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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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eines Kaisers, ihre Fleischeslust, die eines Freudenhauses, ihre Excesse allesamt<br />

irdischer Art, außerdem, Rom war weit.<br />

<strong>Faust</strong> hingegen war präsent, mit seinen Reden und seinem Treiben, ein Mann über den<br />

geredet wurde, für <strong>des</strong>sen Kunst es dringend eine Erklärung brauchte.<br />

Noch zu Lebzeiten wurde er zum Begriff eines überaus sündigen Lebens, er personifizierte,<br />

was den Anhängern <strong>des</strong> neuen reinen Evangeliums ein Gräuel war.<br />

Seine Sterbestunde, just in diesen Jahrzehnten, war dann seine Sternstunde. Anders<br />

gesagt: Das rechte Leben, ein rätselhafter Tod, und bei<strong>des</strong> zur rechten Zeit.<br />

<strong>Faust</strong>s entstellter Körper schuf endgültig Gewissheit, es war <strong>Faust</strong> nicht nur gelungen,<br />

den Teufel sich zu verpflichen, <strong>Faust</strong> war so weit gegangen, wie noch nie ein Mensch<br />

zuvor: Er hatte sich selbst, sein kostbares Seelenheil als Preis gesetzt.<br />

Päpste mussten nur besonders lange in der Hölle leiden, <strong>Faust</strong> war nun ein jemand,<br />

den es bis dahin auf der Erde noch nicht gegeben hatte. Selbst die Bibel weiß nichts<br />

von einem Menschen zu berichten, der das ewige Leben mit den Füßen tritt, mit dem<br />

Satan einen Pakt schließt, bei <strong>des</strong>sen Ablauf nichts als die Hölle wartete. <strong>Faust</strong> war ein<br />

Monster.<br />

Eva, in ihrer Lust auf eine gottgleiche Existenz, hat die Menschheit auf ewig mit dem<br />

Stigma der Erbsünde belastet; durch Gott können die Menschen aber erlöst werden.<br />

Eva hatte jedoch keinen Pakt mit der Schlange geschlossen, sie war verführt worden,<br />

mit dem, was <strong>Faust</strong> getan hatte, war es nicht zu vergleichen. <strong>Faust</strong> war der Anti-Hiob.<br />

Seine Auferstehung als literarische Figur gründete sich auf weit mehr als auf seinen<br />

Mythos zu Lebzeiten und sein gewaltsames Ende. <strong>Faust</strong> war ein Bedarfsartikel <strong>des</strong><br />

geistigen Kl<strong>im</strong>as. An seinem entsetzlichen Tod hatte sich bewahrheitet, was jene<br />

Menschen erwartete, die nicht Gottes Gnade zu erlangen suchten.<br />

Eine wichtige Rolle bei der Ausdeutung seiner Person spielte dabei die „Teufelsglauberei“<br />

jener Zeit.<br />

Die Annahme, jemand sei mit dem Teufel <strong>im</strong> Bunde, dass es wohl mit dem Teufel<br />

zugehe, war überall und schnell zur Hand, sobald etwas nicht sofort erklärbar war. Der<br />

Teufel war die Welterklärung für jedermann; mochte einer noch so unwissend sein,<br />

dass es den Teufel gab, das wusste er.<br />

Seit 1455 gab es gedruckte Bücher. Innerhalb einer Auflage glich ein Buch dem<br />

anderen wie ein Ei – zumin<strong>des</strong>t auf den ersten Blick. In den Augen der Zeitgenossen<br />

war der Buchdrucker ein „Schwarzkünstler“; irgendwie ging es be<strong>im</strong> Druck der Bücher<br />

mit dem Teufel zu.<br />

Eine Seiltänzerin in schwindelnder Höhe – selbstverständlich ohne Netz, ein Fechter<br />

mit einem „dünnen payrischen Schwert, der so schnell war, dass man sein Schwert<br />

nicht sah“, sie alle waren irgendwie mit dem Teufel <strong>im</strong> Bund, also Teufelskerle.<br />

Von anderer „Zunft“ war der Gaukelmacher, der „nebulo“, der Dunstmacher.<br />

„Loses Gesindel, das mit dem Gaukelsack in den landen umbherzihet“ und den<br />

Menschen Wein aus den Nasen laufen lässt. „Solche Possen weren zu leiden, giengen<br />

wol hin, wanns dabey bliebe und sie nicht übernatürliche unmenschliche spectakel<br />

erzeigten mit <strong>des</strong> teuffels beystand.“<br />

Letztlich aber auf harmlose Art. Nebulos machten Staunen, sie waren unterhaltsam,<br />

überall gern gesehen, auch gern empfohlen, weitergereicht von Bischof zu Bischof, von<br />

Stadt zu Stadt, so ihre Künste nur ungewöhnlich genug waren.<br />

Eine Satire der Reformationszeit spottete über der „Bischöfe ir lüderliches hofgesindt,<br />

nemlich springer, ringer, fechter, lutenschlaher, trompeter und <strong>des</strong> leichtfertigen volks<br />

gar vil.“<br />

Gefragt waren auch die mit Geistern und Kobolden verwobenen Heilkünste, eine<br />

Grauzone, die bereits gefährlich nahe an den Bereich der Zauberei, der Schadzauberei<br />

grenzte. Und dass es einzelne Menschen geben musste, die ein Bündnis mit<br />

dem Teufel geschlossen hatten, selbstredend dabei schwere Schuld auf sich geladen<br />

hatten, das war Allgemeinwissen; wobei man gern genaueres gewusst hätte. Nicht<br />

zuletzt darüber, wie die Sache mit der Anrufung und dem Bannkreis, dem Höllenzwang,<br />

funktionierte, damit man den Teufel auch mal leibhaftig zu sehen bekäme.<br />

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