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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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Reiches sei seit Arminius ein fortwährender Kampf gegen Rom gewesen. Rom habe<br />

Schuld, dass die Deutschen sich nicht selbst leben konnten.<br />

Selbstredend hat der leuchtende Schild höchster Ideale auch eine Kehrseite.<br />

„Der Pfefferkorn mag seinen Leib in Taufwasser tauchen, er bleibt ein Jude!“ resümiert<br />

Erasmus von Rotterdam <strong>im</strong> „Reuchlinstreit“, um selbstkritisch die Feststellung zu<br />

treffen: “Wenn es christlich ist, die Juden zu hassen, so sind wir allesamt nur allzu gute<br />

Christen!“ Erstaunliche Reden, welche die seinerzeitige Leuchte aller Gebildeten da<br />

führt; nicht zuletzt sind sie aufschlussreich. Es ist ihm nur um die Inhalte der jüdischen<br />

Schriften, um seine Bildung zu tun, die Menschen, welche diese Bildung hervorbrachten,<br />

sind ihm gleichgültig; Bildung zwecks Selbstbespiegelung, ohne Herzensbildung.<br />

Als sein Freund Ulrich von Hutten nach dem Abenteuer der Sickingischen<br />

Fehde bei ihm Zuflucht sucht, weist er dem mittellosen und von der Syphilis<br />

gezeichneten die Tür; sein Ansehen darf durch nichts getrübt werden.<br />

„In Erasmus von Rotterdam verkörperte sich die ganze Schwachmütigkeit, die ganze<br />

Eitelkeit, der feine Epikuräismus und die feige Charakterlosigkeit, die bis auf den<br />

heutigen Tag dem selbstgenügsamen Gelehrten- und Literatentum anhaftet.“ notierte<br />

dazu 1860 der Gelehrte Rudolf Haym.<br />

Erasmus von Rotterdam schrieb an die 150 Bücher, korrespondierte mit den<br />

Majestäten der Erde, und hinterließ neben 2000 Briefen auch die Erkenntnis:<br />

„Menschen werden nicht als Menschen geboren, sondern als solche erzogen!“<br />

Die Liebe zur Bildung, zu Sprachen und Schriften, aber auch der Widerspruch<br />

zwischen geistigem Anspruch und tatsächlichem Engagement eines Erasmus von<br />

Rotterdam gilt für das Gros der Humanisten. In diesen Jahrzehnten, in welchen die<br />

Abriegelung der Oberschicht nach unten, die Einebnung der übrigen Bevölkerungsschichten<br />

zu Untertanen voranschreitet, ist Bildung die letzte Möglichkeit, in die Oberschicht<br />

aufzusteigen. Wer es geschafft hat, zieht die Leiter hinter sich hoch.<br />

Laufend werden Juden vertrieben; 1480 aus Glogau, 1489 aus Würzburg, 1492 aus<br />

Mecklenburg, 1493 aus Magdeburg, 1496 aus Kärnten und Krain, 1498 aus Nürnberg,<br />

1499 aus Ulm … 1510 werden in Berlin 38 Juden verbrannt, unter der Folter haben sie<br />

Ritualmorde gestanden. Es erhebt sich keine St<strong>im</strong>me dagegen.<br />

Überall witzelt man über wild gewordene „Heckenrichter“, die selbst noch einen<br />

Hühnerdieb dem peinlichen Verhör unterwerfen, zu hören, ob er nicht auch ein Ei<br />

gestohlen habe. Es bittet niemand um Mäßigung.<br />

Immer wieder kommt es zu einzelnen Hexenverbrennungen, niemand meldet Zweifel<br />

an.<br />

Barfuss, in Lumpen schieben sich Armut und Krätze durch die Gassen, eilig rafft man<br />

die teuren Mäntel.<br />

Die Misswirtschaft <strong>des</strong> geradezu pathologisch zu nennenden Herzog Ulrich führt 1514<br />

zur Erhebung <strong>des</strong> „Armen Konrad“. Es kommt zu keinen Kampfhandlungen, die<br />

Zusammenrottung der Bauern endet mit der Eingabe eines breiten Beschwerdekatalogs.<br />

Die Beschwerdeführer lässt Herzog Ulrich von Württemberg hinrichten. Es<br />

kommt kein Wort <strong>des</strong> Protests.<br />

Landgraf Philipp von Hessen lebt in Bigamie. Luther, der einst in Worms 1521 so<br />

überzeugte große Worte sprach: „Ist es aus den Menschen, so wird es untergehen, ist<br />

es von Gott, so werdet es ihr es nicht dämpfen!“, gemeinsam mit Melanchthon deckt er<br />

den Landgrafen. Am 10. Dez. 1539 schreiben sie dem Landgrafen: „Obwohl Gott die<br />

Vielweiberei zugelassen hat, ist sie doch gegen die Schöpfung und Christi Gebot. …<br />

Der Landgraf soll sich begnügen … Wenn dies nicht möglich ist, so kann er um <strong>des</strong><br />

Gewissens willen eine gehe<strong>im</strong>e Ehe schließen, die das Volk nicht von einem – nicht<br />

anstößigen – Konkubinat unterscheiden kann.“ Unterschrieben von: Bucer, Corvinus,<br />

Krafft, Lening, Winter, Melander und Raid. Der Landgraf ist politisch wichtig,<br />

gemeinsam mit dem sächsischen Kurfürst führt er den Schmalkaldischen Bund.<br />

Als die Juden keine Protestanten werden wollen, verfasst Luther 1543 das Werk „Von<br />

den Jüden und ihren Lügen“. Der Schweizer Reformator Bullinger stellt zum Inhalt fest:<br />

„…von einem Schweinehirten, nicht von einem berühmten Seelenhirten geschrieben.“<br />

Und es ist Melanchthon, der einst von Reuchlin betreut wurde und somit den bitter-<br />

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