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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Was ging damals in Deutschland vor? Es wird eine reichsweite Vefolgung der Ketzer<br />

verfügt, aufständische Bauern werden durch ein Kreuzfahrerheer niedergeworfen.<br />

Als Antwort darauf zunächst ein weiteres Zitat aus „Höfische Kultur 1, Joach<strong>im</strong> Bumke“:<br />

„Die Regalien, wie 1232 zuerkannt, wurden zu wichtigen finanziellen Einnahmequellen<br />

für die Territorialherren, während Burgenbau und Städtegründungen sich als wirksame<br />

Instrumente <strong>des</strong> Landausbaus erwiesen. Den größten Widerstand gegen die<br />

Umsetzung der neuen Form von Gebietsherrschaft – sie löste den Personenverbundsstaat<br />

ab, leisteten die alten Adelsfamilien, von denen die meisten ihre Hoheitsrechte an<br />

die Lan<strong>des</strong>fürsten verloren und in die Territorialstaaten integriert wurden.“<br />

Hinter dieser trockenen Sprache verbirgt sich eine wilde Umschichtung von Macht und<br />

Recht, deren Anfänge gewiss vor 1150 anzusiedeln sind; mit der „Confoederatio cum<br />

principibus ecclasticis“ von 1220 und dem „Statutum in favorem principum“ von 1232<br />

wurden diese frei geschaffenen Fakten für rechtens erklärt. Zu den Verlierern zählte<br />

einmal das Kaisertum, grundsätzlich war es mit der gleichzeitigen Wahrung seiner<br />

Interessen sowohl in Italien als auch in Deutschland von Anbeginn überfordert<br />

gewesen.<br />

Der alte Adel wiederum hatte die Begehrlichkeit der Fürsten selbst auf sich gelenkt, er<br />

hatte sich von Generation zu Generation nicht nur finanziell durch stan<strong>des</strong>gemäße<br />

Verschwendung und Schenkungen verausgabt, er hatte sich zudem auf Kreuzzügen<br />

und bei Turnieren – in doppelten Sinn <strong>des</strong> Wortes – ausgeblutet; stan<strong>des</strong>gemäße<br />

Verpflichtungen, die ebenfalls kostspielig und gar nicht selten tödlich waren.<br />

Doch nicht allein, dass die Lan<strong>des</strong>fürsten sich ehemalige Kaiserrechte nahmen und die<br />

Macht <strong>des</strong> Alt-Adels reduzierten, sie griffen auch, der Fall „Steding zeigt es, in alte<br />

Bauernrechte ein; der Bremer Bischof beschnitt das Jagdrecht.<br />

Walther von der Vogelweide über das Treiben auf der Wartburg, dem Hof <strong>des</strong><br />

Landgrafen von Thüringen: „… Ein Haufen tobt heraus, ein anderer hinein, und das bei<br />

Tag und Nacht. … Das Hab und Gut wird durchgebracht, mit stolzen Haudegen, von<br />

denen jeder das Zeug zum Berufsfechter hat, der für Geld anderer Leute Händel<br />

austrägt. … Wenn er (der Landgraf) für ein Fuder guten Weines eine Unsumme zahlen<br />

müsste, vor leerem Becher säß keiner seiner Ritter.“<br />

Der Thüringer Landgraf tränkte nicht umsonst jene Horde von Haudegen, er brauchte<br />

sie um seine „Landgrafschaft zu konsolidieren und auszubauen“, also seinen Willen,<br />

seine Willkür vor Ort durchzusetzen, wenn er den Bauern ihre Rechte neu definierte,<br />

wenn er bei Anrainern gewisse „Flurbereinigungen“ vornahm. Denn die Umschichtung<br />

von Rechten fand nicht nur von unten nach oben statt, die Fürsten übten auch<br />

untereinander den Rechtsbruch. München wurde aus einem derartigen Übergriff<br />

heraus gegründet: Im Jahr 1158 ließ Heinrich der Löwe „bei den Mönchen“ eine Brücke<br />

über die Isar schlagen, verbrannte die flussabwärts gelegene Brücke <strong>des</strong> Bischofs von<br />

Freising und leitete die Salzfrachten, die von Salzburg nach Augsburg gingen, über<br />

München.<br />

Die Vorgänge jener Zeit weisen deutliche Parallellen zu den Umwälzungen um 1500<br />

auf.<br />

Da ist einmal der Fall „Steding“. Ein kleiner Gau feiert mehr als dreißig Jahre fröhliche<br />

Urstände, er widersteht zudem mehreren Angriffen. Um die kleine Selbstherrlichkeit zu<br />

beenden braucht es einen kaiserlichen Erlaß, sodann eine Bulle und schließlich einen<br />

Kreuzzug. Mag sein, dass „Steding“ ein Sonderfall war, doch es ist der Schluss<br />

zulässig, dass auf Grund der Eingriffe in alte Rechte sich allgemein eine gefährliche<br />

Unruhe in den Landschaften eingenistet hatte, die sich nicht allein in Zusammenrottungen<br />

äußerte, sondern auch durch Gewalttätigkeiten und Brandstiftungen.<br />

Dass es zu keinem Bauernkrieg kam, lag wohl an den noch nicht vorhandenen<br />

Kommunikationsmitteln sowie an der seinerzeit mäßigen Bevölkerungsdichte.<br />

Aus dieser Zeit – einst<strong>im</strong>miges Bedauern der Historiker, sind nur wenige Dokumente<br />

überliefert, und oft liegen diese wenigen Dokumente lediglich als Fragmente vor.<br />

Liest man sich durch die heute soweit noch vorhandenen Texte der Minnesänger,<br />

denkt man unwillkürlich an Ulrich von Hutten. „ … Ich hab sie an den Stock gebunden,<br />

all ihr Gut ist mein, ihr deutsches Silber fährt in meinen welschen Schrein.“ heißt es bei<br />

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