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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Und an nochmal anderer Stelle heißt es in Martin Luthers Reden bei Tisch:<br />

„Doctor Martin sagte viel von Zäuberei, vom Herzgespann (Herzschmerzen) und<br />

Alpen, wie seine Mutter sehr / geplaget wäre worden von ihrer Nachbarin, einer<br />

Zäuberin, die sie aufs aller freundlichste / und herrlichste hat müssen halten und<br />

versöhnen. Denn sie schoss ihr die Kinder, dass sie sich zu Tode schrien.“<br />

Und vielleicht war Melanchthon auch unter den Zuhörern, als Luther 1526 in<br />

Wittenberg über die Zauberinnen predigte:<br />

„Es ist ein überaus gerechtes Gesetz, dass die Zauberinnen getötet werden, denn sie<br />

richten viel Schaden an, was bisweilen ignoriert wird, sie können nämlich Milch, Butter<br />

und alles aus einem Haus stehlen, indem sie es aus einem Handtuch, einem Tisch,<br />

einem Griff melken, dabei das eine oder andere gute Wort sprechen und an eine Kuh<br />

denken. Und der Teufel bringt Milch und Butter zum gemolkenen Instrument. Sie<br />

können ein Kind verzaubern, dass es ständig schreit und nicht isst und nicht schläft.<br />

Auch können sie gehe<strong>im</strong>nisvolle Krankheiten <strong>im</strong> menschlichen Knie erzeugen, dass<br />

der Körper verzehrt wird. Wenn du solche Frauen siehst, sie haben teuflische<br />

Gestalten, ich habe einige gesehen. Deshalb sind sie zu töten.“<br />

Luther berief sich dabei auf das Alte Testament, Exodus 22,17. Wobei aber die<br />

Textstelle bei Leviticus 20,27 auch die To<strong>des</strong>strafe für Wahrsager und Totenbeschwörer<br />

vorschreibt, womit die sich stetig verschärfende Gesetzgebung, die<br />

zuvorderst in den reformierten mitteldeutschen Fürstentümern um sich griff, auch<br />

theologisch begründet war.<br />

Die Beschwörung von Toten, die Nigromancei, damit man Auskunft über Vergangenheit<br />

und Zukunft erhalte, wurde in jener Zeit nicht mehr praktiziert; Nigromant war zu<br />

einem weitgefassten Begriff geworden, der selbst auf jene angewandt wurden, die<br />

gewagte Kunststücke vorführten, also echte Teufelskerle waren.<br />

*<br />

Die kleinen Hausfreunde – auf dem Bücherbrett<br />

Der Sauff Teuffel (1551), Der Hosen Teuffel (1555), Der Ehe Teuffel (1556), Der Fluch<br />

Teuffel (1556), Der Spiel Teuffel (1557), Der Jag Teuffel (1560), Der Zauber Teuffel<br />

(1553), Der Hurn Teuffel (1565), Der Hoffarts Teuffel (1565), Der Tanz Teuffel (1567),<br />

Der Pestilenz Teuffel (1569), Der Sabbaths Teuffel (1572), Der Eyd Teuffel (1574),<br />

Kleider-, Pluder-, Paus- und Krausenteufel (1581), Lügen- und Lästerteufel (1581),<br />

Neidteufel (1582). Die Bücher stammen von verschiedenen Autoren.<br />

Aus „<strong>Faust</strong> – Die Spuren eines gehe<strong>im</strong>nisvollen Lebens“, von Günther Mahal<br />

*<br />

„Kuntling“ <strong>im</strong> Staatsarchiv<br />

Dieses merkwürdige „Kundling“; Melanchthon hatte es besser gewusst, er hätte auch<br />

von „Knüthlingen“ sprechen können. Wenn er gleichzeitig fre<strong>im</strong>ütig vor den Studenten<br />

äußert: „Ich hab einen gekennet“, dann kann das nur so interpretiert werden, dass er<br />

die Ernsthaftigkeit seiner Belehrung unterstreichen wollte, da er gleichsam wisse, von<br />

was er rede. Eines konnte allerdings nicht in seinem Interesse sein, die Gedanken<br />

seiner Zuhörer auf Knittlingen zu lenken, es wäre nicht <strong>im</strong> Sinn einer allgemeinen<br />

Belehrung gewesen. Auch war Knittlingen, abgesehen von der Zeit zwischen 1548 und<br />

1552, seit 1534 ebenfalls lutherisch, dass es nun als <strong>Faust</strong>s Geburtsort – noch dazu in<br />

Nachbarschaft zu Bretten, zum Teufelsnest werden sollte, das musste nicht sein.<br />

Folglich präsentierte Melanchthon wohl ein „Pseudonym“.<br />

Zu diesem Zweck könnte er zur Liste der Namen für Knittlingen aus älterer Zeit<br />

gegriffen haben. Zur Auswahl standen gemäß den heute noch erhaltenen Urkunden:<br />

1275: Knutelingen, 1280: Knuttlingen, 1290: Knutelingen, 1291: Kuntlingen, 1311:<br />

Knùtelingen, 1336 Knutelingen, 1339 Knudtlichen, 1351: Knutlingen, 1367:<br />

Knuttelingen, 1409: Knuttelingen, 1433: Knitlingen, 1443 Knùttlingen, 1450: Knutling,<br />

1501: Knutlingen.<br />

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