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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Marginalie, nicht zu vergessen, der Ansehensverlust, den die Inquisitoren durch den<br />

Streit mit Reuchlin erlitten hatten.<br />

9, 1526 bittet Landgraf Philipp von Hessen, die Beklagten doch gütlich zu befragen und<br />

sie nicht sofort mit Pein zu bedrängen. Man solle den Beklagten zunächst gütlich die<br />

Gelegenheit geben zu bekennen, damit sie sich vor weiterer Pein schützen.<br />

Das spricht für sich, die Angeklagten sollten so klug sein, gleich zu gestehen, bevor sie<br />

neben dem Feuertod auch noch die Qualen der Folter erleiden.<br />

10, 1531 verspottet Hans Sachs in Nürnberg den Teufelsglauben und die Zauberei.<br />

Sein „Wunderlich gesprech von fünff unhulden“ endet:<br />

„Diß als ist haidnisch und ein spot<br />

Bey den, die nicht glauben in Gott.<br />

So du <strong>im</strong> glauben Gott erkenst,<br />

So kann dir schaden kein gespenst.“<br />

Hans Sachs bewegt sich damit auf der Linie <strong>des</strong> Canon Episcopi, doch zur Hexenbulle<br />

oder gar zum „Hexenhammer“ äußert auch er sich nicht.<br />

11, Vollends rätselhaft, es werden Auszüge aus der Prozessordnung der „Carolina“ von<br />

1532 als Beweise einer aufgeklärten Gesinnung gereicht.<br />

In der „Carolina“ heißt es:<br />

„Item, so jemand sich erbaut, andern Menschen Zauberei zu lernen, oder jemand zu<br />

bezaubern droht, und dem Bedrohten dergleichen geschieht, auch sonderliche<br />

Gemeinschaft mit Zauberern und Zauberinnen hat, oder mit solchen verdächtigen<br />

Dingen, Gebärden, Worten und Weisen umgeht, die Zauberei auf sich tragen, und<br />

dieselbige Person <strong>des</strong>selben auch bezichtigt, das gibt eine redliche Anzeigung der<br />

Zauberei und genugsame Ursache zu peinlicher Frage.“<br />

Die Bezichtigung, eine Verleumdung, „gibt eine redliche Anzeigung“, sie genügte also<br />

bereits als „Ursache zu peinlicher Frage.“<br />

12, Am 16. Juni 1536 verweist der Rat der Freien Reichsstadt Nürnberg auf die reine<br />

Lehre <strong>des</strong> Evangeliums und verwarnt die Bürger innerhalb und außerhalb der Stadt,<br />

Wahrsager, Zauberer aufzusuchen, (Zauber)Kräuter zu gebrauchen und anderes mehr.<br />

Wer diesem Verbot entgegen handelt, werde vom Rat der Stadt ernstlich zur<br />

Rechenschaft gezogen.<br />

Dieser Ratsbeschluss der lutherischen Ratsherren klingt für uns Nachgeborene in der<br />

Tat fortschrittlich – allerdings nur <strong>im</strong> ersten Moment, die Stadt Nürnberg droht den<br />

Menschen mit Hexenprozessen. Im übrigen scheint das Zitat aus dem Zusammenhang<br />

gerissen. Wie bereits erwähnt, geht es in dieser Zeit um die alternative Autorität<br />

der Kunigund Hirtin, der „Zauberin von Dormitz“. Es ist dem Nürnberger Rat offenbar<br />

um Aufrechterhaltung der Ordnung und seiner Autorität zu tun, weniger um Volksaufklärung.<br />

Zusammengefasst lässt sich sagen, in keinem dieser Texte, ungeachtet in wessen<br />

Machtbereich sie geschrieben wurden, wird auch nur ein kritisches Wort über die Folter<br />

und die daraus resultierenden Geständnisse geäußert, von einem Protest gegen das<br />

Verbrennen angeblicher Hexen ganz zu schweigen. Die „Hexenbulle“ selbst ist gemäß<br />

den angebotenen Belegen kein Thema, das für Aufregung sorgt. So den Inquisitoren<br />

der Wind ins Gesicht blies, dann allein in der Reuchlinsache.<br />

Literaten, Buchdrucker, Bauern, Schafhirten, Kaufleute, Juristen, quer durch alle<br />

Volksschichten, vom Gauner bis zum Vorkoster an der bischöflichen Tafel, von Abt<br />

Trithemius bis Luther, wusste man sich über die Wirksamkeit von Zauber und Magie,<br />

über die Existenz <strong>des</strong> Teufels und über die Notwendigkeit der Verbrennung von Hexen<br />

grundsätzlich einig.<br />

Wolfgang Beringer steht nicht allein. Auch der Autor B. Emil König glaubt aufgeklärten<br />

Geist feststellen zu dürfen, er weist auf die protestantische Kirchenordnung der Stadt<br />

Nürnberg von 1533: „Zum fünfften nennet man Gottes Namen unnütz und vergeblich,<br />

wenn man zauberey damit treiben will. Und das ist nicht allein ein sünd, sunder auch<br />

eine grosse mechtige thorheyt, denn das sollt ir kindlein für gewiß halten … es ist<br />

nichts, denn dass der Teuffel dadurch große sünd anricht, dass man Gottes Namen<br />

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