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Faust im Visier des Geheimdienstes (PDF) Neufassung

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nicht auffstehen. Vnd als es schier auff den Mittag kam / hat der Wirt etliche Menner<br />

zu jm genommen / vnd ist inn die Schlaffkammern gangen / darinn er gelegen ist / da<br />

ist er neben dem Bette todt gelegen gefunden / vnd hatte jm der teuffel dz angesicht<br />

auff den Rücken gedrehet.“<br />

Die Schilderung beinhaltet eine moralisierende Kommentierung: „dann er war sonsten<br />

gar ein vnuerschämbter Vnflat / vnnd fürete gar uberauß ein bübisch leben / also / das<br />

er etliche mal schier vmbkommen were von wegen seiner grossen Hurerey.“<br />

Die übrigen Zeilen sind vorgangsbezogen. Dass zum Schluss der Teufel als Täter<br />

gereicht wird, ist in jener Zeit ein Muss. Was für einen löblichen Juristen, versehen mit<br />

Carolina inklusive Hexenhammer, gutes Recht ist, kann für einen Wirt nicht falsch<br />

sein.<br />

<strong>Faust</strong> wurde also neben seiner Bettstatt mit gebrochenem Genick aufgefunden.<br />

Pfarrer Gast bestätigt in seinem „SERMONES CONVIVALES“ von 1541 die To<strong>des</strong>ursache,<br />

„Seine Leiche lag auf der Bahre <strong>im</strong>mer auf dem Gesicht, obgleich man sie<br />

fünfmal umdrehte.“<br />

Weiter heißt es in der Chronik: „Die büecher, die er verlasen, sein dem herren von<br />

Staufen, in <strong>des</strong>sen herrschaft er abgangen, zu handen worden, darumb doch hernach<br />

vil leut haben geworben …“<br />

<strong>Faust</strong> hatte also einige Bücher bei sich, diese gingen zunächst an den Herrn von<br />

Staufen, später hätten viele Leute diese Bücher gern erworben.<br />

Um welche Bücher es sich handelte und wo sie schließlich abgeblieben sind, ist nicht<br />

bekannt.<br />

Über die Vorgänge jener Nacht in <strong>Faust</strong>s Herbergskammer wurde ausgiebig<br />

spekuliert. Selbstredend ist nicht auszuschließen, dass <strong>Faust</strong> von den Herbergsleuten<br />

aus Habgier umgebracht wurde, der Wirt seine Begleiter getäuscht und der Welt einen<br />

Bären aufgebunden hat. Doch warum hätte der Wirt <strong>Faust</strong> umbringen sollen und dazu<br />

<strong>im</strong> eigenen Haus? <strong>Faust</strong> war eine bekannte Person, ein lebender <strong>Faust</strong> brachte Gäste<br />

in die Wirtsstube, ein ermordeter <strong>Faust</strong> schuf Raum für böse Verdächtigungen.<br />

Man muss den Wirt als Täter nicht wegdiskutieren, er ist eine Schlüsselfigur der merkwürdigen<br />

Vorgänge. Der Wirt berichtet, <strong>Faust</strong> habe zu ihm gesagt: „So er etwas in der<br />

nacht hören würde solt er nicht erschrecken.“<br />

Folgen wir dem Fingerzeig <strong>des</strong> Wirts. <strong>Faust</strong> hatte für die kommende Nacht mit<br />

Vorgängen gerechnet, bei denen es auch Lärm geben könnte.<br />

Selbstredend muss das Ereignis, <strong>des</strong>sen Eintreten <strong>Faust</strong> für die kommende Nacht<br />

erwartete, nicht unbedingt etwas mit seinem Tod zu tun haben. Möglicherweise<br />

handelt es sich bei dem Vorgang, bei welchem es auch laut werden könnte, sowie der<br />

To<strong>des</strong>ursache, um zwei zeitversetzte, vielleicht auch um gleichzeitige, jedoch von<br />

einander völlig unabhängige Ereignisse.<br />

Um halbwegs Licht in die Spekulationen um die Vorgänge in jener Nacht zu bringen,<br />

empfiehlt es sich, die beiden Ereignisse als miteinander verknüpft zu betrachten.<br />

<strong>Faust</strong>s Ankündigung eines kommenden Ereignisses schließt demnach unerwartete<br />

Vorgänge als To<strong>des</strong>ursache aus. Es drangen keine Räuber in die Herberge ein, die<br />

ihn ermordeten, auch ein Sturz auf Grund einer Herzattacke, einer Kreislaufschwäche<br />

oder gar in Trunkenheit, kämen demnach nicht in Frage.<br />

Es wurde angedacht, dass <strong>Faust</strong> bei irgendeinem Geschäft an den Falschen geraten<br />

sei. Dass <strong>Faust</strong> jemand die Herstellung von Gold versprochen, dafür auch Geld<br />

erhalten hätte, doch in jener Nacht, als ihn sein Kunde aufsuchte, sein Versprechen<br />

nicht einlösen konnte und <strong>des</strong>halb umgebracht wurde. Denkbar wäre es, doch warum<br />

sollte <strong>Faust</strong>, der gewiefte Fuchs, nach vierzig Jahren Berufspraxis an den Falschen<br />

geraten? Nicht zu vergessen, <strong>Faust</strong> hat „vil mit den ferßen gesegnet“ und war gewiss<br />

mehr als einmal in seinem Leben in der Situation, dass er „entfloh, als die Sache ans<br />

Licht kam, der ihm drohenden Strafe“. Auch wenn er für kühne Fluchten nun wirklich<br />

zu alt war, für eine he<strong>im</strong>liche Abreise als blinder Passagier einer Frachtladung sollte er<br />

noch ausreichend fit gewesen sein. Und falls er sich tatsächlich mit einem Wüterich<br />

eingelassen hatte, einen schriftlichen Vertrag werden sie wohl kaum miteinander<br />

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