Bürgerschaftliches Engagement und Ehrenamt in Baden-Württemberg
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<strong>Bürgerschaftliches</strong> <strong>Engagement</strong> <strong>und</strong> <strong>Ehrenamt</strong> <strong>in</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> 2002/2003<br />
178<br />
die Erfahrung ermöglichen, aktive Subjekte e<strong>in</strong>es s<strong>in</strong>nvollen Handels zu<br />
se<strong>in</strong> statt „Objekte“ professioneller Interventionen. Vielleicht noch mehr als<br />
bei anderen Gruppen junger Menschen zeigt sich hier, wie wichtig es ist,<br />
Jugendlichen etwas zuzutrauen, auf ihre (vielleicht auch von ihnen selbst<br />
noch zu entdeckenden) Fähigkeiten zu setzen <strong>und</strong> diese zu stärken (Empowerment).<br />
E<strong>in</strong> solches <strong>Engagement</strong> setzt aber spezifische Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
voraus, die nur begrenzt <strong>in</strong>szenierbar <strong>und</strong> damit „programmgeeignet“<br />
s<strong>in</strong>d: z.B. akzeptierte Leitfiguren, e<strong>in</strong>e bestehende peer-group ("Quasi-<br />
Familie"), örtliche <strong>und</strong> räumliche Beheimatung, „diskrete Unterstützer"<br />
usw. Zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>igen der neueren Modelle gel<strong>in</strong>gt es jedenfalls, <strong>in</strong> höherem<br />
Maße Haupt- <strong>und</strong> Realschulabsolvent/<strong>in</strong>nen anzusprechen, als dies bei<br />
FSJ der Fall ist. 41<br />
E<strong>in</strong> besonders wichtiges Ergebnis gilt quer zu allen neueren Modellen: Es wurden <strong>in</strong><br />
hohem Maße Jugendliche angesprochen, die bislang noch nicht freiwillig engagiert<br />
waren. Legt man die im b<strong>und</strong>esrepräsentativen Freiwilligensurvey von 1999 gewählten<br />
Basiskategorien zu Gr<strong>und</strong>e, so ergibt sich folgendes Bild:<br />
• Von den Teilnehmer/<strong>in</strong>nen am Modell „jes“ waren 37 % bereits vorher<br />
freiwillig engagiert, d.h. waren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gruppe, Vere<strong>in</strong> oder Initiative nicht<br />
nur aktives Mitglied, sondern übten dort auch e<strong>in</strong>e regelmäßige ehrenamtliche<br />
Tätigkeit aus (wobei der „E<strong>in</strong>stieg“ vor allem im Alter von 10-12 Jahren<br />
erfolgte!). 41 % waren zuvor zwar aktive Mitglieder <strong>in</strong> Gruppen oder<br />
Vere<strong>in</strong>en, allerd<strong>in</strong>gs ohne e<strong>in</strong>e feste ehrenamtliche Aufgabe. 22 % waren<br />
zuvor weder aktives Mitglied <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gruppe oder e<strong>in</strong>em Vere<strong>in</strong> noch<br />
freiwillig engagiert. Anders gesagt: fast zwei Drittel der jes-Teilnehmenden<br />
konnten über dieses Modell erstmals für e<strong>in</strong> freiwilliges <strong>Engagement</strong> gewonnen<br />
werden.<br />
• Das Modell „engagiert plus <strong>in</strong>tensiv“ stellte ebenfalls für zwei Drittel der<br />
Teilnehmer/<strong>in</strong>nen den Erste<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong>s freiwillige <strong>Engagement</strong> dar (6 der<br />
bislang 19 Teilnehmenden waren bereits engagiert, weitere sechs <strong>in</strong> Gruppen<br />
oder Vere<strong>in</strong>en aktiv ohne <strong>Ehrenamt</strong> <strong>und</strong> 7 weder aktive noch freiwillig<br />
engagierte Mitglieder (vgl. KLIE/MEYER/ROSS 2003c, S. 8).<br />
Diese Zahlen zeigen, dass sich die zuweilen geäußerte Befürchtung, die neuen Freiwilligen-Modelle<br />
– <strong>und</strong> hier <strong>in</strong>sbesondere die niedrigschwelligen, projektorientierten<br />
lokalen Formen – würden <strong>in</strong> direkte Konkurrenz zu den bestehenden Vere<strong>in</strong>en <strong>und</strong><br />
Verbänden treten <strong>und</strong> diesen gewissermaßen Jugendliche „abwerben“, im Wesentlichen<br />
nicht bestätigt. Die Modelle sprechen offenbar Jugendliche an, die zu etablierten<br />
Formen freiwilligen <strong>Engagement</strong>s <strong>in</strong> der bzw. über die Jugendarbeit bislang ke<strong>in</strong>en<br />
Zugang gef<strong>und</strong>en hatten.<br />
Bislang kaum erreicht wurden jugendliche Bürger<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Bürger: Ihr Anteil liegt<br />
beim Modell „jes“ bei ca. 4 % (vgl. KLIE/MEYER/ROSS 2003a, S. 8), bei „engagiert<br />
plus <strong>in</strong>tensiv“ bislang unter 1 % (vgl. KLIE/MEYER/ROSS 2003c, S. 6). Zu den anderen<br />
Modellen liegen ke<strong>in</strong>e verwertbaren Zahlen vor.<br />
41 Die folgende Tabelle gibt wieder, wie sich bei unterschiedlichen Freiwilligenmodellen die<br />
Verteilung der jeweils höchsten Schulabschlüsse der Teilnehmer/<strong>in</strong>nen darstellt (die Angaben<br />
für FÖJ beziehen sich auf 1995, für FSJ auf 1997):<br />
FÖJ FSJ jes epi<br />
Hauptschulabschluss 2 % 6 % 13 % 10 %<br />
Realschulabschluss 17 % 32 % 32 % 35 %<br />
Abitur 81 % 62 % 54 % 50 %