Bekanntschaften“ heraus<br />

fintringierte, durften seine Kunden annehmen, dass er verlässliche Auskunft gab. Doch<br />

wie soll er in diesem Fall? Dass der Kaiser <strong>im</strong> Ausland weilt, dazu wieder ein<br />

Kriegsgerücht und die Kunde von Söldneranwerbungen umläuft, besagte noch sehr<br />

wenig. Der Kontrahent konnte morgen bereits <strong>im</strong> Sterben liegen, die Söldner in den<br />

Bereitstellungsräumen einer Seuche erliegen, das Wetter konnte verrückt spielen, nicht<br />

zu vergessen, das diplomatische Tauziehen entlang <strong>des</strong> gedachten Schlachtfel<strong>des</strong>. Die<br />

Frage <strong>des</strong> Camerarius nach dem Ausgang eines möglichen Krieges auf einem fernen<br />

Kriegsschauplatz, war nicht zu beantworten. Also rührte <strong>Faust</strong> <strong>im</strong> Aberglauben.<br />

Der Ausgang dieser Angelegenheit ist uns nicht überliefert.<br />

Soweit zur Legende vom beschlagenen Astrologen <strong>Faust</strong>.<br />

Als Nachschlag, ein denkwürdiger Vorgang jener Jahrzehnte:<br />

1523, Ulrich von Hutten und Franz von Sickingen, beflügelt von Luthers Schrift „An den<br />

Christlichen Adel teutscher Nation“ von 1520, beschließen den Plan umzusetzen, durch<br />

eine mitreißende Tat, die Ritterschaft <strong>im</strong> Zugriff auf das Kircheneigentum zu vereinen<br />

und in altem Glanz auferstehen zu lassen,<br />

„Die stillschweigende Zust<strong>im</strong>mung <strong>des</strong> Kaisers annehmend, belagern sie in der so<br />

genannten Sickingischen Fehde die Stadt Trier.“<br />

Der Kurfürst und Trierer Erzbischof hatte bei der Kaiserwahl für Franz I. von Frankreich<br />

gest<strong>im</strong>mt, schien also das richtige Opfer zu sein. Franz von Sickingen haut hier auf die<br />

nationale Pauke. Glaubhaft ist er dabei nicht, er selbst war einst als Söldner in<br />

französischen Diensten gestanden; er hatte <strong>im</strong> Jahr 1516 für den französischen König<br />

Metz erobert. Sollte ihm bei seiner Vergesslichkeit etwa auch das politische Gespür<br />

abhanden gekommen sein?<br />

Die Begeisterung für Luther schlug zwar hohe Wellen, auch war durch die Vorgänge<br />

um Luther offenkundig geworden, wie angreifbar die Kirche geworden war, dazu konnte<br />

das Taktieren oder auch die Unentschiedenheit <strong>des</strong> Kaisers zwischen den Fronten <strong>im</strong><br />

Glaubensstreit durchaus zu Hoffnungen und Annahmen verführen; der Papst betrieb<br />

offen eine kaiserfeindliche Politik, die deutschen Fürsten zeigten sich mehrheitlich<br />

gegenüber dem Kaiser widerspenstig. Von daher sah Franz von Sickingen gutmöglich<br />

den Moment gekommen, dem Kaiser ein wiedererstarktes Rittertum als Grundlage<br />

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