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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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In „MBW, Band 10 / Orte A – Z und Itinerar“ ist mit Beginn <strong>des</strong> Briefwechsels<br />

Melanchthons Aufenthalt an jedem einzelnen Tag seines Lebens festgehalten. Gemäß<br />

„Band 10“ stellen sich Melanchthons Besuche in Bretten wie folgt dar:<br />

1518 Jul. Ende / M. kommt von Pforzhe<strong>im</strong> nach Bretten, Abschied von der Mutter.<br />

1524 Mai 03. Di. / M. kommt von Wiesloch? nach Bretten, wohnt be<strong>im</strong> Stiefvater<br />

Johannes Hechel <strong>im</strong> Gasthaus zur Krone. Camerarius, Burchard und Silberborner<br />

reiten alsbald weiter zu Erasmus nach Basel. M. erhält am 06. den Besuch der<br />

Heidelberger Professoren Martin Frecht, Hermann von Busche und S<strong>im</strong>on Grynaeus.<br />

Am 10. folgt der Besuch <strong>des</strong> Friedrich Nausea <strong>im</strong> Auftrag <strong>des</strong> Kardinals Lorenzo.<br />

Am 26. Abreise mit Camerarius und Burchard von Bretten nach Heidelberg.<br />

1529 Apr. 14.? 15. Do. 16.? / M. weilt Mär. u. Apr. in Speyer, Tagesbesuch in Bretten.<br />

1536 Sep. 17. So. – 23. Sa. / Ms. letzter Besuch in Bretten, Gespräch mit Nikolaus<br />

Müller und Georg Schwarzerd.<br />

Dass Melanchthon, der ohnehin gern plauderte, und seine Bekannten aus Kindertagen<br />

sich nicht auch über <strong>Faust</strong> unterhalten hätten, ist schwer vorstellbar. Und geradezu<br />

verwegen ist es anzunehmen, Melanchthon wäre den vollen Wonnemonat Mai <strong>des</strong><br />

Jahres 1524 nur auf der Ofenbank gesessen; gewiss hat er auch Bekannte in den<br />

umliegenden Ortschaften, also auch in Knittlingen besucht.<br />

Man darf wohl ohne Einschränkung sagen, Melanchthon war von Jugend an mit <strong>Faust</strong><br />

bzw. mit dem Thema „<strong>Faust</strong>“ gut vertraut.<br />

Und selbst nachdem er Bretten längst hinter sich gelassen und zu Luthers wichtigstem<br />

Mitarbeiter aufgestiegen war, <strong>Faust</strong>, soweit er in Knittlingen wieder für Gesprächsstoff<br />

gesorgt hatte, Melanchthon sollte darüber zumin<strong>des</strong>t in Umrissen informiert gewesen<br />

sein, sein Bruder Georg war ein schreibfreudiger Mensch. Zwar blieb gemäß „MBW“<br />

vom Briefwechsel der Brüder kein Brief Georg Schwarzerds erhalten und von den<br />

Briefen Melanchthons an seinen Bruder finden sich nur noch zwei, doch quer durch<br />

„MBW“ verstreut finden sich etwa 40 Hinweise auf diesen Briefwechsel. Melanchthon<br />

berichtet seinen Briefpartnern über jüngst Verstorbene seiner Brettener Verwandtschaft,<br />

er gibt weiter, dass der Kaiser in Bretten speiste, er erwähnt in einem<br />

Schreiben, dass er beiliegend einen Brief seines Bruders übersendet, damit der<br />

Empfänger sich selbst ein Bild mache, wie Spanier und Italiener – die kaiserliche<br />

Soldateska, in Württemberg hausen (nach dem Schmalkaldischen Krieg und der<br />

befohlenen Re-Katholisierung Württembergs <strong>im</strong> Jahr 1548). Und als Melanchthon<br />

seinen Kurfürst am 17.Juli 1536 um Urlaub bittet, nennt er neben anderen Gründen<br />

auch Erbschaftsangelegenheiten, die er mit seinem Bruder, Georg Schwarzerd, klären<br />

müsse.<br />

Zudem war Melanchthon, so gelehrt er auch war, für interessante Begebenheiten<br />

<strong>im</strong>mer gern zu haben. In einem Brief an Camerarius erwähnt er einen „märkischen<br />

Mönch, der geboren hat“, an anderes Mal gibt er weiter, dass „ein Blitz einen<br />

Schlossturm traf und einen alten Mann tötete“, er berichtet vom Tod einer Frau, die <strong>im</strong><br />

Lauf ihres Lebens 18 Kinder gebar, und dass ein „Hans Kohlhase ein Dorf bei<br />

Schlieben geplündert hat“, erzählt ihm ein Schreiben Luthers.<br />

Ein durchlaufen<strong>des</strong> Band schreiender Schlagzeilen, in das auch <strong>Faust</strong>, der Mann mit<br />

Nachrichtenwert und Tratschpotential, gut hinein passte. Mit Blick auf Knittlingen darf<br />

man sagen: So die Briefe Georg Schwarzerds noch existierten, wir wüssten etwas<br />

über „<strong>Faust</strong> in Knittlingen“.<br />

Gewiss nicht zuletzt <strong>des</strong>halb, weil Melanchthon gemäß „MBW“ sich zeitlebens für<br />

„Übernatürliches“ in hohem Maß interessierte. Wobei Melanchthons Interesse an<br />

Paraphänomen keineswegs die Lust eines Voyers war; er war mit der Ausdeutung von<br />

Wunderzeichen befasst, er unterschied dabei zwischen göttlichem und teuflischem<br />

Ursprung. Am 1.Sept. 1551 schreibt er an Hubert Languet über teuflische<br />

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