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Bürgerschaftliches Engagement und Ehrenamt in Baden-Württemberg

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<strong>Bürgerschaftliches</strong> <strong>Engagement</strong> <strong>und</strong> <strong>Ehrenamt</strong> <strong>in</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> 2002/2003<br />

Im H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> dieser Diskussion steht möglicherweise auch die Frage, ob die vielen<br />

(derzeit noch freiwilligen) Modelle nicht doch gewollt oder ungewollt Vorboten e<strong>in</strong>es<br />

Pflichtdienstes als Ersatz für den mit der Wehrpflicht zur Disposition stehenden zivilen<br />

Ersatzdienst seien. Immerh<strong>in</strong> hat sich ja auch <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>s Sozialm<strong>in</strong>ister<br />

Friedhelm Repnik für e<strong>in</strong>en solchen Vorschlag stark gemacht. 31<br />

Funktionalisierung, Abwertung <strong>und</strong> Schwächung von Jugendarbeit?<br />

Wo nach flexiblen, kurzfristigen, projekt- oder aktionsorientierten Modellen von<br />

„Freiwilligendienste“ gesucht wird, die gerade auch jüngere Jugendliche (Schüler<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Schüler, Auszubildende) ansprechen, dort entwickeln sich Ansätze, die von<br />

ihrer Form her e<strong>in</strong>e unverkennbare Nähe zur „normalen“ (offenen oder verbandlichen)<br />

Jugendarbeit aufweisen. Wie die Grenzen zwischen den „klassischen“ <strong>und</strong> den<br />

„neuen“ Modellen von Freiwilligendiensten verschwimmen, so auch die zwischen<br />

„neuen“ Freiwilligendiensten bzw. <strong>in</strong>sbesondere Freiwilligenprojekten <strong>und</strong> der Jugendarbeit.<br />

In dieser Tendenz erblicken vor allem Vertreter/<strong>in</strong>nen der Jugendverbände – bei im<br />

Gr<strong>und</strong>satz durchaus vorhandener Bereitschaft, Freiwilligenansätze <strong>in</strong> die eigene Jugendarbeit<br />

zu <strong>in</strong>tegrieren (vgl. die Beteiligung des Evangelischen Jugendwerkes an<br />

mehreren Freiwilligen-Modellen, die 72-St<strong>und</strong>en-Aktion des BDKJ von 2001 oder<br />

die bereits 1998 b<strong>und</strong>esweit <strong>und</strong> auch <strong>in</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> durchgeführte 72-<br />

St<strong>und</strong>en-Aktion der Landjugendverbände) e<strong>in</strong> Risikopotential. Zum e<strong>in</strong>en bestünde<br />

die Gefahr e<strong>in</strong>er „Entwicklung h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er schleichenden Funktionalisierung der Jugendarbeit<br />

(...), durch die derselben auch Freiheitsräume verloren gehen könnten“<br />

(ebd. S. 59). Jugendarbeit solle der Jugend dienen, nicht e<strong>in</strong>em anderen gesellschaftlichen<br />

oder politischen Zweck. Zum anderen steht man den projektorientierten F<strong>in</strong>anzierungs-<br />

bzw. Zuschussmodalitäten, wie sie für manche der neuen Freiwilligendienst-Modelle<br />

gelten (z.B. jes) <strong>und</strong> wie sie auch <strong>in</strong> die F<strong>in</strong>anzierung <strong>und</strong> Förderung<br />

der Jugendarbeit mehr <strong>und</strong> mehr E<strong>in</strong>zug halten, kritisch gegenüber: Jugendarbeit<br />

werde auf diese Weise von mehr oder weniger kurzfristigen Fördertrends abhängig<br />

(gestern Medienkompetenz, heute Freiwilligenarbeit, morgen <strong>in</strong>terkultureller Dialog<br />

usw.), während zugleich die projekt-unabhängige reguläre Verbands- <strong>und</strong> Vere<strong>in</strong>sarbeit<br />

bzw. die Gr<strong>und</strong>strukturen der Verbände <strong>und</strong> Vere<strong>in</strong>e, ohne die letztlich auch ke<strong>in</strong>e<br />

Projekte mehr zu machen seien, immer schwieriger zu f<strong>in</strong>anzieren seien. Schließlich<br />

wird kritisiert, die im Zusammenhang mit den neuen Freiwilligen-Modellen (überwiegend<br />

entwickelt von Trägern, die bislang ke<strong>in</strong>e Erfahrung mit Jugendarbeit<br />

hatten) häufig anzutreffende Rede von „<strong>in</strong>novativen Wegen der Förderung von Jugendengagement“<br />

verstelle den Blick auf jene Innovationen, die aus den Jugendverbänden<br />

heraus entwickelt würden – was letztlich e<strong>in</strong>e Abwertung dieser Ansätze bedeute.<br />

Desiderate<br />

Unabhängig von e<strong>in</strong>er Positionierung zu den Inhalten, um die es <strong>in</strong> den hier kurz<br />

skizzierten Kontroversen jeweils geht, lässt sich festhalten: Ganz offensichtlich besteht<br />

die Notwendigkeit, e<strong>in</strong>e präzise Diskussion über Begriffe zu führen, die vielfäl<br />

31 So <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Pressegespräch am 03.09.2001 <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Pressemitteilung 214/01 des Sozialm<strong>in</strong>isteriums<br />

<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> vom 19.10.2001: " Langfristig werbe er weiterh<strong>in</strong> für e<strong>in</strong><br />

allgeme<strong>in</strong> verpflichtendes Gesellschaftsjahr, bekräftigte der M<strong>in</strong>ister. (...) Repnik: `Von<br />

Wehrgerechtigkeit können wir heute nicht mehr sprechen. Auch deshalb müsste die für die<br />

E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es verpflichtenden Gesellschaftsjahres erforderliche Änderung des Gr<strong>und</strong>gesetzes<br />

e<strong>in</strong>e breite Unterstützung f<strong>in</strong>den."<br />

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