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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Trithemius liebt Bücher, er erweitert die Sponhe<strong>im</strong>er Bibliothek von dem damals wohl in<br />

einem Kloster üblichen Bestand von etwa 40 Büchern auf über 2000 Bände; vermutlich<br />

die seinerzeit größte Bibliothek in Deutschland. Und er verfasst selbst Bücher; kein<br />

Thema ist vor ihm sicher: Kryptographie, Steganographie, Ordensregeln, Magie,<br />

Astrologie und viele andere Themen mehr, darunter das erste deutsche<br />

Literaturlexikon.<br />

Am Ende seines Lebens werden es 90 Werke sein. Trithemius hatte keine Universität<br />

besucht, gegen den Willen seines Stiefvaters hatte er he<strong>im</strong>lich Latein und Griechisch<br />

gelernt, als Abt lernte er auch Hebräisch; anders als Johannes Reuchlin wird er als<br />

Mitpräsident <strong>des</strong> Generalkapitels wohl kaum den Umgang mit Juden gesucht haben,<br />

unter den Mönchen war wohl auch ein konvertierter Jude.<br />

Der Ruhm der Sponhe<strong>im</strong>er Bibliothek, seine eigenen Bücher, seine Reisen als<br />

Visitator, seine Gelehrsamkeit, führen Sponhe<strong>im</strong> prominente Gäste zu: Johann von<br />

Dalberg, Johannes Reuchlin, Agrippa von Netteshe<strong>im</strong>, Conrad Celtis … Sie sind über<br />

Trithemius <strong>des</strong> Lobes voll. „Ich habe das große, glänzende Licht der Welt gesehen“<br />

schreibt Alexander Hegius. Von „Tritemio… praeceptori ter max<strong>im</strong>o“, von Trithemius,<br />

dem dreifachgroßen Lehrer, schwärmt Rufus Mutianus. Als „Glanz unseres Zeitalters“<br />

und als „Arche der gesamten Weisheit“ bezeichnet ihn sein Schüler und spätere<br />

Kurfürst Joach<strong>im</strong> I. von Brandenburg. „Göttlicher Tritemius“ begeistert sich Cornelius<br />

Aurelius. Unter den vielen, die sich als Schüler <strong>des</strong> Trithemius bezeichneten, finden<br />

sich Persönlichkeiten wie Agrippa von Netteshe<strong>im</strong> und Paracelsus.<br />

Und Trithemius selbst? „Ich bin jener Trithemius, den Gelehrte wie Ungelehrte wie ein<br />

Orakel <strong>des</strong> Apoll ansahen!“<br />

Weniger begeistert sind inzwischen seine Mönche, die viele Prominenz bedeutet<br />

Arbeit. „Nur das Beste für die Gäste“, und Trithemius ist streng. Auch hat das Bild ihres<br />

Abtes einen Riss bekommen. „Märchenerzähler“ titulieren ihn inzwischen seine<br />

Mönche; er hatte 1494 in seinem Buch „Zum Lob der heiligen Anna“ behauptet, Anna<br />

hätte die Mutter Gottes unbefleckt empfangen. Es ist nicht die einzige „Freiheit“, die er<br />

bei der Ausgestaltung seiner Werke für sich in Anspruch nehmen wird.<br />

Man merkt, Trithemius hat an Bodenhaftung verloren. Ruhm ist bekanntlich Gift, und<br />

vom Ruhm hat Trithemius reichlich und auch viel zu früh genossen.<br />

Und er ist eitel, schlicht, weil alle Autoren eitel sind.<br />

Als er 1505 erkrankt, verbrennen die Mönche einen Teil der Bücher seiner geliebten<br />

Klosterbibliothek, und in diesen Abschnitt fällt der „Bericht“, die Mönche hätten ihn bei<br />

Praktiken der Schwarzen Magie überrascht.<br />

Man muss Trithemius, den heiligen Kassenprüfer für Glaubensfragen und christliche<br />

Lebensgestaltung unter verschärften Bedingungen, nicht mögen, es ist aber offenkundig,<br />

die Mönche sind bitter entschlossen, ihn loszuwerden. Sie haben nicht nur<br />

begriffen, dass er nicht mehr jener Mensch ist, den sie einst zu ihrem Abt wählten,<br />

sondern auch, dass sie nur noch die Bühnenarbeiter seiner glanzvollen Auftritte sind.<br />

Sie würden es auch belügen, ihn bei magischen Praktiken ertappt zu haben.<br />

Unabhängig davon, ob die Anschuldigungen nun zutrafen oder frei erfunden waren,<br />

Magie war en vogue, dass Trithemius sich niemals in Schwarzer Magie versuchte, es<br />

wäre eher unwahrscheinlich. Im Übrigen, er ist Visitator, zumin<strong>des</strong>t theoretisch hatte er<br />

in Schwarzer Magie beschlagen zu sein. Er musste schließlich wissen, was die kleinen<br />

Notizen, derer er eventuell nebenbei ansichtig wird, zu bedeuten haben, wenn er sich<br />

in den Zellen der Klöster umsieht.<br />

1506, kaum ein Jahr später, wird er auf Betreiben <strong>des</strong> Bischofs von Bibra zum Abt <strong>des</strong><br />

Schottenkloster Sankt Jacob bei Würzburg gewählt; das Schottenkloster, daher der<br />

Name, gehörte irischen Benediktinern.<br />

Im nämlichen Jahr berät er den Kurfürsten Joach<strong>im</strong> I. von Brandenburg bei der<br />

Gründung der Universität in Frankfurt an der Oder. Der Plan <strong>des</strong> Kurfürsten, den Abt<br />

als Leiter der Universität zu gewinnen, schlägt allerdings fehl. Trithemius reist nach<br />

Süden, und auf dieser Reise kam es dann zu jenem Beinah-Treffen mit <strong>Faust</strong>.<br />

1508 verfasst er auf Bitte <strong>des</strong> Kurfürsten von Brandenburg den „Antipalus<br />

maleficiorum“, seinen Hexenhammer. Anders als der Hexenhammer <strong>des</strong> Institoris<br />

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