Bürgerschaftliches Engagement und Ehrenamt in Baden-Württemberg
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<strong>Bürgerschaftliches</strong> <strong>Engagement</strong> <strong>und</strong> <strong>Ehrenamt</strong> <strong>in</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> 2002/2003<br />
2.2.6 Zusammenfassung<br />
Die gute Teilnahme an der Untersuchung zeigt das Interesse der Verbände am Thema<br />
<strong>und</strong> die Ergebnisse lassen auf e<strong>in</strong>e bei Weitem noch nicht ausgeschöpfte <strong>und</strong> ausgelotete<br />
Kooperationsbereitschaft der Verbände schließen. Das weisen die E<strong>in</strong>zelergebnisse<br />
zu den hier ausgeführten Themenbereichen e<strong>in</strong>drücklich nach, die entsprechende<br />
Würdigung erfahren sollten.<br />
Zieht man die Gr<strong>und</strong>l<strong>in</strong>ien des derzeitigen Standes der <strong>Engagement</strong>förderung, so ergibt<br />
sich folgender Bef<strong>und</strong>:<br />
Die Verbände zeigen an, dass sie sich – <strong>und</strong> <strong>in</strong>sbesondere den eigenen Verband – bei<br />
der Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens für kaum ersetzbar halten. Sie schätzen<br />
folglich zunächst ihre eigene Bedeutung sehr hoch e<strong>in</strong>. Ausgehend von diesem für die<br />
Identifikation der Verbände wichtigen Sachverhalt lässt sich jedoch Folgendes konstatieren:<br />
Die Untersuchung zeigt e<strong>in</strong>en bereits recht entwickelten Grad an Öffnung der Verbände<br />
für vielfältige gesellschaftliche Tätigkeits- <strong>und</strong> Problemfelder. Das Tätigkeitsprofil<br />
<strong>und</strong> Aufgabenfeld der Verbände sche<strong>in</strong>t sich eher zu erweitern. Sie beg<strong>in</strong>nen,<br />
neben den gewachsenen Beziehungen zum Staat <strong>und</strong> der Wahrnehmung ihrer Aufgabenfelder,<br />
<strong>in</strong>sbesondere Kontakte zu Initiativen, Projekten <strong>und</strong> Netzwerken aufzubauen,<br />
die nicht <strong>in</strong>nerverbandlich entstanden s<strong>in</strong>d, sondern selbst Teile sozialer Prozesse<br />
im Dritten Sektor darstellen. Hier vollziehen sich Prozesse von Kont<strong>in</strong>uität <strong>und</strong> Wandel<br />
nebene<strong>in</strong>ander. Das bedeutet, dass der Dritte Sektor kommunikativer wird, sich<br />
neu verständigt <strong>und</strong> <strong>in</strong> sich mögliche Kooperationsmöglichkeiten <strong>in</strong>tensiver auslotet.<br />
Dies könnte auf die Entstehung neuer Netzwerke <strong>und</strong> das Entstehen netzwerkartiger<br />
Strukturen im Dritten Sektor h<strong>in</strong>weisen, an dem die Verbände durch e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensivere<br />
Beteiligungsorientierung mitwirken. Verbände als korporatistische Systeme verlieren<br />
dadurch auch ihren „monolithischen Charakter“. Die „großen“ Organisationen werden<br />
auch zunehmend „kle<strong>in</strong>er“ <strong>und</strong> überschaubarer, je lokaler sie ausdifferenziert<br />
s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> sich <strong>in</strong> die Lebenswelt des Lokalen, der Bürgerkommune, <strong>in</strong>tegrieren.<br />
Die Befragung zeigt, dass sich die verantwortlichen Akteure <strong>in</strong> den Verbänden <strong>und</strong><br />
Verbandsgliederungen mit dem Leitbild der Bürgergesellschaft <strong>und</strong> der Bürgerkommune<br />
ause<strong>in</strong>andersetzen <strong>und</strong> die Funktion ihres Verbandes <strong>in</strong> diesen Kontexten reflektieren.<br />
Das bedeutet auch, dass die Möglichkeit des koproduktiven Zusammenwirkens<br />
von Verbänden mit Engagierten <strong>und</strong> vor allem mit Netzwerken zunimmt.<br />
Unter diesem Gesichtspunkt können Verbände e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>frastrukturelle Gr<strong>und</strong>lage für<br />
die Förderung e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>termediären Bereichs darstellen, <strong>in</strong> welchem sich bürgerschaftliches<br />
<strong>Engagement</strong> <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e kooperativere Form der Wohlfahrtsproduktion entfaltet.<br />
Dies könnte auf e<strong>in</strong>e neue Ökologie des Dritten Sektors verweisen, <strong>in</strong> welchem die<br />
unterschiedlichen Teilsysteme ihre Resonanzfähigkeit füre<strong>in</strong>ander erhöhen. Hier wird<br />
e<strong>in</strong>e Aufgabe <strong>in</strong>sbesondere dar<strong>in</strong> liegen, die großen Verbände mit ihrem hohen Professionalisierungsgrad<br />
konstruktiv mit freiwilligem <strong>Engagement</strong> auf den unterschiedlichen<br />
Feldern zu verknüpfen.<br />
Im E<strong>in</strong>zelnen ist erkennbar:<br />
• Das Verbändewesen <strong>in</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> (<strong>und</strong> vermutlich <strong>in</strong> der B<strong>und</strong>esrepublik<br />
<strong>in</strong>sgesamt) „lebt“ nach wie vor: dies gilt sowohl <strong>in</strong> statistischer H<strong>in</strong>sicht<br />
(nach wie vor entstehen neue Verbände <strong>und</strong> Verbandsgliederungen), als auch mit<br />
Blick auf die Selbstwahrnehmung der Verbände, die sich sowohl für die Gegenwart<br />
als auch für die Zukunft e<strong>in</strong>e wichtige Rolle <strong>in</strong> der Gesellschaft zubilligen.<br />
Wir haben es also mit e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>sgesamt stabilen, sich nach wie vor regenerierenden<br />
Dritten Sektor zu tun.<br />
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