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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Melanchthons Nachgiebigkeit findet sich in einem Gutachten für Frankfurt bestätigt, er<br />

schreibt am 19.Jan.1549:<br />

Laurentius ist ein Vorbild für die Starken. Es geht aber um einen Rat für die<br />

Schwachen. Wenn die Obrigkeit die Pastoren ersucht, wieder adiaphorische Riten<br />

einzuführen, um dadurch weiteren Forderungen zu entgehen und den Gemeinden<br />

Härten zu ersparen, so soll man nachgeben. … Bekenntnis und Leiden werden um der<br />

Wahrheit willen verlangt, z. B. bei Messe und Heiligenkult, nicht bei Nebensächlichkeiten<br />

wie Gesänge, Festen, Kleidern. …<br />

Am 8. Juni 1549, eröffnet Flacius von Magdeburg aus das Feuer gegen Melanchthon:<br />

„Dem Vorwurf der Undankbarkeit steht seine Gewissensbindung entgegen und die<br />

Pflicht, den Antichrist zu entlarven. Er wird Melanchthon sein Ansehen lassen, aber er<br />

wird darlegen müssen, wie Melanchthon in den Adiaphorismus hineingezogen wurde,<br />

wobei die eitle Hoffnung auf den Tod <strong>des</strong> Kaisers, gewonnen aus einer Mondfinsternis<br />

von 1547, mitspielte.<br />

Er, Flacius, handele unter Gewissenszwang.“<br />

Was man dem Fremdsprachengenie Flacius nicht abzukaufen braucht, denn die<br />

„Mondfinsternis“ ist ein schöner Hieb, dem nun weitere Gehässigkeiten folgen werden.<br />

„Melanchthons Leipziger Rede (Dok. 5386 vom 22. Dez. 1548) betrübe ihn.“ Heißt auf<br />

gut deutsch: „Melanchthons Rede bereitet ihm ungemeines Behagen, denn da<br />

Melanchthon so unüberlegt war, ihn öffentlich anzugreifen, kann er nun seinerseits<br />

Melanchthon attackieren.“ Melanchthon hatte Flacius u. a. namentlich als diejenigen<br />

erwähnt, die gar keine Änderungen zulassen wollten.<br />

„Er könnte zu seiner Verteidigung leicht die Fehler der Wittenberger, namentlich<br />

Melanchthons Brief an Christoph von Carlowitz (Dok. 5139 vom 28. April 1548)<br />

hochspielen.“<br />

Darin heißt es neben anderem: „Am Augsburger Inter<strong>im</strong> … sind die Zeremonien, die<br />

ihm eine liebe Kindheitserinnerung sind, annehmbar.“ Eine Meinung, zum einen noch<br />

vor dem 15. Mai 1548, dem Beginn <strong>des</strong> Inter<strong>im</strong>s, geäußert, zum andern besagt sie<br />

etwas völlig anderes, als was Melanchthons <strong>im</strong> Oktober an Kilian Goldstein schreibt.<br />

Ob Melanchthon nun taktierte oder schwankend war, oder durch seine unzähligen<br />

Gutachten überhaupt keine Linie mehr hatte, statt<strong>des</strong>sen nur noch – je nach<br />

Perspektive und Erfordernis, eine wabernde Spielmasse sah, es bleibe dahingestellt.<br />

„Oder auch die Bugenhagen Geschichte.“<br />

Das ist Dok. 4876 vom 2. Sept 1547, ein Brief Melanchthons an Veit Dietrich in<br />

Nürnberg: Dietrich soll bis zum Ende <strong>des</strong> Reichtags (Augsburg) ausharren, denn<br />

danach werden vielleicht kaiserliche Erlasse viele ins Exil treiben. Dietrich soll vom<br />

Reichstag berichten, aber nicht so senil wie Bugenhagen in seiner Historia „Wie es uns<br />

zu Wittenberg ergangen ist in diesem vergangenem Krieg …“<br />

Johannes Bugenhagen, der Autor jener Kriegshistoria, ist <strong>im</strong>merhin Rektor der<br />

Universität Wittenberg.<br />

Flacius schreibt weiter, „dass er Melanchthons Unbußfertigkeit bedauere, da dieser<br />

doch selbst seine Krätze als Strafe Gottes verstand. Und der zu ihm und anderen<br />

gesagt hatte, niemand könne mit gutem Gewissen an den Inter<strong>im</strong>sverhandlungen<br />

teilnehmen. Melanchthons verderbliche, nach Augsburg geschickte Schriften führten<br />

das Inter<strong>im</strong> herbei und schwächten den Widerstand. Er verweist auf Dok. 5105, 5110<br />

und 5139.<br />

Darin heißt es unter anderem: Der Pr<strong>im</strong>at <strong>des</strong> Papstes und die bischöfliche Verfassung<br />

kann bestehen bleiben, wenn der Papst die rechte Lehre vertritt.<br />

Bei aller Gehässigkeit <strong>des</strong> Flacius sei festgehalten, auch Melanchthon teilt gerne aus.<br />

Er nennt Flacius namentlich als einen derjenigen, die gar keine Änderung wollten; er<br />

führte Flacius also vor. Melanchthon hätte statt<strong>des</strong>sen auch Verständnis äußern oder<br />

neutral von „einigen“ sprechen können. Er bezeichnet, warum auch <strong>im</strong>mer, die kleine<br />

Kriegshistorie <strong>des</strong> Kollegen und Rektors als „senil“, wobei seine eigene Formulierung,<br />

„die Zeremonien, die ihm eine liebe Kindheitserinnerung, sind annehmbar.“ nicht wenig<br />

seltsam anmutet.<br />

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