12.01.2013 Aufrufe

Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Bei allen denkbaren Gründen, die ihn seinen Entschluss fassen ließen, es darf nicht<br />

außer Acht gelassen werden, <strong>Faust</strong> hatte, gemessen an seiner Zeit, ein hohes Alter<br />

erreicht. Ein Alter, in welchem Menschen sich in Gedanken mit dem Tod vertraut<br />

machen. Die Erkenntnis, dass er sich <strong>im</strong> letzten Stadium einer schweren Krankheit<br />

befand, sollte von daher kaum eine plötzliche Traurigkeit hervorrufen. Schließlich<br />

wusste er bereits seit längerer Zeit, dass er krank war, auch muss er sich bewusst<br />

gewesen sein, dass seine Lebensuhr an sich abgelaufen war. Er hatte gut gelebt, und<br />

er hatte mit dem Anspruch gelebt, jemand Besonderes zu sein.<br />

Er war „Doctor Jörg <strong>Faust</strong>us von Haidlberg“ und ein „Philosophus Philosophorum“,<br />

nicht zu vergessen ein „helmitheus“, und eine Berühmtheit sowieso.<br />

<strong>Faust</strong> legte also nicht unbedingt Wert darauf, jeden Tag noch auszukosten, sein<br />

Augenmerk war eventuell eher auf die Art <strong>des</strong> Sterbens gerichtet; ein Tod am<br />

Wegrand ist von geradezu entsetzlicher Beiläufigkeit.<br />

<strong>Faust</strong>, der gefangen in Traurigkeit am Tisch sitzt, entspricht wenig einem Menschen,<br />

der nach einem wahrhaft erfüllten Leben den letzten Entschluss gefasst hat, dem er<br />

zwar bangen Herzens und traurig entgegen sieht und dennoch gefasst, eventuell auch<br />

mit der lässig-verächtlichen Würde eines Hemitheus ins Auge schaut.<br />

<strong>Faust</strong>, an jenem Tisch, entspricht eher dem Bild eines verwundeten Menschen.<br />

Es scheint, dass <strong>Faust</strong> etwas Gravieren<strong>des</strong> über die Leber gelaufen ist, etwas, das ihn<br />

in tiefster Seele getroffen hat. Ein Mensch, der so sehr die Inszenierung liebte, mehr<br />

noch, der zu Lebzeiten bereits zum Mythos geronnen, ein Halbgott ist, nichts trifft ihn<br />

härter, als wenn jemand an seinem Lack kratzt, wenn er bei seiner Inszenierung<br />

gestört wird.<br />

Der Trithemiusbrief war seit einigen Jahren <strong>im</strong> Umlauf. Für <strong>Faust</strong> war der Inhalt <strong>des</strong><br />

Briefes kein Handicap. Im Gegenteil, der Brief war ein Empfehlungsschreiben. „Dieser<br />

Abt, dieser Möchtegernzauberer, der aus Sponhe<strong>im</strong> hinaus gesaust war … dieser Abt<br />

wagte zu behaupten, dass <strong>Faust</strong> ein Nichtskönner wäre … es darf gelacht werden!“<br />

Die Künste, die der Abt so gern beherrscht hätte, praktizierte <strong>Faust</strong> auf dem nächsten<br />

Marktplatz als Dreingabe. Wer möchte einem Telepathen widersprechen?!<br />

Seit August 1539 war allerdings der „Index Sanitatis“ in Umlauf, dass einige<br />

Exemplare <strong>im</strong> nachfolgenden Jahr bereits <strong>im</strong> oberen Rheintal anlangten, ist sehr<br />

wahrscheinlich; Worms liegt gleichsam um zwei Ecken.<br />

Begardi war kein Abt Trithemius, Begardi war ein ordentlicher Arzt der Scholastik, er<br />

hatte studiert. Seine Darstellung sprach gewiss jene an, die einmal selbst studiert<br />

hatten, sodann aber auch jene, die sich an <strong>Faust</strong>s anmaßendem Auftreten schon<br />

<strong>im</strong>mer gestört hatten.<br />

Und <strong>im</strong> „Index Sanitatis“ stand zu lesen: „<strong>Faust</strong>us … Wie vil aber mir geklagt haben,<br />

dass sie von jm seind betrogen worden …“<br />

<strong>Faust</strong>, ein notorischer Betrüger! Schwarz auf Weiß konnte es die Burgenschickeria<br />

lesen. Selbstredend auch die Gebildeten zwischen Straßburg, Freiburg und Basel.<br />

Und Begardi stempelt ihn nicht lapidar als Betrüger ab, er gliedert seine Darstellung.<br />

Als erstes bezeichnet er ihn als Hochstapler: „<strong>Faust</strong>us, domit sich geschriben<br />

Philosophum Philosophorum etc. Wie vil aber mir geklagt haben, dass sie von jm<br />

seind betrogen worden …“ <strong>Faust</strong> habe die Visitenkarte eines Aristoteles verwendet,<br />

um vielfachen Betrug zu üben.<br />

Sodann konkretisiert Begardi <strong>Faust</strong>s Vorgehensweise: „Nuon sein verheyssen ware<br />

auch groß, …aber die that, wie ich noch vern<strong>im</strong>m, vast kleyn vnd betrüglich erfunden.“<br />

Begardi macht den Leser darauf aufmerksam, bei <strong>Faust</strong> st<strong>im</strong>mte das Verhältnis von<br />

Angebot und Leistung nicht. Eine Feststellung, die den Leser zum Nachdenken<br />

anregte. Begardi schreibt weiter: „doch hat er sich <strong>im</strong>m gelt nehmen, oder empfahen –<br />

das ich auch recht red – nit gesaumpt, vnd nachmals auch <strong>im</strong>m abzugk, er hat, wie ich<br />

beracht, vil mit den ferßen gesegnet.“ Eine weitere Textstelle, die den Leser<br />

nachdenklich machte, ihn in seinen Erinnerungen kramen ließ.<br />

Falls es sich tatsächlich so verhielte, dass Begardi mit seinem “Index Sanitatis“ <strong>Faust</strong><br />

aus <strong>des</strong>sen irdischer Bahn warf, darf man es als Ironie <strong>des</strong> Schicksal, als aus-<br />

235

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!