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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Menschen gab, die <strong>Faust</strong> persönlich als Arzt kennen und vielleicht auch schätzen<br />

gelernt hatten. Gleiches gilt selbstredend auch für Paracelsus.<br />

Mit größtem Behagen müssen Begardis Kollegen den flotten Seitenhieb auf<br />

Paracelsus zur Kenntnis genommen haben, kein Konkurrent war ihnen derart verhasst<br />

wie Paracelsus. Paracelsus hatte sowohl sie, als auch die Apotheker, wiederholt und<br />

in aller Öffentlichkeit als unwissende, geldgierige Scharlatane bezeichnet.<br />

Paracelsus war kein einsamer Rufer in der Wüste. Nicht das Streben nach Wirtschaftlichkeit,<br />

sondern die sorgsame Anfertigungen „guter, preisgerechter Arzneien auch für<br />

die armen Kranken“ hatte bereits H. Brunschwig <strong>im</strong> Jahr 1512 in seinem „Thesaurus<br />

pauperum“ gefordert.<br />

Und Euricius Cordus schrieb 1535 <strong>im</strong> Vorwort seines Büchleins über den Theriak:<br />

„Kaum der vierte Teil der hergestellten Mixturen ist zu gebrauchen“.<br />

Die Auseinandersetzungen um Paracelsus gipfelten in offenen Morddrohungen, 1528<br />

musste Paracelsus bei Nacht und Nebel aus Basel fliehen.<br />

Mit gewiss nicht wenig Selbstbewusstsein, aber auch als Programm, hatte<br />

Theophrastus Bombastus von Hohenhe<strong>im</strong> sich als „über Celsus“, dem Arzt der Antike,<br />

stehend tituliert, als „Paracelsus“. Von daher ist es ein doppelter Seitenhieb, Begardi<br />

verweigert Paracelsus den selbst gewählten akademischen Namen, er nennt ihn<br />

„Theophrasti“.<br />

Dabei hat Begardi zumin<strong>des</strong>t in seinem ethischen Anspruch mehr mit Paracelsus<br />

gemein als ihm selbst bewusst ist. Auch Begardi bezeichnet den Arzt als Diener der<br />

Natur. Gottesfurcht und ein untadeliger Lebenswandel seien die Voraussetzung für<br />

das unabdingbare Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient.<br />

Mehr verbindet ihn allerdings nicht mit Paracelsus. Paracelsus hatte auch als Chirurg<br />

gearbeitet; keine Kunst aus der Sicht der Buchärzte, sondern ehrloses Handwerk, das<br />

damals in Deutschland den Scherern, Barbieren und Feldschern vorbehalten blieb.<br />

Den Umgang mit dem Skalpell musste Paracelsus in jener Zeit in Italien erlernen, eine<br />

Alternative wäre auch Frankreich gewesen, in Deutschland sollte das Aderlassen und<br />

selbst die Chirurgie erst <strong>im</strong> Jahr 1548 für „ehrenhaft“ erklärt werden.<br />

Des weiteren hatte Paracelsus nicht zuletzt in seinem Werk „Irrgang der Ärzte“ die<br />

Buchstabengläubigkeit der Ärzte beklagt.<br />

Nicht anders als <strong>Faust</strong>, auch Paracelsus hatte entschiedene Feinde, aber auch<br />

Menschen, die ihm blind vertrauten; unter ihnen kein geringerer als Erasmus von<br />

Rotterdam.<br />

Nichts deutet darauf hin, dass <strong>Faust</strong> dem Universalgelehrten und Genie Paracelsus in<br />

irgendeiner Weise gleich kam, das Staubaufwirbeln und Provozieren allerdings, verstand<br />

einer besser als der andere.<br />

Gemeinsam waren ihnen auch die Wanderlust sowie ihr ungefähres To<strong>des</strong>jahr und<br />

ebenso die Legenden, die sich um sie rankten. Auch die Sch<strong>im</strong>pfwörter, die Verdächtigungen,<br />

die man ihnen nachrief, waren identisch. Selbst heute noch hält man sie<br />

gelegentlich für ein und dieselbe Person.<br />

Dass Begardi bei seiner Attacke ihnen den Arzt der Antike, Thessalos von Tralles, zur<br />

Seite stellte, macht Sinn. Zur Zeit Neros war dieser in Rom aufgetreten, mit Diagnosen<br />

und Versprechungen schnell zur Hand, erfuhr er wütende Proteste der traditionellen<br />

Ärzte. Der Zorn seiner damaligen Kollegen fand seinen Niederschlag in den Schriften<br />

<strong>des</strong> Galenus (129 – 199) und später in denen <strong>des</strong> Avicenna (Ibn Sina, 980 – 1037);<br />

jene Ärzte, die für den Bucharzt Begardi und seine Kollegen die Vorbilder waren.<br />

Es bleibt die Frage, in welchen Bereichen <strong>Faust</strong> als fahrender Arzt tätig war. Anders<br />

als Paracelsus hinterließ er weder medizinische noch theosophisch-religiöse Schriften.<br />

Ob er sich an riskante Unterleibsoperationen wagte? Dass er sich auch darüber<br />

irgendwann Kenntnisse angeeignet hatte, nichts spricht dagegen, aber auch nichts<br />

dafür. Andererseits darf man diese Art der ärztlichen Kunst wohl als eine sehr konkrete<br />

Kunst bezeichnen; sie entspricht wenig <strong>Faust</strong>s marktschreierischer Umtriebigkeit.<br />

Von Begardi erfahren wir nur, dass <strong>Faust</strong> sich großer Arzneikunst rühmte; das deckt<br />

sich mit dem Indiz „Bocke Madel“. <strong>Faust</strong> hat in Knittlingen wahrscheinlich pflanzliche<br />

Arzneien hergestellt. Von daher wird <strong>Faust</strong> ein Arzt der Kräuterheilkunde, ein<br />

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