Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

Das viel zitierte Wissen der weisen Frauen, das angeblich mit der Hexenverfolgung
vernichtet werden sollte, ist ein ideologisches Märlein. Die Antriebskräfte der Verfolgung
war ein Amalgam von Banalitäten: Machterhalt, Frauenverachtung, Geldgier,
Verblendung … Das besagte Wissen wiederum war kein allgemeines Wissen, sondern
die ganz individuelle Frucht persönlicher Selbsterkundung, der Traumerfahrungen, der
Intuition und der Selbstdisziplinierung.
Das faktische Wissen selbst, wie in „Medicus Faust“ umfassend dargestellt, war
gering, der Verlust oder auch das Vergessen von Riten und Sprüchen ist
unbedeutend. Sympathetischer Heilzauber lebt von den trainierten Eigenqualitäten
sowie vom Glauben. Sprüche und Handbewegungen sind austauschbar.
Lesetipp: Wer sich abseits des Soft-Schamanismus der Gegenwart über diese alte
„Kunst“ informieren möchte, dem sei das Buch „Grenzwelten“ von Claus Priesner
empfohlen. Was der Autor darüber im Kapitel „Das schamanistische Weltbild oder die
wunderbare Welt“ berichtet, ist weniger wunderbar, als vielmehr erschreckend.
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„Grüß Gott! Ich bin der Teufel!“
„Herr, steh auf! Der Jüngste Tag ist da, denn die ganze Welt ist voller Heuschrecken!“
Der spätere Kaiser Karl IV. setzte sich aufs Pferd, ritt eine Tagesweite und vermochte
das Ausmaß des Schwarms nicht festzustellen. Man schrieb das Jahr 1338.
Wiederholt fallen riesige Heuschwärme in diesen Jahren über die Landschaften her, sie
bringen den Hungertod. Zu Anfang des Jahrhunderts waren bereits Missernten in Folge
aufgetreten, die Ursache war – wie heute bekannt, ein Vulkanausbruch im Jahr 1258 in
den Tropen gewesen; in Europa hatte eine kleine Eiszeit begonnen. Am 9. 9. 1302
erfroren im Elsaß die Reben, am 2. 5. 1303 standen die Bauern in Deutschland vor
ihren erforenen Saaten. Drei Körner auf ein Saatkorn war eine schlechte Ernte, vier
Körner galten als gute Ernte, in den Jahren nun aufeinander folgender Missernten
erhalten die Bauern nicht einmal ihr Saatgut zurück.
Heute sind 24 Körner auf ein Saatkorn möglich.
Es liegt nahe, dass nachfolgend die Viehwirtschaft forciert wurde, womit die bis dahin
geübte schonende Bodennutzung durch die Dreifelderwirtschaft von Acker-Brache-
Weide aufgegeben wurde, mit der Folge, dass die Böden an Pflanzennährstoffen
verarmten. Die daraus wieder resultierende Folge waren Gräser, die arm an Eiweiß
sind, die jedoch – merkwürdiger Weise, von Heuschrecken bevorzugt werden; ein
Teufelskreislauf war in Gang gekommen.
Und neben dem Hungertod wütet der schwarze Tod, die Pest. Sie packt Arme wie
Reiche, Priester und Beamte. Die Verwaltung bricht zusammen, Faustrecht herrscht.
Es wird geschätzt, dass in Deutschland etwa 3 Millionen Menschen an der Pest
starben; ein Drittel der Bevölkerung. Weite Ackerflächen, die zwischen 1200 und 1300
unter den Pflug genommen wurden, sowie die dazu gehörenden Siedlungen werden
wieder aufgegeben. Historiker sprechen von Wüstungen.
Zu allem Entsetzlichen kommt es zu mehreren Erdbeben. Villach in Österreich wird
zum Grab seiner Bewohner, mitten in der Stadt spaltet sich die Erde, die einstürzenden
Häuser begraben 6 000 Menschen. Noch schrecklicher ist das Basler Beben im Jahr
1336, seine Zerstörungsgewalt reicht bis in das Gebiet um den Kaiserstuhl.
Dass es den Teufel gibt, das wusste man schon seit undenklichen Zeiten. Doch
während im Neuen Testament dem Teufel nur ein einziger Auftritt gestattet ist, fasst in
diesem halben Jahrhundert grauenhafter Ereignisse die Anschauung Fuß, der Teufel
treibe auf der Welt sein allumfassendes Unwesen. Der Teufel wird zum zentralen
Schlüssel, über den sich alles Elend und Schrecken, die furchterregenden Ereignisse,
die Welt als ganzes, erklären lässt.
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