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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Es wurde bereits gesagt: die Aufhebung der Klöster, die Einziehung <strong>des</strong> Klosterguts,<br />

die Überführung der klostereigenen Dörfer in die Leibeigenschaft eines Lan<strong>des</strong>herrn,<br />

es waren ideologisch verbrämte Enteignungen, die einzig dadurch zu Recht wurden, da<br />

sie mit den Jahre zu unumstößlichen Tatsachen wurden. Anders gesagt, es wurde<br />

weiträumig frecher Rechtsbruch verübt, wobei der Kaiser nicht allein darauf verzichtete,<br />

die Rechtsbrecher durch das Reichsgericht zu bestrafen, er verzichtete dazu auf seine<br />

Rechte als Schutzherr der Kirche, <strong>des</strong> weiteren weigerte er sich gegen Ketzer vorzugehen,<br />

was mit dem Edikt „Cum ad conservandum“ Kaisers Friedrich II. <strong>im</strong> Jahr 1224<br />

seine Pflicht gewesen wäre.<br />

Dass der Kaiser – umgeben von klugen Juristen, keinen seiner Hebel nutzte, erlaubt<br />

den Schluss, es waren Geld und andere Leistungen <strong>im</strong> Spiel.<br />

Wobei durch „Worms“ das Geschäft freilich keineswegs beendet war. Der Kaiser selbst<br />

hatte sich nicht festgelegt, dazu hatte er in der künftigen Behandlung der lutherischen<br />

Angelegenheit und deren Repräsentanten – diesen verkleideten Ketzern, nun zum<br />

einen ein Druckmittel gegenüber Rom in der Hand, auch bewegten sich diese Luther<br />

zugeneigten Fürsten weiterhin <strong>im</strong> Raum von Rechtsbruch, Unfriede, Ungehorsam, was<br />

wiederum – so die Situation weiter ausreifte, seinem persönlichem Streben nach<br />

Errichtung der Universalmonarchie eines Tages sehr nützlich sein würde.<br />

An Hand dieser frühen Vorgänge wird bereits deutlich, das Allerwelts-Urteil, der Kaiser<br />

sei ein Feind der Protestanten gewesen, schafft keine Klarheit über die Motive seines<br />

Handelns. Vermutlich gab es in seinen Augen nur Faktoren: Rom, Luther, die<br />

finanziellen Interessen in der Luther-Sache u.v.a.m. Faktoren, die es mit einander zu<br />

verrechnen galt, jeder Faktor freilich mit einer Variablen ausgestattet – eine<br />

Rechenaufgabe, die von Woche zu Woche neu gestellt, Verstand brauchte. Und<br />

Verstand hat Karl V. wohl besessen, der Mann, über <strong>des</strong>sen Unterredungen, Schuldverschreibungen<br />

und Schlachtfeldern, die Sonne nie unterging.<br />

Geld war wohl auch der stille Motor der Restitution Württembergs an Herzog Ulrich,<br />

wobei die anschließende Reformierung <strong>des</strong> Herzogtums mit dem Kaiser sicherlich<br />

abgesprochen war. Wie anders sollte Herzog Ulrich die Summe aufbringen, die er dem<br />

Kaiser für die Rückgabe Württembergs vermutlich zu zahlen hatte?<br />

Womit das Geschäft keineswegs beendet war. Denn nicht allein, dass sich Herzog<br />

Ulrich damit in die Reihe der protestantischen Fürsten stellte, gutmöglich ließ er sich<br />

demnächst wieder zu einer neuen Tollheit hinreißen, worauf man ihm die Herrschaft<br />

über Württemberg wieder entziehen konnte.<br />

Dass die Reformation stets Hand in Hand mit einer Art von Gegenleistung ging, bei der<br />

Reformierung Brandenburgs ist es offenkundig. Als der Bruder <strong>des</strong> Kaisers gegen die<br />

Reformierung protestiert, rüstet der Kurfürst von Brandenburg ein Heer aus und schickt<br />

es gegen die Türken.<br />

Womit das Geschäft keineswegs beendet war. Zeitgleich bietet der Bruder <strong>des</strong> Kaisers<br />

den Ungarn an, sie von türkischer Herrschaft zu befreien, so sie sich vom<br />

Protestantismus lossagten. Eventuell hatte er dazu bereits mit Rom entsprechende<br />

Zahlungen oder als Adaequat, einen Waffenstillstand vereinbart.<br />

Vielschichtig erhellend sind die Vorgänge um die Annexion <strong>des</strong> Bistums Naumburg-<br />

Zeitz. Grundsätzlich hätte es genügt, den Übergriff vor dem Reichsgericht zu<br />

verhandeln und dem Urteil – falls erforderlich – durch ein Reichsheer Geltung zu<br />

verschaffen. Doch anstelle der Mühlräder der Justiz, beginnen die Räder der<br />

Reisewagen der Unterhändler zu rollen, die Annexion eines Bistums ist ein gefährlicher<br />

Präzedenzfall, Rom ist aufgeschreckt, dieser Kaiser musste endlich seinen Pflichten<br />

nachkommen. Der Kaiser hingegen war vermutlich nur angetan, über Jahrzehnte<br />

hinweg hatte er die Sache reifen lassen, die freche Formierung eines Schmalkaldischen<br />

Bun<strong>des</strong>, die Verrätereien mit dem französischen König, die Pressung zum<br />

Nürnberger Anstand, wohlwissend, dass der Tag kam, da ein Mitglied <strong>des</strong><br />

Schmalkaldischen Bun<strong>des</strong> sich offen ins Unrecht und damit in seine Hand es begab.<br />

Dass die Jahre geduldigen Wartens ihm als Handhabe allerdings den Raub eines<br />

Bistums in den Schoß geworfen hatten, war mehr als eine hübsche Zugabe, endlich<br />

würde Rom sich mit ihm vernünftig unterhalten. Der Papst schließt mit dem Kaiser<br />

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